2. Sonntag nach Trinitatis 2020

  • Eröffnung

Das Wort Gottes, seine Botschaft zu lesen, zu hören und zu Herzen zu nehmen. Diese Einladung gilt ungeeinschränkt. Jederzeit und an jedem Ort. Gott ist gegenwärtig. Wo immer wir auch sind.

  • Ein Lied: „Kommt her, ihr seid geladen“ (EG 213)

1. Kommt her, ihr seid geladen,
der Heiland rufet euch;
der süße Herr der Gnaden,
an Huld und Liebe reich,
der Erd und Himmel lenkt,
will Gastmahl mit euch halten
und wunderbar gestalten,
was er in Liebe schenkt.

2. Kommt her, verzagte Sünder,
und werft die Ängste weg,
kommt her, versöhnte Kinder,
hier ist der Liebesweg.
Empfangt die Himmelslust,
die heilge Gottesspeise,
die auf verborgne Weise
erquicket jede Brust.

3. Kommt her, betrübte Seelen,
die Not und Jammer drückt,
mit Gott euch zu vermählen,
der wunderbar beglückt.
Kommt, legt auf ewig ab
der Sünde bange Säumnis;
empfanget das Geheimnis,
das Gott vom Himmel gab.

4. O Wonne kranker Herzen,
die mir von oben kam!
Verwunden sind die Schmerzen,
getröstet ist der Gram.
Was von dem Himmel fließt,
hat lieblich sich ergossen;
mein Herz ist gar durchflossen
vom süßen Liebesgeist.

5. Drum jauchze, meine Seele,
hell aus der Sündennacht!
Verkünde und erzähle
die tiefe Wundermacht,
die unermesslich süß,
ein Born der Liebe, quillet
und jeden Jammer stillet,
der fast verzweifeln ließ.

6. Drum jauchze, meine Seele,
drum jauchze deinem Herrn!
Verkünde und erzähle
die Gnade nah und fern,
den Wunderborn im Blut,
die sel’ge Himmelsspeise,
die auf verborgne Weise
dir gibt das höchste Gut

  • Worte aus Psalm 36,6-10

Herr, deine Güte reicht, so weit der Himmel ist,
und deine Wahrheit, so weit die Wolken gehen.

Deine Gerechtigkeit steht wie die Berge Gottes
und dein Recht wie die große Tiefe.
Herr, du hilfst Menschen und Tieren.

Wie köstlich ist deine Güte, Gott,
dass Menschenkinder unter dem Schatten deiner Flügel Zuflucht haben!

Sie werden satt von den reichen Gütern deines Hauses,
und du tränkst sie mit Wonne wie mit einem Strom.

Denn bei dir ist die Quelle des Lebens,
und in deinem Lichte sehen wir das Licht.

  • Worte aus dem Matthäusevangelium 11,25-30

Zu der Zeit fing Jesus an und sprach:
Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde,
dass du dies Weisen und Klugen verborgen hast
und hast es Unmündigen offenbart.
Ja, Vater, denn so hat es dir wohlgefallen.
Alles ist mir übergeben von meinem Vater,
und niemand kennt den Sohn als nur der Vater;
und niemand kennt den Vater als nur der Sohn
und wem es der Sohn offenbaren will.
Kommt her zu mir, alle,
die ihr mühselig und beladen seid;
ich will euch erquicken.
Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir;
denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig;
so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen.
Denn mein Joch ist sanft,
und meine Last ist leicht.

  • Gedanken zum Text

Marion ist nicht glücklich.

Marion hat alles, was sie braucht. Das sagt auch ihre beste Freundin. Wenn sie gemeinsam Kaffee trinken im Garten hinterm Haus. Wenn Marion darauf antwortet, indem sie fast unmerklich mit dem Kopf schüttelt, wendet sich ihre Freundin ab. Während ihrer seltenen Besuche möchte sie keine unglückliche Marion. Oder sie fängt an zu diskutieren. Euer schöner Garten, ruft sie dann aus. Und deine Familie; und einen guten Job hast du auch. Dir geht es doch gut! Guck mal mich; alleine in der Neubauwohnung. Marion überlegt einen Moment, ob sie tauschen wollte. Aber diesen Gedanken weist sie sofort von sich. Das gehört sich nicht. Das darf man nicht, sagt Marions Mutter. Sei geduldig, und nimm das, was Gott dir zugedacht hat für dein Leben. Und alle Menschen um sie herum scheinen das zu bestätigen. Ihr Chef weiß das, wenn er die längst fällige Beförderung mit Marion diskutiert. Ich brauche dich aber in der Abrechnung. Keiner kennt das Programm so gut wie du. Was kann sie da schon noch sagen. Ihre Kinder wissen das, wenn sie sich zwei- oder dreimal im Jahr melden. Sie wohnen weit weg. Singapur und Köln; die Entfernung zwischen Singapur und Köln scheint unbedeutender zu sein als die zwischen Köln und Delitzsch. Wir haben jetzt unser eigenes Leben, sagen sie. Trotzdem vermisst Marion sie. Sei geduldig und trage dein Schicksal, trage das, was Gott dir zugedacht hat, raunt Marions Mutter. So geduldig wie ihr Mann Lutz vielleicht, denkt Marion. Der hat sich längst abgefunden mit der pragmatischen Beziehung zwischen ihnen. Sie kümmern sich umeinander. Lutz ist verlässlich, ein feiner Kerl; das sagen alle aus der Bekanntschaft. Eine gute Partie. Was sollte Marion da schon vermissen?

Marion hat alles, was sie sich wünschen könnte. Was betrübst du dich meine Seele und bist so unruhig in mir? Sie liegt auf dem Rücken, den Kopf an die Wand gelehnt. Ihr Kehlkopf ist verengt, die Luft brennt, der Atem fließt flach. Der Druck strömt aus der verbrauchten Luft des Schlafzimmers in ihre Kehle, in ihre Lungen, legt sich ihr auf die Seele. Ein großer Druck, dem sie zu widerstehen sucht. Sie legt sich auf die Seite. In ihrem Rücken schläft Lutz mit regelmäßigen Atemzügen auf der anderen Seite des Bettes. Marions Blick fällt auf den gerahmten Druck ihres Konfirmationsspruches, der mahnend auf dem Nachttisch wacht: Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen. Ein Geschenk ihrer Mutter zur Hochzeit. Natürlich. Schwer liegt das Joch auf den Schultern, Marion kann sich nicht losreißen von ihrem Leben. Sie liest: sanftmütig und von Herzen demütig; sie liest: Ruhe finden für eure Seelen. Überrascht nimmt sie wahr, dass ihr dabei leichter wird. Ausgerechnet der Spruch ihrer Mutter, denkt sie, gelöst und verärgert zugleich. Wer weiß denn wirklich, was Gott uns aufträgt, und welche Last damit verbunden ist. Wer kann schon wissen, was das Leben für uns bereit hält? Sanftmut und Demut; Seelenruhe und das Joch zugleich? Die Fragen bleiben, aber ihr Atem geht jetzt so gleichmäßig wie der ihres Mannes. Sie dreht sich weg von ihrem Konfirmationsspruch. Sie rutscht etwas näher an Lutz. Sie flüstert. Lutz? Er reibt sich die Augen. Ja? Lutz, ist schön, dass du da bist, sagt sie.

Amen.

  • Ein Gebet miteinander und füreinander

Hast du uns das zugedacht,
Herr, was uns das Leben schwer macht?

Ist es dein Joch

oder das Joch unserer unbezähmbaren menschlichen Schwächen?

Lehre uns den Unterschied
durch deinen Sohn Jesus Christus.

Mit seinen Worten beten wir:

Vater unser im Himmel,
geheiligt werde Dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.

  • Segen

Es segne und behüte uns der allmächtige und barmherzige
Gott, + Vater, Sohn und Heiliger Geist.
Er bewahre uns vor Unheil und führe uns zum ewigen Leben.
Amen.

(Pfarrer Olaf Wisch)