NÄHER ALS DU DENKST

Ein Beitrag zum Festjahr 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland

Umkehren zum Leben beziehungsweise Antisemitismus ist Sünde

Die Passions- und Osterzeit war jahrhundertelang Pogromzeit.

Jüdinnen und Juden wurden fälschlich für den Tod Jesu verantwortlich gemacht, gequält und ermordet.

Christinnen und Christen müssen den Anfeindungen gegen Jüdinnen und Juden wiederstehen.

Als Geschwister die Treue Gottes bezeugen!

Jubilate 2021

  • Eröffnung

„JUBILATE – JAUCHZET“ – der Name des Sonntags ist der Beginn von
Psalm 66. Lassen Sie sich trotz allem, was das Herz schwer macht, hinein nehmen in den österlichen Lob- und Dankpsalm und die Bitte:
Gott, gib uns Freude ins Herz und Hoffnung und Mut. Das brauchen wir von dir. Heute und jeden Tag. Amen.

  • Lied: Die ganze Welt, Herr Jesu Christ (EG 110)
Quelle für die Audiodatei: http://www.eingesungen.de/

Die ganze Welt, Herr Jesu Christ, Halleluja, Halleluja,
in deiner Urständ fröhlich ist. Halleluja, Halleluja.

Das himmlisch Heer im Himmel singt, Halleluja, Halleluja,
die Christenheit auf Erden klingt. Halleluja, Halleluja.

Jetzt grünet, was nur grünen kann, Halleluja, Halleluja,
die Bäum zu blühen fangen an. Halleluja, Halleluja.

Es singen jetzt die Vögel all, Halleluja, Halleluja,
jetzt singt und klingt die Nachtigall. Halleluja, Halleluja.

Der Sonnenschein kommt jetzt herein, Halleluja, Halleluja,
und gibt der Welt ein` neuen Schein. Halleluja, Halleluja.

  • Worte aus Psalm 66

Jauchzet Gott, alle Lande!
Lobsinget zur Ehre seines Namens; rühmet ihn herrlich!
Sprecht zu Gott: Wie wunderbar sind deine Werke!
Deine Feinde müssen sich beugen vor deiner großen Macht.
Alles Land bete dich an und lobsinge dir,
lobsinge deinem Namen.
Kommt her und sehet an die Werke Gottes,
der so wunderbar ist in seinem Tun an den Menschenkindern.
Er verwandelte das Meer in trockenes Land,
sie gingen zu Fuß durch den Strom;
dort wollen wir uns seiner freuen.
Er herrscht mit seiner Gewalt ewiglich,
seine Augen schauen auf die Völker.
Die Abtrünnigen können sich nicht erheben.
Lobet, ihr Völker, unsern Gott,
lasst seinen Ruhm weit erschallen,
der unsere Seelen am Leben erhält
und lässt unsere Füße nicht gleiten.

  • Text: Apostelgeschichte 17,22-28a

Paulus aber stand mitten auf dem Areopag und sprach:
Ihr Männer von Athen, ich sehe,
dass ihr die Götter in allen Stücken sehr verehrt.
Denn ich bin umhergegangen und habe eure Heiligtümer angesehen
und fand einen Altar, auf dem stand geschrieben:
Dem unbekannten Gott.
Nun verkündige ich euch, was ihr unwissend verehrt.
Gott, der die Welt gemacht hat und alles, was darinnen ist,
er, der Herr des Himmels und der Erde,
wohnt nicht in Tempeln, die von Händen gemacht sind.
Auch lässt er sich nicht von Menschenhänden dienen
wie einer, der etwas nötig hätte,
da er doch selber jedermann Leben und Odem und alles gibt.
Und er hat aus einem Menschen
das ganze Menschengeschlecht gemacht,
damit sie auf dem ganzen Erdboden wohnen,
und er hat festgesetzt, wie lange sie bestehen
und in welchen Grenzen sie wohnen sollen, dass sie Gott suchen sollen,
ob sie ihn wohl fühlen und finden könnten;
und fürwahr, er ist nicht ferne von einem jeden unter uns.
Denn in ihm leben, weben und sind wir.

  • Gedanken zum Text

Paulus ist unterwegs in Athen. Nach seiner Ankunft geht er offensichtlich nicht zuerst zum bekanntesten Platz, dem Areopag.
Er durchstreift die Stadt mit ihren Sehenswürdigkeiten. Er entdeckt die Tempel mit ihren Altären, die den verschiedenen Göttern geweiht sind.
In einem Tempel entdeckt er den Altar, der dem unbekannten Gott geweiht ist. Und der wird für Paulus der Anknüpfungspunkt für seine Botschaft, die den Athenern absolut fremd vorkommen muss.
Dem unbekannten Gott! Könnte der Altar nicht auch bei uns stehen?
Gott, ein Unbekannter? Manche sagen: Glauben – das ist nichts für mich. Ich halte mich an die Fakten.
Andere sagen: Irgendwie glaube ich schon an einen Gott, eine höhere Macht eben. Aber diese Geschichten in der Bibel und die Glaubenssätze damit kann ich einfach nichts anfangen.
… dem unbekannten Gott …
Paulus sieht seine Zuhörer vor sich und ihre zum Teil erwartungsvollen Gesichter. Was soll er ihnen sagen? Wie soll er sie erreichen?
Und er beginnt mit einer eigenen Erfahrung, die wir vielleicht auch gemacht haben. Der Erfahrung, dass unser Leben ein Geschenk ist,
und das wir darin nicht alles selbst bestimmen und erreichen können.
Dieser Gott, den ihr nicht kennt, sagt Paulus, ist der Schöpfer von allem, was ist. Er gibt uns Raum für das Leben und er setzt ihm Grenzen.
Ihm müssen wir keine Opfer bringen, ihm müssen wir nicht dienen.
Aber er hat uns die Möglichkeit gegeben, ihn zu suchen und zu finden.
Denn in ihm leben, weben und sind wir!
So erklärt Paulus wer der unbekannte Gott ist. Kann es auch uns in den Momenten wo wir das Gefühl haben, Gott nicht zu kennen, helfen?
Wenn wir die Pandemie in unserem Land und vielen Ländern und das daraus erwachsene Leid sehen, können Zweifel kommen.
Dem unbekannten Gott!
Martin Luther hat diesen Gott, der Leben schafft und begrenzt, den „verborgenen“ Gott genannt. Dieser Gott, sagt Luther, bleibt in seiner Allmacht uns Menschen tatsächlich unzugänglich. Weiter über ihn nachzudenken, ist zwecklos. Der Versuch, ihn zu verstehen, treibt in die Verzweiflung.
Deshalb hat sich Luther ganz und gar an den Gott gehalten, von dem er mehr wissen konnte. Er hat ihn den „offenbarten“ Gott genannt. Den Gott, der Mensch geworden ist, damit Menschen ihn verstehen können.
Deshalb waren die biblische Geschichte und Glaubenssätze von Jesus für Luther keine Zumutung, sondern eine Erlösung. Aus dem, was Jesus getan und gesagt hat, konnte er lesen: Hier geht es nicht um den unbekannten Gott. Hier wird deutlich, wer Gott ist. Der Gott, den Jesus zeigt, ist kein allmächtiger Schicksalsgott, der über allem thront. Er ist der Gott, der sich wie ein guter Hirte um jedes einzelne seiner Schafe sorgt. Er geht denen nach, die am Rande stehen, denen, die ihr Leben nicht im Griff haben. Aber er ist auch da wo gehofft wird, gegen die Erfahrung, er ist da, wo gefeiert und gesungen wird.
Und er ist da, wo Menschen leiden. Gott ist kein mitleidloses Schicksal.
Es ist ihm nicht egal, was wir tun und was wir erleiden. Er liebt und leidet mit uns. Deshalb steht auf unserem Altar auch nicht „Dem unbekannten Gott“ sondern es ist das Kreuz, an dem Jesus gelitten hat. Es sagt uns auch: Er ist nicht ferne von einem jeden unter uns.
In ihm leben, weben und sind wir. Darauf vertrauen wir.
Amen.

  • Gebet miteinander und füreinander

Schau vom Himmel, Gott. Und hilf.

Schau auf alle,
die sich nicht einschüchtern lassen von der Gewalt der Mächtigen
in Weißrussland, in Myanmar und vielen weiteren Ländern.
Gib ihnen den Mut zu widerstehen.
Gib ihnen Klugheit, um zu überleben.

Schau auf alle,
die sich von Gerechtigkeit anstecken lassen.
Und von Mut. Und von Liebe.

Schau auf die, die immun sind gegen Hassparolen.
Die ein großes Herz haben. Die Toleranz üben.
In den Schulen. In den Betrieben.
In den sozialen Netzwerken.
Halte sie gesund.

Schau auf alle, die nicht müde werden, Güte zu verbreiten.
Die misshandelten Kindern beistehen.
Oder geflüchteten Menschen.

Schau auf alle, die an Sterbebetten sitzen und ausharren.
Stärke ihre Seelen.

Amen.

Vaterunser im Himmel.
Geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.

  • Segen

Gott sei uns gnädig und segne uns.
Er lasse uns sein Antlitz leuchten.
Gott sei uns gnädig und alle Welt fürchte ihn.
Amen.

(Lektorin Gudrun Naumann)

Miserikordias Domini 2021

  • Eröffnung

Christus spricht im Evangelium nach Johannes: Ich bin der gute Hirte. Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie und sie folgen mir; und ich gebe ihnen das ewige Leben. Christus hütet uns, vor dem Unheil dieser Welt und darüber hinaus. Mit dieser österlichen Botschaft fragen wir nach und beten und singen wir für unser Vertrauen in Gott. Amen.

  • Ein Lied und ein Psalm: EG 274 „Der Herr ist mein getreuer Hirt“ (nach Psalm 23)

1) Der Herr ist mein getreuer Hirt, hält mich in seiner Hute,
darin mir gar nicht mangeln wird jemals an einem Gute.
Er weidet mich ohn Unterlass, da aufwächst das wohl schmeckend Gras
seines heilsamen Wortes.

2) Zum reinen Wasser er mich weist, das mich erquickt so gute,
das ist sein werter Heilger Geist, der mich macht wohlgemute;
er führet mich auf rechter Straß in seim Gebot ohn Unterlass
um seines Namens willen.

3) Ob ich wandert im finstern Tal, fürcht ich doch kein Unglücke
in Leid, Verfolgung und Trübsal, in dieser Welte Tücke:
Denn du bist bei mir stetiglich, dein Stab und Stecken trösten mich,
auf dein Wort ich mich lasse.

4) Du b’reitest vor mir einen Tisch vor mein‘ Feind‘ allenthalben,
machst mein Herz unverzaget frisch; mein Haupt tust du mir salben
mit deinem Geist, der Freuden Öl, und schenkest voll ein meiner Seel
deiner geistlichen Freuden.

5) Gutes und viel Barmherzigkeit folgen mir nach im Leben,
und ich werd bleiben allezeit im Haus des Herren eben
auf Erd in der christlichen G’mein, und nach dem Tode werd ich sein
bei Christus, meinem Herren.

  • Ein Wort des Propheten Hesekiel im 34. Kapitel

Und des Herrn Wort geschah zu mir: Du Menschenkind, weissage gegen die Hirten Israels, weissage und sprich zu ihnen: So spricht Gott der Herr: Wehe den Hirten Israels, die sich selbst weiden! Sollen die Hirten nicht die Herde weiden? So spricht Gott der Herr: Siehe, ich will an die Hirten und will meine Herde von ihren Händen fordern; ich will ein Ende damit machen, dass sie Hirten sind, und sie sollen sich nicht mehr selbst weiden. Ich will meine Schafe erretten aus ihrem Rachen, dass sie sie nicht mehr fressen sollen. Denn so spricht Gott der Herr: Siehe, ich will mich meiner Herde selbst annehmen und sie suchen. Wie ein Hirte seine Schafe sucht, wenn sie von seiner Herde verirrt sind, so will ich meine Schafe suchen und will sie erretten von allen Orten, wohin sie zerstreut waren zur Zeit, als es trüb und finster war. Ich will sie aus den Völkern herausführen und aus den Ländern sammeln und will sie in ihr Land bringen und will sie weiden auf den Bergen Israels, in den Tälern und wo immer sie wohnen im Lande. Ich will sie auf die beste Weide führen, und auf den hohen Bergen in Israel sollen ihre Auen sein; da werden sie auf guten Auen lagern und fette Weide haben auf den Bergen Israels. Ich selbst will meine Schafe weiden, und ich will sie lagern lassen, spricht Gott der Herr. Ich will das Verlorene wieder suchen und das Verirrte zurückbringen und das Verwundete verbinden und das Schwache stärken und, was fett und stark ist, behüten; ich will sie weiden, wie es recht ist. Ja, ihr sollt meine Herde sein, die Herde meiner Weide, und ich will euer Gott sein, spricht Gott der Herr.

  • Ein Hirte der Gerechtigkeit – Gedanken zu Hesekiel

„In immer neuen Anläufen kreist das Buch Hesekiel um ein und dasselbe Thema, die Zerstörung und den Untergang der judäischen Monarchie.“ Diese kurze Zusammenfassung des Theologen Reinhard G. Kratz ordnet das Geschehen ein. Nach einer gesellschaftlichen und politischen Katastrophe wird Gott dafür sorgen, dass die zerstreuten Israeliten wieder zusammengeführt, die Ordnung und das Recht wieder hergestellt und der Tempel und die Städte wieder aufgebaut werden. Eines der Bilder, in denen Hesekiel dieses Geschehen fasst, ist das des (ungetreuen) Hirten und seiner Herde. Gott verspricht hingegen als rechter Hirte: Ich will das Verlorene wieder suchen und das Verirrte zurückbringen und das Verwundete verbinden und das Schwache stärken und, was fett und stark ist, behüten; ich will sie weiden, wie es recht ist.
Aber passt das Bild noch für unsere Zeit? Dass momentan Unordnung, Verunsicherung und Angst die Gemüter und Nachrichten beherrschen, liegt einerseits klar auf der Hand. Aber ist es andererseits nicht die Aufgabe aller Menschen, dafür zu sorgen, wieder Ruhe und Ordnung herzustellen? Schließlich leben wir nicht in einer Monarchie, wie sie Reinhard G. Kratz für die Zeit des Propheten beschreibt. Oder anders gesagt: Heute leben wir nicht wie Schafe, die von einem Hirten gelenkt und gehütet werden. Jede und jeder ist dazu aufgerufen auf seinem Platz und nach seinem Vermögen für ein gutes Zusammenleben zu sorgen. Auch wenn die Möglichkeiten beschränkt sind. Das hat ja seinen guten Grund darin, dass bestenfalls keine und keiner – wie mächtig sie oder er auch sei – nach Gutdünken herrschen kann. Jede und jeder ist dazu aufgerufen mal Hirte und mal Schaf zu sein.
Dennoch glaube ich, dass das Bild seine Berechtigung hat. Ich brauche Vertrauen, um gut leben zu können, so wie ich Essen und ein Dach über den Kopf brauche. Ich muss der Politik vertrauen können so wie ich meiner Zahnärztin vertraue, meinem Partner oder meinen Eltern. In dem Moment, wo ich auf dem Zahnarztstuhl sitze, mein intimes Zusammenleben gestalte oder schlicht auf die Welt komme, brauche ich dieses Vertrauen. Es wäre eine grauenhafte Welt, in der ich nichts und niemandem vertrauen könnte. Schaf sein zu dürfen aus Vertrauen ist (über)lebenswichtig.
Im Glauben hat das Vertrauen ein besonderes Gewicht. Vertrauen kann in dieser Welt verloren gehen. In unserem Glauben wenden wir uns aber an den Schöpfer des Himmels und der Erde. Gott ist den Wechselfällen des Lebens nicht unterworfen. Gott ist ewig. Er lässt sich nicht bestechen, er wird nicht müde, er hält fest an seiner Liebe.
Ja, mitunter fällt es mir schwer an diesem Glauben festzuhalten. Mein Vertrauen ist erschüttert, weil ich sehe, wie sehr es an Gerechtigkeit und Liebe in dieser Welt fehlt. Dann ist es gut, mich daran zu erinnern, dass Gott über den Dingen der Welt steht. Mich daran zu erinnern, dass es – hoffentlich – in dieser Welt etwas gibt, dass mir neue Kraft zum Vertrauen gibt: eine geschickte Zahnärztin, ein geliebter Partner, ein treu sorgender Vater in dieser Welt – und im Himmel einen Hirten der Gerechtigkeit. Amen.

  • Ein Gebet miteinander und füreinander

Gott im Himmel,
du hast uns Jesus Christus gesandt,
den Auferstandenen, den guten Hirten:
In seinem Namen bitten wir um Vertrauen,

in unsere Stärke,
dass wir für ein gutes Zusammenleben
sorgen können, in unseren Häusern, in unserer Stadt,
in unserem Land und auf der ganzen Welt;

in unseren Gerechtigkeitssinn, der uns sagt
dass es nicht sein kann, dass einer im Überfluss lebt,
und eine andere kein Essen für ihr Kind hat;

in unsere Vernunft, die uns sagt,
dass wir sorgsam umgehen mit deinen Gaben
von denen alle Menschen leben;

in unsere Sanftmut, die uns lehrt,
für Frieden einzustehn und laut zu sagen,
dass kein Mensch im Krieg sterben soll;

in unseren Glauben,
der dein Wort weiterträgt in Nächstenliebe,
der durch dein gutes Wort uns Freude schenkt;

in unserer Liebe,
die keinen Menschen vergisst,
übersieht oder ignoriert, der Liebe braucht.

Gott im Himmel,
du hast uns Jesus Christus gesandt,
den Auferstandenen, den guten Hirten.
Mit seinen Worten beten wir:

Vater unser im Himmel,
geheiligt werde Dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.

  • Segen

Gott segne uns. Er stärke uns
in der Liebe zu den Menschen
und aller Kreatur. Er beschütze uns
auf unseren Wegen durch die Zeit.

(Pfr. Olaf Wisch)

Quasimodogeniti 2021

  • Eröffnung

In dieser österlichen Zeit ist uns der Auferstandene näher als wir denken. Gerade auch in diesen Zeiten, in denen der Glaube schwer fällt und der Nächste fern scheint. Der Glaube an die Nähe Jesu kommt von Gott. Darum bitten wir und dafür danken wir. Amen.

  • Ein Lied: „Mit Freuden zart zu dieser Fahrt“ (EG 108)
  1. Mit Freuden zart zu dieser Fahrt / laßt uns zugleich fröhlich singen, / beid, groß und klein, von Herzen rein / mit hellem Ton frei erklingen. / Das ewig Heil wird uns zuteil, / denn Jesus Christ erstanden ist, / welchs er läßt reichlich verkünden.
  2. Er ist der Erst, der stark und fest / all unsre Feind hat bezwungen / und durch den Tod als wahrer Gott / zum neuen Leben gedrungen, / auch seiner Schar verheißen klar / durch sein rein Wort, zur Himmelspfort / desgleichen Sieg zu erlangen.
  3. Singt Lob und Dank mit freiem Klang / unserm Herrn zu allen Zeiten / und tut sein Ehr je mehr und mehr / mit Wort und Tat weit ausbreiten: / so wird er uns aus Lieb und Gunst / nach unserm Tod, frei aller Not, / zur ewgen Freude geleiten.
  • Worte aus Psalm 116

Das ist mir lieb,
dass der Herr meine Stimme und mein Flehen hört.
Denn er neigte sein Ohr zu mir;
darum will ich mein Leben lang ihn anrufen.
Stricke des Todes hatten mich umfangen, /
des Totenreichs Schrecken hatten mich getroffen;
ich kam in Jammer und Not.
Aber ich rief an den Namen des Herrn:
Ach, Herr, errette mich!
Der Herr ist gnädig und gerecht,
und unser Gott ist barmherzig.
Der Herr behütet die Unmündigen;
wenn ich schwach bin, so hilft er mir.
Sei nun wieder zufrieden, meine Seele;
denn der Herr tut dir Gutes.
Denn du hast meine Seele vom Tode errettet,
mein Auge von den Tränen, meinen Fuß vom Gleiten.
Ich werde wandeln vor dem Herrn
im Lande der Lebendigen.

  • Evangelium nach Johannes im 21. Kapitel

Danach offenbarte sich Jesus abermals den Jüngern am See von Tiberias. Er offenbarte sich aber so: Es waren beieinander Simon Petrus und Thomas, der Zwilling genannt wird, und Nathanael aus Kana in Galiläa und die Söhne des Zebedäus und zwei andere seiner Jünger.
Spricht Simon Petrus zu ihnen: Ich gehe fischen. Sie sprechen zu ihm: Wir kommen mit dir. Sie gingen hinaus und stiegen in das Boot, und in dieser Nacht fingen sie nichts. Als es aber schon Morgen war, stand Jesus am Ufer, aber die Jünger wussten nicht, dass es Jesus war.
Spricht Jesus zu ihnen: Kinder, habt ihr nichts zu essen? Sie antworteten ihm: Nein. Er aber sprach zu ihnen: Werft das Netz aus zur Rechten des Bootes, so werdet ihr finden. Da warfen sie es aus und konnten’s nicht mehr ziehen wegen der Menge der Fische.
Da spricht der Jünger, den Jesus lieb hatte, zu Petrus: Es ist der Herr! Als Simon Petrus hörte: »Es ist der Herr«, da gürtete er sich das Obergewand um, denn er war nackt, und warf sich in den See. Die andern Jünger aber kamen mit dem Boot, denn sie waren nicht fern vom Land, nur etwa zweihundert Ellen, und zogen das Netz mit den Fischen. Als sie nun an Land stiegen, sahen sie ein Kohlenfeuer am Boden und Fisch darauf und Brot.
Spricht Jesus zu ihnen: Bringt von den Fischen, die ihr jetzt gefangen habt! Simon Petrus stieg herauf und zog das Netz an Land, voll großer Fische, hundertdreiundfünfzig. Und obwohl es so viele waren, zerriss doch das Netz nicht.
Spricht Jesus zu ihnen: Kommt und haltet das Mahl! Niemand aber unter den Jüngern wagte, ihn zu fragen: Wer bist du? Denn sie wussten: Es ist der Herr. Da kommt Jesus und nimmt das Brot und gibt’s ihnen, desgleichen auch den Fisch.
Das ist nun das dritte Mal, dass sich Jesus den Jüngern offenbarte, nachdem er von den Toten auferstanden war.

  • Stimme des Herrn – Gedanken zum Evangelium

Die Jünger wussten nicht, dass es Jesus war. Sie hören seine Stimme. Das Morgenlicht erstrahlt. Sie fischen und machen einen großen Fang. Sie fahren zu ihm ans Land. Petrus schwimmt ihm sogar entgegen. Sie sitzen am Feuer und essen Brot und Fisch. Niemand aber unter den Jüngern wagte, ihn zu fragen: Wer bist du? Denn sie wussten: Es ist der Herr.

Auf seine Stimme hin fährt Petrus noch einmal hinaus. Im Johannesevangelium wird die Geschichte vom Menschenfischer Simon Petrus erst am Ende erzählt. Zum guten Ende. Die Jüngerinnen und Jünger sollen die gute Botschaft in die Welt tragen. Die auffällige Zahl 153 ist ein Hinweis darauf. Ihre rechnerischen Eigentümlichkeiten kannten schon die antiken Mathematiker. Im Buch des Propheten Ezechiel wird ebenfalls vom Fischfang erzählt. Von En-Gedi bis En-Eglajim werden Fischer am Ufer des Meeres stehen und ihre Netze zum Trocknen ausbreiten. Alle Arten von Fischen wird es geben, so zahlreich wie die Fische im großen Meer. (Ezechiel 47,10) Der Ortsname En-Eglajim ist zugleich das Zahlwort für die 153. Das volle Netz zur Rechten des Bootes repräsentiert die alle Arten umfassende Gemeinde Christi in der Welt. Ängstliche und zuversichtliche, starke und schwache, liebevolle und verbitterte, vertrauensvolle und zweifelnde Fische.

Kann ich die Stimme Jesu heute hören? Wer weist mich jetzt darauf hin? Welche Stimmen stellt mir Gott in dieser Stunde zur Seite? Ein Anruf von Station. Ein Patientin liegt im Sterben. Trotz des Besuchsverbotes dürfen ihr Ehemann und ihr Sohn sich verabschieden. Letzterer macht sich Sorgen, wie es mit seinem Vater weiter gehen wird. Sie sind doch schon so lange zusammen. Wir sitzen am Bett. Sie atmet ruhig mit geschlossenen Augen. Ihr Mann betet leise und streicht sanft seinem Sohn übers Haar. Ist es der Herr? Ich höre seine Stimme.

Amen.

  • Ein Gebet miteinander und füreinander

Gott, wir bitten dich um deine Stimme für diese Welt.
Gewalt und Mißgunst sind überlaut.
Es fehlt an Orientierung und Zuversicht.
Im Großen wie im Kleinen.
Deine Stimme rühre die Herzen und leite den Verstand.

Gott, wir bitten dich um deine Stimme für unsere christliche Gemeinde.
Fragen und Zweifel scheinen stärker
als Vertrauen und Hoffnung.
Im Großen wie im Kleinen.
Deine Stimme eröffne unser demütiges Gebet und unseren fröhlichen Gesang.

Gott, wir bitten dich um deine Stimme
für unsere Trauer und Angst.
Große Verluste im Leben machen uns zu schaffen.
Im Großen wie im Kleinen.
Deine Stimme gebe uns Liebe und helfende Hände und Worte.

Darum beten wir:

Vater unser im Himmel,
geheiligt werde Dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.

  • Segen

Gott segne uns. Er stärke uns
in der Liebe zu den Menschen
und aller Kreatur. Er beschütze uns
auf unseren Wegen durch die Zeit.

(Pfr. Olaf Wisch)

Ostersonntag 2021

  • Eröffnung

Der Herr ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden! Mit dem Aufgang der Sonne läuft der Jubelruf der Christenheit um die Welt. Jesus Christus lebt. Gott erweist seine Macht, die stärker ist als der Tod.

  • Ein Lied: „Christ ist erstanden“ (EG 99)

Christ ist erstanden
von der Marter alle.
Des solln wir alle froh sein;
Christ will unser Trost sein.
Kyrieleis.

Wär er nicht erstanden,
so wär die Welt vergangen.
Seit dass er erstanden ist,
so freut sich alles, was da ist.
Kyrieleis.

Halleluja,
Halleluja,
Halleluja.
Des solln wir alle froh sein;
Christ will unser Trost sein.
Kyrieleis.

  • Die Frohe Botschaft: Lukas 24,1-11

Aber am ersten Tag der Woche sehr früh kamen sie zum Grab und trugen bei sich die wohlriechenden Öle, die sie bereitet hatten. Sie fanden aber den Stein weggewälzt von dem Grab und gingen hinein und fanden den Leib des Herrn Jesus nicht. Und als sie darüber ratlos waren, siehe, da traten zu ihnen zwei Männer in glänzenden Kleidern. Sie aber erschraken und neigten ihr Angesicht zur Erde. Da sprachen die zu ihnen: Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? Er ist nicht hier, er ist auferstanden. Gedenkt daran, wie er euch gesagt hat, als er noch in Galiläa war und sprach: Der Menschensohn muss überantwortet werden in die Hände der Sünder und gekreuzigt werden und am dritten Tage auferstehen. Und sie gedachten an seine Worte. Und sie gingen wieder weg vom Grab und verkündigten das alles den Elf und allen andern Jüngern. Es waren aber Maria Magdalena und Johanna und Maria, des Jakobus Mutter, und die andern Frauen mit ihnen; die sagten das den Aposteln. Und es erschienen ihnen diese Worte, als wär’s Geschwätz, und sie glaubten ihnen nicht.

  • Und verkündigten das – Gedanken zur Frohen Botschaft

Freude und Dankbarkeit muss geteilt werden! Die Frauen am leeren Grab Jesu gehen deshalb zu den Aposteln, um die frohe Botschaft weiterzugeben. Von Angesicht zu Angesicht. Es ist kaum vorstellbar, dass die Frauen dabei ruhig geblieben sind. Aufgeregte Stimmen, erschütterte Seelen, denn damit haben sie nicht gerechnet. Der Stein ist weggewälzt, das Grab ist leer. Keiner hat damit gerechnet. Keiner kann das für sich behalten.
Ebenso geht es der Prophetin Mirjam in der Geschichte der Befreiuung der Israeliten nach der gelungenen Flucht vor dem Heer des Pharaos: „Da nahm Mirjam, die Prophetin, Aarons Schwester, eine Pauke in ihre Hand, und alle Frauen folgten ihr nach mit Pauken im Reigen. Und Mirjam sang ihnen vor: Lasst uns dem Herrn singen, denn er ist hoch erhaben; Ross und Reiter hat er ins Meer gestürzt.“ (2. Mose 15,20f.)
Ihr Singen und Musizieren und Tanzen macht es augenscheinlich. Wer von einer großen Freude ergriffen ist, trägt die Botschaft nicht nur in Worten mit sich sondern mit dem ganzen Körper. Die Seele schwingt von Kopf bis Fuß.

Liebe Leserinnen und Leser,
über ein Jahr schon können wir diese Freude – mehr oder weniger – nicht miteinander teilen. Deshalb erreicht sie nun diese Osterandacht in schriftlicher Form. Mir fehlt das Schwingen des Bodens bei den tiefen Tönen der Orgel, mir fehlt der gemeinsame Gesang und das Sprechen des Vaterunsers. Ich höre auf die Stimmen der Menschen um mich und stimme mich auf sie ein. Rhythmus und Klang der Worte, die so viele Glaubende schon gesprochen haben. Mir fehlt das Heilige Abendmahl, in dem wir mit Christus und untereinander verbunden den tiefen Frieden Gottes miteinander teilen können.
Die Distanz geht – ebenso wie die Freude – an die Seele. Nur nach Tanzen ist mir dabei nicht zu Mute. Dennoch: Ich mag nicht sein wie die mißmutigen Apostel, die die Freude der Frauen als Geschwätz abtun. Mag sein, dass sie das kaum glauben können. Mag sein, dass ich noch nicht sehen kann, wann wir wieder zusammen Gottesdienst feiern werden. Aber ich glaube daran mit ganzer Seele. Darauf freue ich mich. Denn der Herr ist auferstanden. Ja! Wahrhaftig auferstanden. Hallelujah!

  • Ein Gebet miteinander und füreinander

Himmlischer Vater,
die Situation steht uns klar vor Augen.
Auch dieses Ostern können wir nicht so feiern,
wie wir es gerne möchten.
Deshalb bitten wir dich,
um Geduld und Duldsamkeit, auch diese Tage nach deinem Willen zu leben,
um Energie und Leidenschaft, um miteinander nach Hilfe und Lösungen zu suchen,
um Glauben und Zuversicht, dass du uns trägst, wo und wie wir auch heute diese Tage erleben,
um Liebe und Kraft, um für unseren Nächsten da zu sein,
um Einsicht und Mitgefühl, um das, was wir können, klug umzusetzen,
und um Mut und Hoffnung, wo wir an unsere Grenzen stoßen.
Diese Tage machen uns deutlich, wie sehr wir angewiesen sind,
auf dich, Gott, auf deine Schöpfung und unsere Mitmenschen.
Stärke uns in diesen Gedanken und mehre unsere Freude und Dankbarkeit.
Amen.

  • Ein Segenswort

Durch deine Macht, Gott,
hast du Jesu Kreuz
zum Baum des Lebens verwandelt.
Durch deine Macht, Gott,
verwandelst du unsere Angst in Zuversicht,
unsere Lähmung in neuen Mut.
So wird unser Leben zu einem Gleichnis
für die Auferstehung vom Tod zum Leben.

Segne unseren Baum des Lebens,
damit das tote Holz anfängt
Knospen zu treiben und zu blühen!
(Hanna Strack)

(Pfr. Olaf Wisch)

Video-Andacht zu Karsamstag 2021

  • Gedanken zum Karsamstag

Ich grüße Sie aus der Lutherkirche, am stillen Karsamstag.
Karfreitag ist vorbei. Ostern steht noch aus.
Wir stehen zwischen den Tagen der Trauer und der Freude.
Noch ist der Stein vor dem Grab Jesu.

So erzählt es das Matthäusevangelium
was nach dem Tod Jesu geschah:

Am Abend aber kam ein reicher Mann aus Arimathäa, der hieß Josef und war auch ein Jünger Jesu. Der ging zu Pilatus und bat um den Leib Jesu. Da befahl Pilatus, man sollte ihm den geben. Und Josef nahm den Leib und wickelte ihn in ein reines Leinentuch und legte ihn in sein eigenes neues Grab, das er in einen Felsen hatte hauen lassen, und wälzte einen großen Stein vor die Tür des Grabes und ging davon.

Karsamstag bleibt das Grab so, wie es am Tag zuvor hergerichtet wurde. Heute bleibt schlichtweg nichts mehr zu tun. Karsamstag ist eine Zeit des Wartens. Ein Zeit grauer Wehmut. Der polnische Dichter Miron Bialoszewski fasst den grauen Tag in eine graue Frage.

Graue Fragen

Alles Weiße ist smaragdgrün vergraut:
das weiße Papier mit den Bechern auf dem Tisch
eine Ecke des Bettzeugs
die Teekanne.

Welcher Glast
verdunkelt mein Fenster?

Was gibt es Neues
heut
unten in der Stadt?

Welcher Tag der Schöpfung ist es
und welcher Menschen?

(Miron Bialoszewski, übersetzt von Dagmara Kraus und hrg. von Henk Proeme, in: M’ironien. Gedichte und Prosa, roughbooks 054, Strasbourg, Oegstgeest und Schupfart, April 2021, S. 23)

Es ist bedrückend. Dieses Warten. Die offenen Fragen. Ausgang ungewiss. Der Ostermorgen steht noch aus. Noch ist der Stein vor Jesu Grab.

Diesen Stein hier habe ich vor einigen Jahren von der schwedischen Schärenküste mitgebracht. Ich habe ihn einige 100 Meter vom Strand bis zum Parkplatz getragen. Ich kann ihn gut heben, aber er wurde schwerer je länger ich ihn trug. Er ist beweglich, aber ich brauchte ausreichend Kraft, um ihn mitzunehmen.
Gottes Kraft ist groß genug, um den Stein vor dem Grab wegzuwälzen.
Darauf hoffe ich.

So segne uns Gott, er segne unsere Trauer, unser Warten, er segne den morgigen Tag, er segne den Ostermorgen.
Amen.

(Pfr. Olaf Wisch)

Karfreitag 2021

Diesen Beitrag gibt es auch als Audio:

  • Eröffnung

„Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.“ (Johannes 3,16) Deshalb leidet Gott mit uns. Das wollen wir bedenken.
Amen.

  • Aus Psalm 22

Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?
Ich schreie, aber meine Hilfe ist ferne.
Mein Gott, des Tages rufe ich, doch antwortest du nicht,
und des Nachts, doch finde ich keine Ruhe.
Aber du bist heilig,
der du thronst über den Lobgesängen Israels.
Unsere Väter hofften auf dich;
und da sie hofften, halfst du ihnen heraus.
Zu dir schrien sie und wurden errettet,
sie hofften auf dich und
wurden nicht zuschanden.
Ich aber bin ein Wurm und kein Mensch,
ein Spott der Leute und verachtet vom Volk.
Alle, die mich sehen, verspotten mich,
sperren das Maul auf und schütteln den Kopf:
»Er klage es dem Herrn, der helfe ihm heraus
und rette ihn, hat er Gefallen an ihm.«
Du hast mich aus meiner Mutter Leibe gezogen;
du ließest mich geborgen sein an der Brust meiner Mutter.
Auf dich bin ich geworfen von Mutterleib an,
du bist mein Gott von meiner Mutter Schoß an.
Sei nicht ferne von mir, denn Angst ist nahe;
denn es ist hier kein Helfer.
Ich bin ausgeschüttet wie Wasser, /
alle meine Gebeine haben sich zertrennt;
mein Herz ist in meinem Leibe wie zerschmolzenes Wachs.
Meine Kräfte sind vertrocknet wie eine Scherbe, /
und meine Zunge klebt mir am Gaumen,
und du legst mich in des Todes Staub.
Ich kann alle meine Gebeine zählen;
sie aber schauen zu und weiden sich an mir.
Sie teilen meine Kleider unter sich
und werfen das Los um mein Gewand.

  • Ein Lied: „O Haupt voll Blut und Wunden“ (EG 85)

O Haupt voll Blut und Wunden,
voll Schmerz und voller Hohn,
o Haupt, zum Spott gebunden
mit einer Dornenkron, o Haupt,
sonst schön gezieret
mit höchster Ehr und Zier,
jetzt aber hoch schimpfieret:
gegrüßet seist du mir!

  • Evangelium nach Johannes 19,16-30

Sie nahmen ihn aber, und er trug selber das Kreuz und ging hinaus zur Stätte, die da heißt Schädelstätte, auf Hebräisch Golgatha. Dort kreuzigten sie ihn und mit ihm zwei andere zu beiden Seiten, Jesus aber in der Mitte. Pilatus aber schrieb eine Aufschrift und setzte sie auf das Kreuz; und es war geschrieben: Jesus von Nazareth, der Juden König. Diese Aufschrift lasen viele Juden, denn die Stätte, wo Jesus gekreuzigt wurde, war nahe bei der Stadt. Und es war geschrieben in hebräischer, lateinischer und griechischer Sprache. Da sprachen die Hohenpriester der Juden zu Pilatus: Schreibe nicht: Der Juden König, sondern dass er gesagt hat: Ich bin der Juden König. Pilatus antwortete: Was ich geschrieben habe, das habe ich geschrieben. Die Soldaten aber, da sie Jesus gekreuzigt hatten, nahmen seine Kleider und machten vier Teile, für jeden Soldaten einen Teil, dazu auch den Rock. Der aber war ungenäht, von oben an gewebt in einem Stück. Da sprachen sie untereinander: Lasst uns den nicht zerteilen, sondern darum losen, wem er gehören soll. So sollte die Schrift erfüllt werden, die sagt (Ps 22,19): »Sie haben meine Kleider unter sich geteilt und haben über mein Gewand das Los geworfen.« Das taten die Soldaten. Es standen aber bei dem Kreuz Jesu seine Mutter und seiner Mutter Schwester, Maria, die Frau des Klopas, und Maria Magdalena. Als nun Jesus seine Mutter sah und bei ihr den Jünger, den er lieb hatte, spricht er zu seiner Mutter: Frau, siehe, das ist dein Sohn! Danach spricht er zu dem Jünger: Siehe, das ist deine Mutter! Und von der Stunde an nahm sie der Jünger zu sich. Danach, als Jesus wusste, dass schon alles vollbracht war, spricht er, damit die Schrift erfüllt würde: Mich dürstet. Da stand ein Gefäß voll Essig. Sie aber füllten einen Schwamm mit Essig und legten ihn um einen Ysop und hielten ihm den an den Mund. Da nun Jesus den Essig genommen hatte, sprach er: Es ist vollbracht. Und neigte das Haupt und verschied.

Rembrandt: „Kreuzigung“
  • Gedanken zum Bild

Die „Kreuzigung“ von dem holländischen Maler Rembrandt Harmenszoon van Rijn, genannt Rembrandt, gezeichnet mit der Feder und laviert, zwischen 1645 und 1653 entstanden, 24,7 cm x 21,1 cm groß, aufbewahrt in der Grafischen Sammlung im Nationalmuseum in Stockholm. Das sind die Fakten. Ich sehe:
Zwischen Fels und Stadt erhebt sich das Kreuz.
Sein Kopf ist tief zwischen seine Schultern gesunken. Alles ist verzerrt an ihm.
Sie umklammert den Kreuzesstamm und gibt sich hin mit Leib und Seele. Ihm so nah wie möglich.
Sie sind verzweifelt, resigniert und todtraurig und sind dennoch entschlossen, bei ihm zu bleiben. Bis zum Schluss. Ihm die letzte Ehre zu erweisen.
Er weiß es besser, er weiß, was zu Gott gehört und was zur Menschheit. So offensichtlich ist das. Der da ist kein Gott.
Er ist gehorsam seiner Truppe. Soldat, kümmere dich nicht um die Gesichter, entsetzte, ängstliche, höhnische und verwirrte Gesichter. Es ist ja nicht seine erste Kreuzigung. Es ist anders als sonst mit dem da.
Sie haben sich abgewendet. Die Geschichte ist nicht gut ausgegangen. Ist das noch Zweifel, oder schon Gewissheit? Dass heute alles zu Ende ist. Was er uns bedeutet.
Zeit zu gehen oder Zeit zu würfeln? Sie sind einiges gewohnt. Sie tun es, um zu überleben. Sie wissen, dass das ihren Seelen nicht gut tut. Sie wissen nicht, was sie tun.
Die „Kreuzigung“ von Rembrandt Harmenszoon van Rijn, genannt Rembrandt, gezeichnet mit der Feder und laviert, zwischen 1645 und 1653 entstanden, 24,7 cm x 21,1 cm groß, aufbewahrt in der Grafischen Sammlung im Nationalmuseum in Stockholm. Das sind die Fakten. Ich sehe:
Christus, das Heil der Welt, am Kreuz.

  • Ein Gebet miteinander und füreinander

Gott, wir bitten um
deine Güte für alle, die ihre Liebe schenken
deinen Segen für alle, die trauern
deine Sanftmut für alle, die sich verschließen
deine Freiheit für alle, die gehorsam sind
dein Vertrauen für alle, die zweifeln
deine Leidenschaft für alle, die aufgegeben haben
um dein Wort für alle, die beten.

Vater unser im Himmel,
geheiligt werde Dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.

  • Segen

Der Herr segne dich und behüte dich;
der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig;
der Herr hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden.

(Pfr. Olaf Wisch)