
Gottesdienst am Sonntag Reminiszere (16.3.2025) zur Einführung von Kantorin Lydia Kuhr in der Lutherkirche.
Anfangen:
In deinen Händen, Herr, steht unsere Zeit.
Denke an mich in deiner Gnade.
Erhöre mich und hilf mir.
Lied: Du schöner Lebensbaum des Paradieses,
gütiger Jesus, Gottes Lamm auf Erden.
Du bist der wahre Retter unsres Lebens, unser Befreier.
Nur unsretwegen hattest du zu leiden,
gingst an das Kreuz und trugst die Dornenkrone.
Für unsre Sünden musstest du bezahlen mit deinem Leben.
Lieber Herr Jesus wandle uns von Grund auf,
dass allen denen wir auch gern vergeben, die uns beleidigt,
die uns Unrecht taten, selbst sich verfehlten.
Für diese alle wollen wir dich bitten,
nach deinem Vorbild laut zum Vater flehen,
dass wir mit allen Heilgen zu dir kommen in deinen Frieden.
Wenn sich die Tage unsres Lebens neigen,
nimm unsern Geist, Herr, auf in deine Hände,
dass wir zuletzt von hier getröstet scheiden, Lob auf den Lippen.
Dank sei dem Vater, unsrem Gott im Himmel,
er ist der Retter der verlornen Menschheit,
hat uns erworben Frieden ohne Ende, ewige Freude.
(Evangelisches Gesangbuch Nr. 96).
Predigt zu Jes 12.
Der Predigttext für den heutigen Sonntag steht bei Jesaja im 12. Kapitel.
Hört es in der Übersetzung der Bibel in gerechter Sprache:
Singen will ich von meinem Schatz,
das Lied meines Lieblings über seinen Weinberg:
Einen Weinberg hatte mein Schatz
auf einer fruchtbaren Anhöhe.
Mein Schatz grub ihn um,
entfernte seine Steine
und bepflanzte ihn mit edlen Reben,
baute einen Turm mitten hinein,
hob eine Keltergrube aus
und hoffte darauf,
dass er gute Trauben trüge,
aber er trug saure Beeren.
Aber nun, die ihr wohnt in Jerusalem
und ihr, Leute von Juda,
sprecht Recht zwischen mir und meinem Weinberg!
Was gab es noch zu tun an meinem Weinberg,
das ich nicht für ihn getan habe?
Warum hoffte ich darauf,
dass er gute Trauben trüge,
aber er trug saure Beeren?
Aber nun will ich euch wissen lassen,
was ich meinem Weinberg antun will:
seine Dornenhecke entfernen, so dass er abgeweidet wird,
seinen Zaun einreißen, so dass er zertrampelt wird.
Ich gebe ihn der Zerstörung preis:
Er soll nicht beschnitten
und nicht gehackt werden,
damit er Disteln und Dornen aufgehen lässt,
und den Wolken verbiete ich, auf ihn Regen fallen zu lassen.
Denn der Weinberg Gottes der Heere ist das Haus Israel
und die Leute Judas sind Pflanzen zur Freude Gottes:
in Hoffnung auf Rechtsspruch, sieh da: Rechtsbruch,
in Erwartung von Gemeinschaftstreue, sieh da: Trauergemeinschaft.
Liebe Gemeinde,
da gibt es also dieses Lied – wie es in der Theologie des Alten Testaments genannt wird –
da gibt es also diesen Text – wie nüchtern das klingt –
da gibt es also diese Rede – wie sie oft in den prophetischen Büchern vorkommt –
da wird also etwas erzählt in einem Bild – ganz poetisch –
da wird gezürnt – wie die Worte des Geliebten, mit all seiner Enttäuschung-
da wird geliebt – wie die Worte des Geliebten voller Hingabe im zärtlichen Schwung –
da wird angeklagt und geurteilt – wie im Gericht –
da wird gemahnt – wie in einer Predigt –
da wird gehofft – wie in einem Traum –
da wird vom Leben erzählt
von einem wunderschönen Garten, von einem fruchtbaren Garten, von einem Weinberg,
der Glanz und Freude in die Welt brächte, Barmherzigkeit und Gerechtigkeit, Gotteslob und Nächstenliebe.
So klingt also dieses Lied im Buch des Propheten Jesaja,
es hat einen Rhythmus,
es hat einen Klang,
es schwingt
schon ohne Musik,
reicht es von der liebevollen Ansprache
bis zum zornigen Reim am Ende.
Es reicht in diesem Rhythmus vom Bild des Weinbergs
bis zu deiner Deutung;
es setzt an mit dem, was sein soll,
und reicht bis zu dem, was nicht geworden ist,
und was die Konsequenzen daraus sind.
Alles das passt in ein Lied,
ein Lied kann das,
es balanciert Gefühle,
dockt direkt an, wo das entsteht,
was uns um- und antreibt.
Alles das passt in ein Lied,
weil es in seiner Art nicht lange drumherumredet,
jedes Wort steht für sich, mit seinem Gewicht und seiner Bedeutung
verbindet sich mit den anderen Worten,
bilden eine Einheit,
kreuz und quer von vorn bis hinten,
von vorn bis hinten und wieder zurück,
in jedem Moment, in jeder Zeile, in jedem Klang
wohnt die Geistkraft Gottes.
Schön ist das, schön wäre das, schön wäre es, wenn sich diese Harmonie,
dieses Miteinander, diese Zärtlichkeit für jedes Einzelne und für Alle,
verbunden in Gott,
schön wäre das, wenn das der Welt entspräche. Ist es nicht zu harmonisch,
zu gut gefügt, zu wohlgebaut:
so sieht doch die Welt nicht aus.
Und das sieht auch Jesaja: er sieht, wie Pläne nicht aufgehen und Reben keine Frucht bringen, wie Enttäuschung sich breit macht und Gott seine Unterstützung zurückziehen will.
Und wie sehr Gott darunter leidet
Die beiden jüdischen Denker Buber und Rosenzweig sagen es so in ihrer Übersetzung:
er hoffte auf gut Gericht,
und da: ein Blutgezücht!
auf treue Bewährnis,
und da: ein Schrei der Beschwernis!
Dieser Schrei der Beschwernis trägt auch noch die Trauer des enttäuschten Herrn Israels. Des Weingärtners, der all seine Hingabe in diesen Weinberg gesteckt hat, der alles dafür getan hat, dass er fruchtbar sei. So klingt das Lied auch. So zornig. So traurig. So hoffnungslos.
Und trotzdem bleibt es ein Lied und als Lied ist es uns Jahrtausende später immer noch im Ohr. Obwohl wir die Musik nicht hören können. Keine Enttäuschung, keine Gewalt, kein Unfrieden, keine Sünde bringt es zum Verstummen.
Bis heute singen wir solche Lieder.
Voller Hoffnung und Zuversicht, Trauer und Schmerz.
Lieder tragen in aller Kürze in sich, was Gott uns sagen will. Ja, wir scheitern, das Lied sagt es. Ja, wir sollten wieder lernen, miteinander und füreinander zu vertrauen. Ja, wir sollten uns darin üben, unser Leben mit Gott zu gestalten. Und ebenso ist Gott darin mit uns, indem er uns singen und sagen lässt, dass wir diese Botschaft in Leichtigkeit und Ernsthaftigkeit laut werden lassen
Und im Miteinander, im Miteinandersingen kommt das zum Ausdruck. Auch wenn wir dabei vielleicht nicht jedes Detail in jedem Moment wahrnehmen.
Die Botschaft kommt dennoch zum Tragen. In wenigen Worten. Im Miteinander. Im Klang. Im Singen, im Tun. Bis heute hören und singen wir so Gottes Wort in Liedform. Klar und präzise, und doch schwebend und leicht.
So erreicht uns diese Botschaft. Verbindet Himmel und Erde.
In dem besonderen Erlebnis einer Chorsängerin, dass alles in ihr klingt; in dem Weg eines jungen Menschen, der den Glauben entdeckt in der Musik; beim ersten unsicheren Mitbrummeln im Gottesdienst und dem Gefühl darin getragen zu sein, ebenso wie es dem alt gewordenen Mann geht, der sich erinnert, was ihm schon Oma vorgesungen hat.
Über die Jahrhunderte hinweg wird die Liebe getragen und die Hoffnung und der Glaube in diesem Lied. Und daneben stehen Schmerz und Enttäuschung. Für all das hat es Platz. Und darin bleiben sie bewahrt, sie erzählen von der Fülle des Lebens.
Das ist das Lied bis heute. So klingt die gute Botschaft. Wie ein Lied klingt sie, ist all das, was im Lied, in seinen Worten und Versen und noch mehr in seinem Klang, in seinem Rhythmus Platz hat: Dringlich, aufmunternd, fröhlich, kämpferisch, zärtlich, traurig, zornig, hoffnungsvoll, vertraut und aufregend, voller Demut, Stolz und Liebe.
Und wir bergen uns in diesem Klang und stimmen ein, so wie wir es können. Ein Geschenk Gottes, eine Gnade, voller Dankbarkeit für den Klang des Lebens in seiner Fülle, von Gott gegeben.
Und der Klang Gottes, der weiter reicht als unsere Vernunft, und tiefer als unsere Angst, bewahre unsere Herzen und Sinne und unsere Stimmen in Christus Jesus. Amen.
(Wisch / Kaasch)
Gott,
du bringst deine Schöpfung zum Klingen.
Dir wollen wir singen
Frei und fröhlich
Voller Hoffnung und Zuversicht
Und getragen von deiner Liebe.
Wir bitten dich für unsere neue Kantorin Lydia Kuhr:
Schenk ihr Kraft und Mut für ihren Dienst,
Begeisterung und Klarheit in ihrer Arbeit,
Freude an dem, was wird, und Zeit für Pausen.
Lass sie Heimat finden in unseren Gemeinden
und neue Wege entdecken.
Gott, du bringst deine Schöpfung zum Klingen.
Dir wollen wir singen.
Wir bitten dich für unsere Gemeinden.
Hilf uns in den Herausforderungen der Zeit,
dass wir fröhlich und beherzt bleiben
und immer wieder entdecken, wie gut es ist, miteinander unterwegs zu sein.
Wir bitten dich für unsere Stadt und unser Land,
dass wir füreinander da sind und einander nicht aus dem Blick verlieren.
Gott, du bringst deine Schöpfung zum Klingen
Dir wollen wir singen.
Wir bitten dich für alle, denen nicht nach Singen zu Mute ist.
Deren Stimme verstummt ist und die niemand mehr hört.
Wir bitten dich für die, die einsam und traurig sind,
für die Kranken und die Sterbenden.
Umhülle sie mit deiner Liebe.
Gott du bringst deine Schöpfung zum Klingen.
Dir wollen wir singen.
Wir bitten dich in allem Kriegslärm und allen Hassparolen,
in der Zerstörung unserer Lebensgrundlagen:
Lass du dein Lied der Hoffnung und des Friedens nicht verklingen.
Singe es der Welt ins Ohr und ins Herz.
Amen.
Geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Segen
Es segne und behüte uns der allmächtige gnädige Gott,
Vater, Sohn und Heiliger Geist. Amen.
(Olaf Wisch / Märit Kaasch)