
Andacht zum Gottesdienst am 2. Sonntag nach Trinitatis – 29.Juni 2025 –
Sommerkirche – Nur Mut!
Anfangen:
In deinen Händen, Herr, steht unsere Zeit.
Denke an mich in deiner Gnade.
Erhöre mich und hilf mir. Amen
Eröffnung :
Der Wochenspruch für die neue Woche steht im Matthäusevangelium 11. Kapitel: „Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken. „
aus Psalm 27 – nach H.D. Hüsch:
Der Herr ist mein Licht und mein Heil, vor wem sollte ich mich fürchten.
Wenn Menschen kommen und Böses reden habe ich Angst.
Der Herr ist meines Lebens Kraft, vor wem sollte mir grauen.
Wenn Menschen kommen und mich bedrängen,
mein Gott, dann fürchte ich mich.
Herr, höre meine Stimme, wenn ich rufe,
sei mir gnädig und erhöre mich.
Du bist meine Hilfe, Herr, verlass mich nicht.
Du hältst deine Hand über mir, lass mich nicht allein.
Herr, weise mir deinen Weg und leite mich ein Leben lang.
Predigtlied: Sei getrost und unverzagt :
1. Sei getrost und unverzagt. Jesus steht dir bei
führt dich treulich Tag um Tag, wo dein Weg auch sei.
2. Ihm kannst du dich anvertrauen, völlig, ganz und gar.
Wag es! Du wirst Wunder schaun, denn sein Wort ist wahr.
3. Jesu Macht ist unbegrenzt, ihm gehört die Welt.
Dass du fröhlich ihn bekennst, hat er dich erwählt.
4. Alles, was dich heut bedrückt, Sorge, Sünde, Schuld;
sag es Jesus, der dich liebt. Groß ist seine Huld.
5. Komme, was auch kommen mag, Freude oder Leid,
Jesus führt dich wunderbar heut und allezeit,
Lesung:
Wir lesen Verse 13+14 aus dem 1. Korintherbrief im 16. Kapitel in verschiedenen Übersetzungen, die wir für heute ausgewählt haben. Sie sind zugleich Grundlage für die Predigt:
Lutherbibel
Wachet, steht im Glauben, seid mutig und stark!
Alle eure Dinge lasst in der Liebe geschehen!
Übersetzung für den Kirchentag Hannover 2025
Bleibt hellwach und aufrecht – im Gottvertrauen – seid stark und zeigt, was in euch steckt!
Euer Tun und Lassen soll in Liebe geschehen.
Predigt:
Gott schenke uns ein Herz für sein Wort und ein Wort für unser Herz. Amen
Liebe Sommerkirchengemeinde,
Ein Film, ein Bild: Wasserrauschen – Die Plattform eines Sprungturms.
Zwei Bilder derselben Plattform sind nebeneinander stellt.
Eine Frau kommt die Leiter hoch.
Sie läuft bis zur Kante, schaut runter, geht langsam zurück, atmet tief durch.
Eine andere steht starr da und schaut nach vorne.
Schnitt.
Ein junger Mann steht oben, schaut runter und ruft dann zur Seite runter: „Versteh mich nicht falsch.
Es ist viel höher als gedacht.“
Eine läuft schwungvoll nach vorne, bremst plötzlich ab. „Vergiss es, verdammt!“ Ruft sie, dreht um und klettert schnell wieder die Leiter runter.
„Ten Meter Tower“ – 10 Meter Turm heißt der Kurzfilm von Maximilien von Artryk und Axel Danielson.
16 Minuten lang sieht man Menschen, die mutig auf einen 10 Meter Turm steigen, oben realisieren, wie hoch es ist und dann ganz unterschiedlich damit umgehen.
„Ich schaff das, ich mach das“ sagt ein junges Mädchen, nimmt Anlauf und springt.
Andere ringen mit sich, machen Gymnastikübungen, um die Spannung abzubauen, gehen immer wieder bis vorne und schauen runter.
Und manche merken dann, dass es nichts für sie ist und klettern wieder runter.
Ganz schön mutig. Das eine wie das andere. Den Schritt nach vorne zu wagen und sich fallen lassen oder den peinlichen Weg zurück zu gehen, obwohl alle Augen und die Filmkamera auf einen gerichtet sind, weil man merkt, das ist nicht mein Weg.
„Wacht, steht im Glauben, seid mutig und stark. Alle eure Dinge lasst in Liebe geschehen.“
Das schreibt Paulus am Ende des 1. Korintherbriefs.
Einen ganzen Brief lang hat er mit den Korinthern gerungen, mit ihren Fragen und den Spannungen in ihrer Gemeinde. Und jetzt der Aufruf mutig und stark zu sein.
Wo bei uns mutig steht, heißt es wörtlich im Griechischen: seid mannhaft.
Klar, da gehört stark und mutig sein dazu, aber es meint noch mehr: Charakterstärke, Klugheit, Zuverlässigkeit und Anstand gehörten damals zum Männlichkeitsideal dazu.
Was wäre das für die Männer heute? Und für uns Frauen?
Die Kirchentagsübersetzung macht daraus: seid stark und zeigt, was in euch steckt.
Das gefällt mir. Weil es damit rechnet, dass wir selbst über uns hinauswachsen können. In ganz verschiedene Richtungen.
Da ist eine mutig, weil sie aufbricht und noch mal was ganz Neues beginnt. Von dem sie noch gar nicht weiß, ob sie das so richtig kann. Sie könnte scheitern. Aber irgendwas in ihr sagt ganz klar: „Mach das!“
Da ist einer mutig, weil er gerade nicht weg geht, sondern bei seiner alten Mutter bleibt und sie versorgt. Auch wenn alle sagen: Mach doch mal was für dich. Und woanders hast du ganz andere Möglichkeiten. Aber irgendwas in ihm sagt ihm: „Das hier ist jetzt meine Aufgabe. Auch wenn ich auf anderes verzichten muss.“
Da ist jemand mutig, weil er oder sie gemerkt hat: Ich habe einen Fehler gemacht. Den kann ich nicht mehr ändern. Aber ich kann mich entschuldigen und sagen: „Ich hab wirklich was falsch gemacht. Das tut mir leid.“ Und dann anders mit dem Thema umgehen.
Mutig ist es, anzusprechen, was sonst nicht gesagt wird: zu klagen, wenn etwas richtig schlimm ist, auch wenn die anderen es nicht sehen und hören wollen: die Zerstörung der Natur, die Hoffnungslosigkeit unter jungen Menschen, die Angst vor dem Erstarken der Rechten.
Und mutig ist es auch, wenn jemand Visionen hat und sie ausspricht: wenn jemand vom Frieden redet, wo alle nur noch Krieg sagen, wenn jemand das Gespräch und Versöhnung sucht, wo nur noch gegeneinander vorgegangen wird. Wenn jemand hoffnungsvolle Worte pflegt und einbringt.
Eleonore Roosevelt hat gesagt: „Mutig ist, das zu tun, von dem du meinst, du kannst es nicht.“ „Zeigt, was in euch steckt“ – sagt die Kirchentagsübersetzung.
Wir werden also in diesem Sommer dazu aufgerufen, über unsere eigene Komfortzone hinauszugehen und auszuprobieren, was wir noch so können:
Einen Schritt nach vorne, wo ich schon lange zögere, oder einen Schritt zurück, wo ich zu schnell vorgeprescht bin auf der Stelle bleiben und standhalten, auch wenn es ungemütlich wird oder mal alles um mich herum in Bewegung bringen, wo ich mich selbst gern nur zurücklehnen würde.
Den eigenen Horizont und Bewegungsradius vergrößern. So, wie wenn man auf den 10 Meterturm klettert und dann springt oder heruntersteigt. In beiden Fällen bin ich über das hinausgegangen, was ich sonst so tue.
Dabei muss Mut immer wieder abgegrenzt werden gegenüber Wagemut und Übermut. Er darf nicht in Todesmut umschlagen. Und gleichzeitig nicht in Kleinmut oder Unmut stecken bleiben. Viel wichtiger sind Frohmut und Großmut, Langmut und Sanftmut. Aber wo kommen die her?
Paulus formuliert das so: „Bleibt hellwach und aufrecht – im Gottvertrauen- und stark und zeigt, was in euch steckt.“
Bleibt hellwach und aufrecht. Das heißt ja, wir sind schon aufgeweckt worden und wir sind schon aufgestellt worden oder anders gesagt fest gegründet worden. Wir haben schon das Potential, das wir brauchen, um mutig zu sein.
Im Gottvertrauen ist uns das alles schon gegeben. Ein fester Halt und ein klarer Blick. Oder wie es der 27. Psalm sagt, Licht und Lebenskraft, die uns in Gott und von Gott geschenkt sind.
„Der Herr ist mein Licht und mein Heil, vor wem sollte ich mich fürchten? Der Herr ist meines Lebenskraft, vor wem sollte mir grauen?“
In diesem Vertrauen bleiben, sich immer wieder darin festmachen und daran festhalten, das hilft, um mutig zu sein.
In dem Film „10 Meter Turm“ gefällt mir am besten eine Szene, in der ein Paar oben auf dem Brett steht. Er will springen und traut sich nicht. Sie will ihn ermutigen und erweist sich selbst dabei als ängstlich. Er zweifelt an ihr, sie an ihm. So geht es quälende Minuten lang. Dann sagt er: Ich mach es. Und: Wir sehen uns auf der anderen Seite. Im Himmel.
Ja, wir sehen uns im Himmel, sagt sie, ganz ernst und er springt.
Als er unten ist, schaut sie kurz über den Rand, bedeutet ihm, dass er zur Seite schwimmen soll, nimmt Anlauf und springt mit vollem Schwung.
So ansteckend kann Mut sein.
Loten wir also in den nächsten 6 Wochen in der Sommerkirche unsere Möglichkeiten aus, entdecken wir neue Freiräume und gehen wir mutig aus unserer Komfortzone raus. Ich bin sicher: Wir werden überrascht sein, was in uns steckt und was so alles möglich ist. Wie mutig wir sein können und wie gut das tut.
Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen
Miteinander und füreinander beten:
Treuer Gott, du ermutigst uns zu einem gelungenen Leben.
Wir bitten dich: Mut tut unseren Kindern und Jugendlichen gut.
Stärke sie in der Schule und in ihrer Freizeit, damit sie den Mut finden,
für ihre Überzeugungen einzutreten.
Mut tut unseren Kirchengemeinden gut. Lass uns gute gemeinsame Wege finden hier im Süden für eine tragende und sichtbare christliche Gemeinschaft.
Mut tut unserer Kirche gut. Lass sie die Zeichen der Zeit erkennen
und mutige Schritte für einen lebendigen Glauben tun.
Mut tut uns gut in der Bitte um Frieden und Versöhnung.
Mut nicht aufzugeben, an eine friedliche Welt zu glauben.
Mut tut unseren Kranken und Sterbenden und ihren Angehörigen gut,
dass sie im Vertrauen an dich nicht verzagen.
Treuer Gott,
Deine Botschaft vom Reich Gottes ermutige uns im Leben auf unserer Erde
und stärke unsere Hoffnung auf ein Leben bei dir.
Dir sei Dank und Ehre in alle Ewigkeit.
Gemeinsam beten wir: Vater unser im Himmel,
geheiligt werde Dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Segen:
Lasst uns mit dem Segen Gottes in diesen Sonntag
und in eine neue Woche gehen.
Es segne und behüte dich Gott, der Allmächtige und Barmherzige,
der Vater, der Sohn und der heilige Geist. Amen
(G. Ortmann)