Sexagesimae 2021

  • Eröffnung

Öffnet eure Ohren und eure Herzen, öffnet euch dem Herrn mit ganzer Seele. Alles was uns auf der Seele liegt, tun wir ab, dass wir seine Stimme hören können. So haben sein Trost und seine Stärke Platz in unseren Häusern und Wohnungen.
AMEN.

  • Ein Lied: „Gott hat das erste Wort“ (EG 199)

1 Gott hat das erste Wort. Es schuf aus Nichts die Welten
und wird allmächtig gelten und gehn von Ort zu Ort.

2 Gott hat das erste Wort. Eh wir zum Leben kamen,
rief er uns schon mit Namen und ruft uns fort und fort.

3 Gott hat das letzte Wort, das Wort in dem Gerichte
am Ziel der Weltgeschichte, dann an der Zeiten Bord.

4 Gott hat das letzte Wort. Er wird es neu uns sagen
dereinst nach diesen Tagen im ewgen Lichte dort.

5 Gott steht am Anbeginn, und er wird alles enden.
In seinen starken Händen liegt Ursprung, Ziel und Sinn.

  • Aus Psalm 119

Herr, dein Wort bleibt ewiglich,
so weit der Himmel reicht;
deine Wahrheit währet für und für.
Du hast die Erde fest gegründet, und sie bleibt stehen.
Nach deinen Ordnungen bestehen sie bis heute;
denn es muss dir alles dienen.
Wenn dein Gesetz nicht mein Trost gewesen wäre,
so wäre ich vergangen in meinem Elend.
Dein Wort ist meinem Munde süßer als Honig.
Dein Wort macht mich klug;
darum hasse ich alle falschen Wege.
Dein Wort ist meines Fußes Leuchte
und ein Licht für meinen Pfad.
Stütze mich nach deiner Zusage, so werde ich leben.
Lass mich nicht beschämt werden in meiner Hoffnung!  

  • Worte aus Lukas 8,4-15

Als nun eine große Menge beieinander war und sie aus jeder Stadt zu ihm eilten, sprach er durch ein Gleichnis: Es ging ein Sämann aus zu säen seinen Samen. Und indem er säte, fiel einiges an den Weg und wurde zertreten, und die Vögel unter dem Himmel fraßen’s auf. Und anderes fiel auf den Fels; und als es aufging, verdorrte es, weil es keine Feuchtigkeit hatte. Und anderes fiel mitten unter die Dornen; und die Dornen gingen mit auf und erstickten’s. Und anderes fiel auf das gute Land; und es ging auf und trug hundertfach Frucht. Da er das sagte, rief er:
Wer Ohren hat zu hören, der höre!
Es fragten ihn aber seine Jünger, was dies Gleichnis bedeute. Er aber sprach: Euch ist’s gegeben, zu wissen die Geheimnisse des Reiches Gottes, den andern aber ist’s gegeben in Gleichnissen, dass sie es sehen und doch nicht sehen und hören und nicht verstehen.
Das ist aber das Gleichnis: Der Same ist das Wort Gottes. Die aber an dem Weg, das sind die, die es hören; danach kommt der Teufel und nimmt das Wort von ihrem Herzen, damit sie nicht glauben und selig werden. Die aber auf dem Fels sind die: Wenn sie es hören, nehmen sie das Wort mit Freuden an. Sie haben aber keine Wurzel; eine Zeit lang glauben sie, und zu der Zeit der Anfechtung fallen sie ab. Was aber unter die Dornen fiel, sind die, die es hören und gehen hin und ersticken unter den Sorgen, dem Reichtum und den Freuden des Lebens und bringen keine Frucht zur Reife. Das aber auf dem guten Land sind die, die das Wort hören und behalten in einem feinen, guten Herzen und bringen Frucht in Geduld.

  • Gedanken zum Text

Von dem Gleichnis der vierfachen Saat heißt es: Vieles geht verloren, aber die Mühe zahlt sich dennoch aus. Ein einfaches Rechenbeispiel dazu: 100 Körner werden ausgesät; 25 fallen auf den Weg, 25 fallen unter die Dornen, 25 fallen auf den Fels, 25 fallen auf guten Boden; die letzteren bringen hundertfach Frucht, also 2500 Körner; der Einsatz der Körner hat sich also bezahlt gemacht, obwohl 75 % der Saat verloren gegangen ist: Wer Ohren hat, der höre. Es lohnt sich doch!
Heißt das also: Ein Viertel der Zuhörer nehmen das Wort Gottes in rechter Weise auf. Es wird ihnen weder genommen (vom Teufel), noch zweifeln sie es – auf dem Felsen – in der Zeit der Not an, noch vergessen sie es unter den Freuden und Lasten – den Dornen – des Alltags? Und was diesen „fruchtbaren“ Menschen zueigen ist, ist ein Vielfaches dessen, was verlorengegangen ist. Dennoch, trotz dieser positiven Aussicht, wurmt mich diese Deutung. Drei Viertel der Menschen werden einfach im Stich gelassen?
So, wie Jesus es den Jüngern sagt, ist es das Gleichnis, das mich erahnen lässt, wie das Himmelreich gemeint ist. Aber letztendlich bleibt hinter seinen Worten und Bildern ein Geheimnis, das nur den Jüngern erschlossen wird. Das Gleichnis verbirgt hinter seiner Anschaulichkeit aus dem Bereich das Ackerbaues das eigentliche Geheimnis meiner Existenz in Gottes Welt.
Es kann passieren, dass ich diesem Bild, das die wahre Ansicht vom Reich Gottes sowohl zeigt als auch verbirgt, meine eigene Deutung hinzufüge. Ein Stück meines Lebens und das meiner Mitmenschen streue ich über den Acker des Gotteswortes aus.
Ich glaube, dass das Gleichnis nicht nur davon spricht, wie hoch der Anteil der Zuhörer ist, die wahrhaft hören und die Ohren aufsperren. Das Gleichnis spricht auch davon, wie ich selbst im Verlauf meines Glaubens-Lebens dem Wort Gottes mich öffne, verschließe, es verwerfe und vergesse.
Es gibt die Zeiten des Zweifels und der Anfechtung, die Zeiten des Vergessens und die Zeiten, der Gottesferne und -finsternis. Selbst sehr fromme Menschen berichten davon. Mutter Teresa etwa notiert im September 1959: „Es schmerzt ohne Unterlass. Ich habe keinen Glauben. Man erzählt mir, dass Gott mich liebt, jedoch ist die Realität von Dunkelheit und Kälte und Leere so überwältigend, dass nichts davon meine Seele berührt.“ Die eine mehr, der andere weniger. Aber im Ganzen gesehen, trage ich in mir teils das felsige, teils das unbebaubare, teils das dornige und teils das fruchtbare Gebiet, das die vierfache Saat aufnimmt. Drei Viertel gehen davon verloren. Aber das eine Viertel lohnt sich. Die düsteren Zeiten werden in Gottes Augen vielfach wett gemacht durch das eine Viertel oder Fünftel oder Zehntel, das dem Wort Gottes fruchtbare Erde bietet.
Vielleicht ist es sogar auch nur ein Moment an diesem Tag, in dieser Woche, die mich durch die Düsternis trägt. Für Gott ist es mehr als genug. Wenn ich das glauben kann, geht keines seiner Worte verloren.
Amen.

  • Ein Gebet miteinander und füreinander

Herr, wenn wir wirklich hören können,
dann ist ausreichend Platz für Sanftmut
und Besonnenheit in diesen schwierigen Zeiten.
Dann trägt jeder seine Verantwortung,
in der Politik, in der Wirtschaft und in der Medizin
zum Besten seiner Mitmenschen.
Herr, öffne unsere Ohren und unser Herz.

Herr, wenn wir wirklich hören können,
dann ist ausreichend Platz für die Gewissheit,
dass deine Gemeinde fruchtbar sein kann
in dieser Welt. So vieles führt uns weg
von Gott und seinen Geboten. Aber ohne Unterlass
sagen wir es weiter mit allen Kräften,
die uns zu deinem Gebote stehn.
Herr, öffne unsere Ohren und unsere Seele.

Herr, wenn wir wirklich hören können,
dann hören wir deine Stimme und dein Wort
in und mit den Stimmen unserer Nächsten.
Dann wenden wir uns nicht ab
sondern kehren um zu denen, die unsere
Stimme, unseren Trost und unsere Kraft
so bitternötig haben.
Herr, öffne unsere Ohren und unsere Liebe.

Herr, wenn wir wirklich hören können,
dann ist unser Acker von Kopf bis Fuß
gepflügt, geeggt, umgegraben, gedüngt und gewässert
für die Zuversicht, dass wir in dir getragen sind.
Herr, öffne unsere Ohren und unseren Glauben. 

  • Segen (nach 5. Buch Mose 31,6)

Seid mutig und stark!
Habt keine Angst, und lasst euch nicht von ihnen einschüchtern!
Der Herr, euer Gott, geht mit euch.
Er hält immer zu euch und lässt euch nicht im Stich!
Amen.

(Pfr. Olaf Wisch)