20. Sonntag nach Trinitatis 2020

  • Eröffnung

Der Sabbat ist um des Menschen willen gemacht, heisst es im Evangelium. Alle Regelungen, Gebote und Vorschriften sollen dem Menschen dienen. In diesem Sinne segne Dich Gott und Deine Zeit, wenn Du innehältst. Amen.

  • Ein Lied: Gott Lob, der Sonntag kommt herbei (EG 162)

1. Gott Lob, der Sonntag kommt herbei,
die Woche wird nun wieder neu.
Heut hat mein Gott das Licht gemacht,
mein Heil hat mir das Leben bracht.
Halleluja.

2. Das ist der Tag, da Jesus Christ
vom Tod für mich erstanden ist
und schenkt mir die Gerechtigkeit,
Trost, Leben, Heil und Seligkeit.
Halleluja.

3. Das ist der rechte Sonnentag,
da man sich nicht g’nug freuen mag,
da wir mit Gott versöhnet sind,
dass nun ein Christ heißt Gottes Kind.
Halleluja.

4. Mein Gott, lass mir dein Lebenswort,
führ mich zur Himmelsehrenpfort,
lass mich hier leben heiliglich
und dir lobsingen ewiglich.
Halleluja.

  • Aus Psalm 119

Wohl denen, die ohne Tadel leben,
die im Gesetz des HERRN wandeln!
Wohl denen, die sich an seine Zeugnisse halten,
die ihn von ganzem Herzen suchen,
die auf seinen Wegen wandeln
und kein Unrecht tun.
Du hast geboten, fleißig zu halten
deine Befehle.
O dass mein Leben deine Gebote
mit ganzem Ernst hielte.
Wenn ich schaue allein auf deine Gebote,
so werde ich nicht zuschanden.
Ich danke dir mit aufrichtigem Herzen,
dass du mich lehrst die Ordnungen deiner Gerechtigkeit.
Deine Gebote will ich halten;
verlass mich nimmermehr!
Tu wohl deinem Knecht, dass ich lebe
und dein Wort halte.
Öffne mir die Augen, dass ich sehe
die Wunder an deinem Gesetz.

  • Evangelium nach Markus, Kapitel 3, Verse 23-28

Und es begab sich, dass Jesus am Sabbat durch die Kornfelder ging,
und seine Jünger fingen an, während sie gingen, Ähren auszuraufen.
Und die Pharisäer sprachen zu ihm:
Sieh doch! Warum tun deine Jünger am Sabbat, was nicht erlaubt ist?
Und er sprach zu ihnen: Habt ihr nie gelesen, was David tat, da er Mangel hatte
und ihn hungerte, ihn und die bei ihm waren:
wie er ging in das Haus Gottes zur Zeit des Hohenpriesters Abjatar und aß die Schaubrote, die niemand essen darf als die Priester,
und gab sie auch denen, die bei ihm waren?
Und er sprach zu ihnen: Der Sabbat ist um des Menschen willen gemacht
und nicht der Mensch um des Sabbats willen.
So ist der Menschensohn Herr auch über den Sabbat.

  • Gedanken zu 1. Mose 2,4b-25

„Das Judentum ist eine Religion der Zeit, die auf die Heiligung der Zeit abzielt. Anders als das raumorientierte Denken der Menschen, für die die Zeit gleichbleibend, wiederholend, gleichförmig ist, für die alle Stunden sich gleichen und ohne Unterschied als leere Hüllen gelten, macht die Bibel auf die vielfältigen Eigenschaften der Zeit aufmerksam. […]

Jüdische Rituale können charakterisiert werden als das Wesen bedeutungsvoller Gestalten in der Zeit, als Architektur der Zeit.“

Mit diesen Worten umschreibt der jüdische Theologe Abraham Joshua Heschel die Bedeutung der Zeit im Judentum. Die Tage laufen in diesem Glauben nicht gleichförmig dahin. Es gibt Zeiten, die besonders hervorgehoben werden. Der Sabbat kennzeichnet z.B. eine Unterbrechung der Werktage. Was diese prägt, wird an jenem zum Heil der Menschen unterlassen.

Diesen Gedanken nimmt auch der Psychotherapeut Leon Wurmser auf. Er beschreibt in einem Vortrag über die Trauer das Innehalten eines Trauerzuges. Scheinbar ohne Grund wird der Gang unterbrochen. Die Zeit der Trauer kann nicht mit der Geschäftigkeit des Alltags konform gehen. Der Alltag ist ausgesetzt. Die scheinbare Zwecklosigkeit des Innehaltens ist Ausdruck menschlicher Endlichkeit im Angesicht des Todes und beugt sich vor der Heiligkeit im Angesicht Gottes.

Darauf legen die Pharisäer in dem Streitgespräch um das Ährenraufen am Sabbat Wert. Sie wehren sich dagegen, dass die dazugehörigen Regeln nicht eingehalten werden. Deshalb fragen sie Jesus, warum er seinen Jüngern nicht Einhalt gebietet. Es geht also nicht um die Kontrolle dieser Regeln oder eine kleinmütige Einschränkung menschlicher Bedürfnisse. Es geht ihnen um einen Kernbestand ihrer Religion. Jesus muss also gute Gründe haben, dass diese Regeln in diesem Moment nicht gelten.

Jesus stellt die Heiligkeit der Zeit im Judentum nicht in Frage. Es gibt Zeitabschnitte im menschlichen Leben, die unsere Geschöpflichkeit hervorheben. Es gibt Zeitabschnitte, die nicht durch menschliche Geschäftigkeit geprägt sind, sondern durch die Beziehung zu Gott. Gott ruhte am siebten Tag. Es ist dieser Tag, der heilig ist und wieder zurückführt in den Anfang der Schöpfung. Er ist der Vortag des Tohuwabohu, des anfänglichen Chaos‘, dass allein Gott beherrscht. In der Schöpfungsgeschichte am Anfang der Bibel ist nicht ein Tag wie der andere.

Jesus stellt die Heiligkeit dieser Architektur der Zeit nicht in Frage. Ganz im Gegenteil. Er hebt den Moment dieses Tages sogar besonders hervor. Es ist die Zeit seiner Gegenwart. In seiner Nähe ist die Unterbrechung des Alltags schon gegeben. Es ist eine Zeit der Krise, an der sich der scheinbare Gleichlauf der Zeit bricht. Die Jünger gehen ihm nach und haben schon längst ihren Alltag hinter sich gelassen. Auch David auf der Flucht darf sich ohne Schaden zu nehmen an den Schaubroten im Haus Gottes nähren. Das erkennen die Pharisäer nicht. Sie erkennen nicht die Bedeutung der Gegenwart Jesu. Das Handeln der Jünger und die Gegenrede Jesu empfinden sie als anstößig. Und so ist es verständlich, dass sie das heilige Gebot der Sabbatruhe verteidigen. Mit ganzer Seele liegt ihnen das am Herzen.

Die heilsame Unterbrechung des Alltags am Tag des Sabbats oder des Sonntags wird von Jesus nicht ausgesetzt. Er sagt nicht, dass das Gebot nun nicht mehr gilt in dem Sinne, zu tun und zu lassen, was ich will. Es ist und bleibt auch für ihn der Tag jenseits des Alltags. Ein angemessenes Bild dafür ist das absichtslose Leben der Kindheit. Susannah Heschel, die Tochter des eingangs zitierten Abraham Joshua Heschels, beschreibt im Vorwort des Buches ihres Vaters, wie dieser sich während der Sabbatfeier an die Zeit seiner Kindheit erinnert. An die chassidische Frömmigkeit, vom religiösen Adel getragen, mitten in Warschau. Ein angemessenes Bild dafür ist die aussichtslose Zeit im Tod. Leon Wurmser bearbeitet die Trauer nicht nur als Psychotherapeut sondern auch als trauernder Gefährte seiner Frau. Er erzählt, wie er sich für das Leben gegen den Tod engagiert. Aber das Leben seiner Frau ist nun vorbei.

Die sonntägliche Alltagsunterbrechung stellt somit in Frage, was mir sonst so wichtig erscheint. Der Sonntag ist kein Freibrief. Wie oft meine ich, mir etwas zu gönnen, und setze doch nur fort, was mich auch sonst antreibt. Bestenfalls mit anderen Mitteln: Der freie Sonntagnachmittag ist eine gute Gelegenheit aufzuräumen; oder den Band Gedichte zu lesen, der mir Vergnügen schenkt, aber auch Mühe macht? Das jüdische Gebot bezieht sich aber auf alle Handlungen. Die Hände sollen ruhen und auch der Kopf. Für die heilige Zeit. Im Angesicht Gottes. Jesus sagt: Der Sabbat ist um des Menschen willen gemacht und nicht der Mensch um des Sabbats willen. Gott ruht an diesem Tag. Ich ruhe an diesem Tag nicht für ihn, aber es entspricht seiner guten Schöpfung, wenn ich auch ruhe.

  • Ein Gebet miteinander und füreinander

Gott,
schenk uns diese Zeit,
in der wir vergessen, was uns treibt,
die uns erinnert an den frühen Morgen deiner Schöpfung
und an die Ruhe des Abends deiner Ordnung.

Schenke uns diese Ruhe in einer unruhigen Zeit.
Die Welt ist aus den Fugen.
Das Reden und Meinen der Menschen steht gegeneinander.
Und ein wenig weiter weg zerreist Mangel und Krieg
jeden Frieden und jede Sanftmut unter den Menschen.

Schenk uns diese Zeit,
die uns daran erinnert, dass wir nicht aus uns selbst leben können;
Schenk uns diese Zeit,
in der wir Ruhe finden für die Hände und die Gedanken.
Ruhen in dir.

Schenk uns diese Zeit,
mit den Worten Jesu Christi:

Vater unser im Himmel,
geheiligt werde Dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.

  • Segen

Es segne und behüte uns der allmächtige und barmherzige
Gott, + Vater, Sohn und Heiliger Geist.
Er bewahre uns vor Unheil und führe uns zum ewigen Leben.
Amen.

(Pfr. Olaf Wisch)

19. Sonntag nach Trinitatis (Konfirmation) 2020

  • Eröffnung

Konfirmation im Herbst. Eine ungewöhnliche Zeit. Eine Zeit, die von vielen Unsicherheiten gekennzeichnet ist. Die Konfirmanden sagen Ja zu ihrer Taufe und bekennen damit, dass Gottes Kraft weit über die menschlichen Kräfte hinausgeht. Dieses Bekenntnis teilen wir mit diesen jungen Menschen. Im Namen des Vaters, und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

  • Ein Lied: Da berühren sich Himmel und Erde

1) Wo Menschen sich vergessen,
die Wege verlassen.
Und neu beginnen, ganz neu.
Refrain: Da berühren sich Himmel und Erde,
dass Frieden werde unter uns,
da berühren sich Himmel und Erde,
dass Frieden werde unter uns.
2) Wo Menschen sich verschenken,
die Liebe bedenken.
Und neu beginnen, ganz neu.
Refrain
3) Wo Menschen sich verbünden,
den Hass überwinden.
Und neu beginne, ganz neu.
Refrain

  • Psalmübertragung

Gott du zeigst mir den Weg zum Leben.
Deine Nähe erfüllt mich mit Freude.
Aus deiner Hand strömt Leben.
Du bist mein Gott.

Mein Glück finde ich in dir.
Was ich brauche, du teilst es mir zu.
Du hältst mein Leben in der Hand.
Du schützt mich.

Ich danke Gott, der mir meinen Weg zeigt.
Auch nachts erinnere ich mich an seine Worte.
Gott ist mir nahe,
das ist mir deutlich vor Augen.
Er steht mir zur Seite,

darum fühle ich mich sicher.
Ich weiß mich geschützt und geborgen
Darüber freue ich mich und bin dankbar.

  • Die Seligpreisungen aus dem Matthäusevangelium

Als er aber das Volk sah, ging Jesus auf einen Berg.
Und er setzte sich, und seine Jünger traten zu ihm.
Und er tat seinen Mund auf, lehrte sie und sprach:
Selig sind, die da geistlich arm sind; denn ihrer ist das Himmelreich.
Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen getröstet werden.
Selig sind die Sanftmütigen; denn sie werden das Erdreich besitzen.
Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit; denn sie sollen satt werden.
Selig sind die Barmherzigen; denn sie werden Barmherzigkeit erlangen.
Selig sind, die reinen Herzens sind; denn sie werden Gott schauen.
Selig sind, die Frieden stiften; denn sie werden Gottes Kinder heißen.
Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihrer ist das Himmelreich.

  • Predigt zur Konfirmation 2020 am 18.10.2020 in der Lutherkirche

Liebe Eltern und Familien, liebe Paten, liebe Gemeinde, lieber Menes, liebe Linda, lieber Maximilian,

länger als die Konfirmanden vor euch musstet ihr in diesem besonderen Jahr auf eure Konfirmation warten. Schön, dass wir sie nun heute, wenn auch verspätet und bei etwas herbstlichem Wetter feiern können.

Gut seht ihr heute aus. Erwachsen und auch etwas stolz. Es ist euch ab zu spüren, dass ihr eure eigenen Wege geht. Dass Ihr Verantwortung übernehmen und eine neue Freiheit gewinnen wollt, immer mehr selber entscheiden möchtet.

Was können wir euch heute mit auf euren Weg ins Erwachsenenleben geben? In diesem besonderen Jahr, dass uns weltweit vor eine ganz neue Situation gestellt hat. Mit vielen Verunsicherungen, Sorgen und Ängsten, mit der Erfahrung, dass meine persönliche Freiheit eingeschränkt wird zum Wohle aller.

Mich hat die Auswahl eurer Konfirmationssprüche gefreut und das Gespräch, dass wir dazu hatten, eure aus Ton geformten Symbole haben mich bewegt. Sie sind vorne auf dem Foto auf dem Liedblatt zu sehen.

Ein Engel, zwei segnende Hände und ein Arm mit einem ordentlichen Muskelpaket.

Mit eurem Konfirmationsspruch habt ihr euch selber wichtige Worte für euren Lebensweg ausgesucht.

Und im Zusammenblick aller drei Verse aus der Bibel ergeben sie einen guten Wegweiser.

Menes dein Konfirmationsspruch steht im Psalm 33:

„Denn des Herrn Wort ist wahrhaftig und was er zusagt, dass hält er gewiss.“

Wann empfinde ich etwas als wahrhaftig? Welchen Worten vertraue ich und lasse mich von Ihnen leiten? Welche Worte verführen mich? Welche Zusage gilt? Auf wen kann ich mich verlassen? Und welche Zusage trägt nicht? Geht am Ende nicht auf?

Liebe Konfirmanden, zum Erwachsen werden wird es gehören, dass ihr selber immer wieder prüfen müsst, welche Worte halten, was sie versprechen und welchen Zusagen kann ich trauen. Ihr werdet beides erleben – wahrhaftige Worte, verlässliche Zusagen, aber auch Enttäuschungen werden nicht ausbleiben.

Der Psalmbeter sagt: auf Gottes Wort und Zusage kann ich mich verlassen. Es gibt Orientierung, an ihm kann ich prüfen, was gut und richtig ist, und welchen Worten ich vertrauen kann.

Maximillian dein Konfirmationsspruch steht im ersten Timotheusbrief:

„Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit.“

Was hilft mir, wenn die Furcht, wenn die Angst groß wird? Vor einer Situation, in der es um etwas geht, wenn ich Angst habe zu versagen. Wenn die Angst sich anschleicht, dass jemandem der mir wichtig ist etwas passieren könnte? Wenn die Nachrichten voll sind von steigenden Infektionszahlen?

Kraft, Liebe und Besonnenheit hat uns Gott gegeben, nicht die Furcht, nicht die Angst.

Ängste und Sorgen werdet ihr aus eurem Leben nicht verbannen können. Das wünscht man sich manchmal, aber es wäre nicht gut. Sie gehören dazu wie die Freude und Leichtigkeit.

Aber sie sollen unser Leben nicht grundlegend bestimmen. Wir sollen uns an die Kraft und die Liebe und die Besonnenheit halten.

Unsere eigenen Kräfte und Gottes Kraft.

Die Liebe Gottes zu uns und unsere Liebe zu unserem Mitmenschen. Dem einen, der einen, der ich so gerne mein ganzes Herz schenken möchte. Aber auch die Liebe mit der ich meinen Mitschüler, meine Mitschülerin angucke und versuche zu verstehen, was mit ihm los ist, wenn er, wenn sie so blöde reagiert.

Und die Besonnenheit, wir dürfen uns Zeit lassen und nochmal eine Nacht darüber schlafen, was wirklich richtig und angemessen ist. Wir dürfen uns nochmal beraten lassen, andere Meinungen hören und dann eine Entscheidung treffen.

Linda, dein Konfirmationsspruch sind Verse aus dem 62. Psalm

„Meine Seele ist stille zu Gott der mir hilft. Denn er ist mein Fels, meine Hilfe, mein Schutz, dass ich gewiss nicht fallen werde.“

Manchmal kann man nicht darüber sprechen, was einem gerade auf der Seele liegt. Da nervt es, wenn die Eltern fragen, was denn los sei.

Manchmal ist es schön, wenn es still es. Wenn man einfach nur in einer Kirche sitzt, oder an der Saale am Meer oder auf einem erklommenen Berggipfel. Und dann spürt man manchmal auch Gott irgendwie.

Gott braucht von uns nicht viele Worte. Es reicht da zu sein. Auch leere Hände darf man ihm hinhalten. Auch das, was man sich traut niemandem zu erzählen. Er hilft, er ist ein starker Fels, der sich nicht so leicht kleinkriegen lässt. Gott bietet uns Schutz und fängt uns auf.

Das heißt nicht, dass wir verschont bleiben von schweren Situationen im Leben. Aber es heißt, dass wir gerade in diesen Situationen nicht alleine sind.

Liebe Konfirmanden, wenn wir ihr heute „ja“ sagt zu eurem christlichen Glauben und wir euch heute Gottes Segen zusprechen, dann sind das gute Grundlagen für euren Weg ins Erwachsenenleben.

Geht mit Lust auf das Abendteuer Leben, geht eure eigenen Wege mit Spaß und Freude und mit dem Vertrauen, dass Gott eure Wege, wo immer sie euch auch hinführen, begleiten wird. Amen.

  • Ein Gebet miteinander und füreinander

Gott, wir bitten dich für die jungen Menschen, die wir heute konfirmiert haben. Begleite ihre Lebenswege mit deinem Segen. Wecke ihre Neugier auf das Leben und diese Welt und stelle ihnen Menschen an die Seite, die sie von deiner Nähe zu uns überzeugen.
Gott, wir bitten dich für die Eltern der Konfirmanden. Sei bei ihnen, wenn jetzt ihre Kinder mehr und mehr ihre eigenen Wege gehen.

Hilf ihnen, dass sie ihren Kindern Freiheit gewähren können, ohne sie alleine zu lassen mit ihren Aufgaben und Fragen.

Gott, wir bitten dich für alle, die Jugendliche auf ihrem Weg ins Erwachsenwerden begleiten: Freunde, Paten, Verwandte, Lehrer, wir in unseren Gemeinden. Gib ihnen Offenheit für die Gedanken und Erfahrungen junger Menschen.

Lass sie den Jugendlichen hilfreiche Begleiter werden.

Mit den Worten Christi beten wir:

Vater unser im Himmel,
geheiligt werde Dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.

  • Segen

Es segne und behüte uns der allmächtige und barmherzige
Gott, + Vater, Sohn und Heiliger Geist.
Er bewahre uns vor Unheil und führe uns zum ewigen Leben.
Amen.

(Pfr. Olaf Wisch / ord.GP Gunda Ortmann)

18. Sonntag nach Trinitatis 2020

  • Eröffnung

Am heutigen 18. Sonntag nach Trinitatis steht eine Abschiedsrede im Mittelpunkt.
Mose hält sie seinem Volk, kurz vor seinem Tod.
Mitten in der Wüste, im Jordantal.
In der Ferne sieht man die Hügel des verheißenen Landes.
Mose wird nicht mehr mit hinübergehen.
Aber er gibt seinem Volk mit auf den Weg, worauf es ankommen wird,
wenn sie dort leben werden. Gottes Gebot und Gottes Ordnungen.
Heute treffen diese Worte auf uns.

  • Ein Lied: Wohl denen, die da wandeln (EG 295)


1) Wohl denen, die da wandeln
vor Gott in Heiligkeit,
nach seinem Worte handeln
und leben allezeit;
die recht von Herzen suchen Gott
und seine Zeugniss‘ halten,
sind stets bei ihm in Gnad.

2) Von Herzensgrund ich spreche:
dir sei Dank allezeit,
weil du mich lehrst die Rechte
deiner Gerechtigkeit.
Die Gnad auch ferner mir gewähr;
ich will dein Rechte halten,
verlaß mich nimmermehr.

3) Mein Herz hängt treu und feste
an dem, was dein Wort lehrt.
Herr, tu bei mir das Beste,
sonst ich zuschanden werd.
Wenn du mich leitest, treuer Gott,
so kann ich richtig laufen
den Weg deiner Gebot.

4) Dein Wort, Herr, nicht vergehet,
es bleibet ewiglich,
so weit der Himmel gehet,
der stets beweget sich;
dein Wahrheit bleibt zu aller Zeit
gleichwie der Grund der Erden,
durch deine Hand bereit‘.

  • Psalm 1

Wohl dem, der nicht wandelt im Rat der Gottlosen
noch tritt auf den Weg der Sünder
noch sitzt, wo die Spötter sitzen,

sondern hat Lust am Gesetz des Herrn
und sinnt über seinem Gesetz Tag und Nacht!

Der ist wie ein Baum, gepflanzt an den Wasserbächen,
der seine Frucht bringt zu seiner Zeit,

und seine Blätter verwelken nicht.
Und was er macht, das gerät wohl.

Aber so sind die Gottlosen nicht,
sondern wie Spreu, die der Wind verstreut.

Darum bestehen die Gottlosen nicht im Gericht
noch die Sünder in der Gemeinde der Gerechten.

Denn der Herr kennt den Weg der Gerechten,
aber der Gottlosen Weg vergeht.

  • Worte aus dem 5. Buch Mose, 30. Kapitel

Denn das Gebot, das ich dir heute gebiete,
ist dir nicht zu hoch und nicht zu fern.
Es ist nicht im Himmel, dass du sagen müsstest:
Wer will für uns in den Himmel fahren und es uns holen,
dass wir’s hören und tun?
Es ist auch nicht jenseits des Meeres,
dass du sagen müsstest: Wer will für uns über das Meer fahren
und es uns holen, dass wir’s hören und tun?
Denn es ist das Wort ganz nahe bei dir,
in deinem Munde und in deinem Herzen, dass du es tust.

  • Gedanken zum Text

Alt ist er geworden. Und er hat vielleicht mehr erlebt, als ein Menschenleben fassen kann.
Mose, das Findelkind. Mose, der Anführer. Mose, der alte Mann.
Seine Haut ist gegerbt von der Sonne, dem Sand und dem Wind.
Sein Gesicht ist gezeichnet. Und auch seine Seele.
Er hat großes, unaussprechlich großes und überwältigendes erlebt.
Den Fall des Pharaos. Die Rettung aus Ägypten. Wunder in der Wüste.

Und: Er ist oft enttäuscht worden in den letzten 40 Jahren,
von seinen Leuten.
Gemurrt haben sie immer wieder und aufbegehrt.
Gegen ihn, Mose, aber auch gegen Gott.
Gegen Gott und seine Gebote.
Die Sehnsucht nach dem Leben in Ägypten war oft größer
als die Freude über die Freiheit.
Die Sehnsucht nach einem einfachen und klar geregelten Leben
war oft Größer – und die Freiheit eine Zumutung.
Der Weg durch die Wüste so lang.
Das Vertrauen auf die Versprechungen Gottes
und seines Propheten Mose so vage.

Mose steht da, am Rande des Jordan.
In der Ferne sieht er die Hügel des verheißenen Landes.
Er wird nicht mehr mit hinübergehen.

Aber für die neue Generation,
die dort ein neues Leben beginnt,
für die Zukunft seines Volkes,
nimmt Mose noch einmal alle Kraft zusammen.

613 Vorschriften und Gebote hat er ihnen mit auf den Weg gegeben:
Wie man betet, dass man seine Mitmenschen nicht beleidigen und dem Nachbarn helfen, den Armen einen Teil der Ernte überlassen, den Fremden lieben möge.
Keine Schummelei, kein Wucherzins. Den Bedürftigen Geld leihen, keine Pfänder zurückhalten, wenn der Schuldner sie in seiner Not braucht. Witwen müssen nichts hinterlegen, Gewichte und Waagen müssen stimmen. Lohn muss pünktlich gezahlt werden.

Liebt Gott und liebt euren Nächsten wie Euch selbst.

All das und noch viel mehr.

Doch das wichtigste, das kommt jetzt, zum Schluss.
All diese Gesetze tragen eine Botschaft in sich.
Und die lautet: Ihr seid jetzt dran. Jetzt liegt es an euch.

Denn das Gebot, das ich dir heute gebiete,
ist dir nicht zu hoch und nicht zu fern.
Es ist nicht im Himmel, dass du sagen müsstest:
Wer will für uns in den Himmel fahren und es uns holen,
dass wir’s hören und tun?
Es ist auch nicht jenseits des Meeres,
dass du sagen müsstest: Wer will für uns über das Meer fahren
und es uns holen, dass wir’s hören und tun?
Denn es ist das Wort ganz nahe bei dir,
in deinem Munde und in deinem Herzen, dass du es tust.

Ihr wisst, was zu tun ist. Das Gebot, es ist in eure Herzen geschrieben.
Damit meint Mose als Mensch des alten Orients nicht das Gefühl.
Das Herz, es ist im alten Israel das Zentrum der Entscheidungen.
Mose sagt also: Gott hat sich für Euch entschieden. Und Ihr Euch für ihn.
Mit allen Konsequenzen. Ihr seid jetzt dran.
Macht es besser als Eure Vorfahren.
Wartet nicht auf neue Zeichen vom Himmel.
Sondern tut, was ihr zu tun habt.
Auf dass es Euch wohl ergeht in dem Land
hinter dem Jordan.
Auf dass Liebe und Frieden herrsche unter Euch
und allen Menschenkindern.

Diejenigen, die die Worte des Mose aufgeschrieben haben,
nachdem sie von Generation zu Generation weitergegeben wurden,
wissen längst, wie die Geschichte weitergeht:
Gott steht zu seinem Volk.
Aber auch die neue Generation wird vergessen,
was da eigentlich in ihr Herz geschrieben ist.
Israel wird fallen. Das Exil wird kommen.

Und immer wieder werden Propheten kommen,
die neu daran erinnern:
Tut nicht so, als läge es nicht auch an Euch.
Hört auf mit den Ausreden.
Schaut nicht zum Himmel.
Das Wort ist ganz nahe bei Euch,
in Euren Mündern und in Euren Herzen, dass Ihr es tut.

Und dann, viele Generationen später,
wird einer kommen, aus dem Gottesvolk,
der ist ein Handwerkersohn aus Nazareth.
Auch er wird an das erinnern, was Mose einst am Jordan sprach.
Er wird auf einen Berg treten
und sagen:

„Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen bin, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen; ich bin nicht gekommen aufzulösen, sondern zu erfüllen.“
Liebt Gott und liebt euren Nächsten wie Euch selbst.
Dieses Wort ist ganz nahe bei uns. Es ist in unseren Herzen. Und in unserem Mund.
Machen wir es hörbar. Tun wir es. Hier und heute.
In dieser Stadt, zusammen mit unseren jüdischen Geschwistern,
die das Erbe Moses weitertragen.
Auch dann, wenn sie um ihr Leben fürchten müssen.
Wir sind dran. Es liegt an uns.
Auf dass Liebe und Frieden herrsche unter Uns
und allen Menschenkindern.
Amen.

  • Ein Gebet miteinander und füreinander

Ganz nah ist dein Wort,
gütiger und liebender Gott.
Wenn wir dich suchen,
bist du längst da.
Wenn wir in Angst sind,
hast du Rat und Trost.
Ohne dein Wort wäre die Welt kalt und tot.
Wir bitten dich:
Sprich und erbarme dich.

Sprich dein Wort zu den Mächtigen,
damit ihre Worte einen und verbinden,
damit ihre Taten helfen und schützen,
damit ihre Pläne dem Frieden und der Gerechtigkeit dienen.
Wir bitten dich:
Sprich und erbarme dich.

Sprich dein Wort zu den Kranken,
zu den Infizierten,
zu denen, die pflegen und heilen.
Sprich damit dein Wort Trost gibt
und die Angst vertreibt,
damit die Einsamkeit weicht,
damit dein Wort Mitgefühl und Liebe weckt
und die Kälte und Verachtung vertreibt.
Wir bitten dich:
Sprich und erbarme dich.

Sprich dein Wort zu unseren jüdischen Geschwistern,
damit sie heute deine Weisungen mit Freude feiern.
Sprich dein Wort zu uns,
damit wir es tun.
Sprich dein Wort zu denen,
die zu uns gehören,
damit sie leben.
Sprich dein Wort zu den Suchenden,
damit sie dich finden.
Wir bitten dich:
Sprich und erbarme dich.

Ganz nah ist dein Wort,
gütiger und liebender Gott.
Heute und morgen und alle Tage
durch Jesus Christus.

Amen.

  • Segen (nach 5. Buch Mose 31,6)

Seid mutig und stark!
Habt keine Angst, und lasst euch nicht von ihnen einschüchtern
Der Herr, euer Gott, geht mit euch.
Er hält immer zu euch und lässt euch nicht im Stich!
Amen.

(Pfr. Dr. Georg Bucher)

90 Jahre Lutherkirche – Interviews mit Gemeindegliedern

Anlässlich des 90-jährigen Bestehens der Lutherkirche im Jahr 2019 befragte Peter Berg verschiedene Personen der Gemeinde nach ihrem Leben und was Gemeinde für sie bedeute. Hieraus entstand ein etwa 50-minütiges Feature als ein Mosaik aus Einzelgeschichten, das die Gemeinschaft als Mittelpunkt hat.

Peter Berg ist freischaffender Autor und Mitveranstalter der Halleschen „Lesebühne Kreis mit Berg“. 2019 erschien sein Debut „Letzter Mann“ im Mitteldeutschen Verlag.

Erntedank 2020

  • Eröffnung

Dankbar zu sein klingt leicht. Aus vollem Herzen dankbar zu sein und dich zu preisen, großer Gott, ist leicht und schwer zugleich. Mit kindlichen Herzen kommen wir zu dir.
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

  • Ein Lied: „Wir pflügen und wir streuen“ (EG 508)

Strophe 1

Wir pflügen, und wir streuen
den Samen auf das Land,
doch Wachstum und Gedeihen
steht in des Himmels Hand:
der tut mit leisem Wehen
sich mild und heimlich auf
und träuft, wenn heim wir gehen,
Wuchs und Gedeihen drauf.

Refrain

Alle gute Gabe kommt her von Gott, dem Herrn,
drum dankt Ihm, dankt, drum dankt Ihm, dankt,
und hofft auf Ihn.

Strophe 2

Er sendet Tau und Regen
und Sonn und Mondenschein
und wickelt Seinen Segen
gar zart und künstlich ein
und bringt ihn dann behände
in unser Feld und Brot,
es geht durch unsre Hände,
kommt aber her von Gott.

Refrain (Wdh.)

Alle gute Gabe kommt her von Gott, dem Herrn,
drum dankt Ihm, dankt, drum dankt Ihm, dankt,
und hofft auf Ihn.

Strophe 3

Was nah ist und was ferne,
von Gott kommt alles her,
der Strohhalm und die Sterne,
das Sandkorn und das Meer.
Von Ihm sind Büsch und Blätter,
und Korn und Obst von Ihm,
das schöne Frühlingswetter
und Schnee und Ungestüm.

Refrain (Wdh.)

Alle gute Gabe kommt her von Gott, dem Herrn,
drum dankt Ihm, dankt, drum dankt Ihm, dankt,
und hofft auf Ihn.

Strophe 4

Er lässt die Sonn aufgehen,
Er stellt des Mondes Lauf;
Er lässt die Winde wehen
und tut die Wolken auf.
Er schenkt uns soviel Freude,
Er macht uns frisch und rot;
er gibt den Kühen Weide
und Seinen Kindern Brot.

Refrain (Wdh.)

Alle gute Gabe kommt her von Gott, dem Herrn,
drum dankt Ihm, dankt, drum dankt Ihm, dankt,
und hofft auf Ihn.

  • Aus Psalm 104

Lobe den HERRN, meine Seele!
Du lässest Brunnen quellen in den Tälern,
dass sie zwischen den Bergen dahinfließen,
dass alle Tiere des Feldes trinken
und die Wildesel ihren Durst löschen.
Darüber sitzen die Vögel des Himmels
und singen in den Zweigen.
Du tränkst die Berge von oben her,
du machst das Land voll Früchte, die du schaffest.
Du lässest Gras wachsen für das Vieh
und Saat zu Nutz den Menschen,
dass du Brot aus der Erde hervorbringst,
dass der Wein erfreue des Menschen Herz
und sein Antlitz glänze vom Öl
und das Brot des Menschen Herz stärke.

Es wartet alles auf dich,
dass du ihnen Speise gebest zu seiner Zeit.
Wenn du ihnen gibst, so sammeln sie;
wenn du deine Hand auftust, so werden sie mit Gutem gesättigt.
Verbirgst du dein Angesicht, so erschrecken sie;
nimmst du weg ihren Odem, so vergehen sie und
werden wieder Staub.
Du sendest aus deinen Odem, so werden sie geschaffen,
und du machst neu das Antlitz der Erde.
Ich will dem HERRN singen mein Leben lang
und meinen Gott loben, solange ich bin.

  • Gedanken zum Lied „Wir pflügen und wir streuen“ von Matthias Claudius

Wieder bleibe ich bei der Zeile hängen: „Er wickelt seinen Segen gar zart und künstlich ein.“ Zart und künstlich gibt Gott mir das, was ich zum Leben brauche. Diese Zeile rührt mich zur Dankbarkeit. Und doch: Was für eine seltsame Formulierung!? Nach heutigem Sprachgebrauch klingt es fast negativ. Wie ein Strauß künstlicher Blumen, der nur für den Notfall dient oder für gießfaule Zeitgenossen. Und auch die Sprachgeschichte verrät, dass das Künstliche zwar nicht schlecht sein muss, aber doch eher auf die menschliche Kunstfertigkeit und Wissenschaft verweist. Ausgerechnet ein Wissenschaftler zu Claudius‘ Zeiten aber benutzt diese Wendung zur Beschreibung des göttlichen Werkes. In der Insecto-Theologia des Friedrich Christian Lesser heißt es: „Es sind solche Flügel [der Insekten] über alle Maßen zart und künstlich, daß sie wohl für ein rechtes Kunststück des weisen Schöpfers passieren [also gelten] können“. Dieser Naturforscher erkennt darin Gottes Werk. Seine Erkenntnis entspricht dem Denken des Lieddichters Claudius. Den Strohhalm und den Sperling, die kleinen Dinge ordnen sie ebenso dem Machtbereich Gottes zu wie die großen Dinge, das Meer und die Sterne. Claudius wehrt sich damit auch gegen die Theologie seiner Zeit, die den Unterschied zwischen Wissenschaft und Religion nur darin sieht, dass die Religion den Tatsachen der Welt einen bestimmten Wert zuweist. Der Gedanke an Gott wurzelt demnach nur noch in der frommen Gesinnung des Menschen.

Ändert sich die Gesinnung der Menschen, können sie Gott einfach beiseite schieben. Der Spruch aus DDR-Zeiten: „Ohne Gott und Sonnenschein, bringen wir die Ernte ein!“ stellt nur die konsequente Fortführung dieses Gedankens in einer „wissenschaftlichen Weltanschauung“ dar. Claudius „Bauernlied“ gilt in dieser Weise bis heute. Bewusst gestaltet er es als Aussage im ländlichen Umfeld. Ihm gehören einfache Menschen an, die durch ihre Arbeit und ihre Mühen die Erfahrung teilen, dass eine gute Ernte keine Selbstverständlichkeit ist. Zwar trägt die menschliche „Kunst“ dazu bei, dass ich hier, in diesem reichen Land, ein nahezu sorgenfreies Leben führe. Aber sorgenfrei ist sie für mich nur, wenn ich die daraus weltweit resultierenden Probleme ignoriere. Die allgegenwärtigen Krisen, z.B. die Sorge um das Klima und um die Gesundheit in Zeiten einer globalen Pandemie, stellen mir das vor Augen. Was mich gegenwärtig beschäftigt, hat aber auch seine Ursache in meinem üppigen Lebensstil. Ich führe ihn auf Kosten der Menschen in den Ländern der zweiten und dritten Welt und auf Kosten unabsehbarer Veränderungen in der Natur. Gerne verschließe ich davor die Augen. Ich verschließe sie aus Angst, etwas vom Reichtum abgeben zu müssen, und davor, dass der wissenschaftliche Hochmut die Schöpfung ausreichend durchschaut zu haben glaubt. Zart und künstlich ist das nicht. Das, was menschliche Kunst und Wissenschaft „einwickelt“, ist nur ein Segen für wenige und nur ein Segen auf Zeit.

Der zarte und künstliche Segen Gottes rührt mich. Er ruft Dankbarkeit in mir wach. Diese Dankbarkeit darf aber nicht in meiner Rührung verharren. Sie wäre nur ein Beleg für meine fromme Gesinnung, nur ein Gott aus meinem Geiste. Es ist Zeit, meine Angst zu überwinden und die Augen zu öffnen, zu teilen und Gottes Zärtlichkeit und Kunst zu erkennen. Doch diese Forderung macht mich ratlos. Ich kann es nicht aus eigener Kraft. Ich muss es auch nicht. Ich darf es auch nicht.

Am Ende jeder Strophe im Lied von Matthias Claudius steht ein Gebet, ein Dankgebet.

Alle gute Gabe,

Kommt oben her, von Gott,

Vom schönen blauen Himmel herab.

So heißt es im ursprünglichen Text des Liedes, in des Dichters Szenerie gesungen von einem Chor der Bauern.  Da stehen die Frauen und Männer, in ärmlicher Kleidung, Schwielen an den Händen, aber die harten Züge um die Mundwinkel sind für einen Moment verschwunden. Frieden erfüllt ihre Augen und Hoffnung ihr Herz.

Es sind keine großen Worte, die sie machen. Sie wissen wohl, dass jedes weitere Wort sie wieder von Gott weg führen würde.

So wage auch ich zu schweigen, im Gebet. Amen.

  • Ein Gebet miteinander und füreinander

Gott,
unsere Stimmen sind zu klein,
um Dir zu danken und Dich zu preisen,
die Tiefe und Herrlichkeit deiner Schöpfung zu beschreiben,
deinen Frieden und deine Gerechtigkeit zu begreifen.
Gott,
wir sind zu mutlos und ängstlich,
um für Frieden zu sorgen, auf der Welt und in der Nachbarschaft,
um allen Menschen dieser Welt Nahrung und sauberes Wasser zu beschaffen,
um den Flüchtenden eine Heimat zu geben,
um deine Schöpfung zu bewahren.
Gott,
wir sehen und wissen zu wenig,
um für das Richtige zu bitten,
um zu wandeln in deiner Wahrheit,
um uns aufzurichten aus unserer Angst,
und die nächsten Schritte zu gehen.

Deshalb beten wir mit den Worten Jesu Christi:

Vater unser im Himmel,
geheiligt werde Dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.

  • Segen

Es segne und behüte uns der allmächtige und barmherzige
Gott, + Vater, Sohn und Heiliger Geist.
Er bewahre uns vor Unheil und führe uns zum ewigen Leben.
Amen.

(Pfarrer Olaf Wisch)