Rogate 2020

  • Votum

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heilgen Geistes. Amen.

  • Eröffnung

Gelobt sei Gott, der mein Gebet nicht verwirft
noch seine Güte von mir wendet.

Dieses Wort aus dem Psalm 66 steht über dieser Woche,
die wir wieder mit einem Gottesdienst in der Kirche eröffnen.
Es sagt uns zu, dass Gott uns hört;
unter dem Kirchendach ebenso wie in unserem Zuhause.

  • Lied: „Der schöne Ostertag“ (EG 117)
  • Psalm

Worte aus Psalm 95

Kommt herzu, lasst uns dem Herrn frohlocken

und jauchzen dem Hort unsres Heils!

Lasst uns mit Danken vor sein Angesicht kommen

und mit Psalmen ihm jauchzen!

Denn der Herr ist ein großer Gott

und ein großer König über alle Götter.

Denn in seiner Hand sind die Tiefen der Erde,

und die Höhen der Berge sind auch sein.

Denn sein ist das Meer, und er hat’s gemacht,

und seine Hände haben das Trockene bereitet.

Kommt, lasst uns anbeten und knien

und niederfallen vor dem Herrn, der uns gemacht hat.

Denn er ist unser Gott

und wir das Volk seiner Weide und Schafe seiner Hand.

  • Evangelium

Worte aus dem Matthäusevangelium im 6. Kapitel Verse 5-15

Und wenn ihr betet, sollt ihr nicht sein wie die Heuchler, die gern in den Synagogen und an den Straßenecken stehen und beten, um sich vor den Leuten zu zeigen. Wahrlich, ich sage euch: Sie haben ihren Lohn schon gehabt. Wenn du aber betest, so geh in dein Kämmerlein und schließ die Tür zu und bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist; und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir’s vergelten. Und wenn ihr betet, sollt ihr nicht viel plappern wie die Heiden; denn sie meinen, sie werden erhört, wenn sie viele Worte machen. Darum sollt ihr ihnen nicht gleichen. Denn euer Vater weiß, was ihr bedürft, bevor ihr ihn bittet. Darum sollt ihr so beten:

Unser Vater im Himmel! Dein Name werde geheiligt.

Dein Reich komme. Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.

[Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.]

Denn wenn ihr den Menschen ihre Verfehlungen vergebt, so wird euch euer himmlischer Vater auch vergeben. Wenn ihr aber den Menschen nicht vergebt, so wird euch euer Vater eure Verfehlungen auch nicht vergeben.

  • Gedanken zum Text

Liebe Hörerin, lieber Hörer,

Das Vaterunser hat besonderes Gewicht in unserem Glaubensleben. Ich frage mich, wann ich es wohl zum ersten Mal gehört habe. In meiner Familie, die der Kirche sehr nahe stand, sicher schon früh. Heute weiß man, dass dem ungeborenen Menschen die Stimme seiner Mutter bereits im Mutterleib vertraut ist. Ich vermute deshalb,  dass ich den besonderen Rhythmus der Worte schon vor meiner Geburt vernommen habe.
Es gibt aber eine Zeit in meinem Leben, da ist mir dieses Gebet besonders wichtig geworden. Die ersten Besuche als Seelsorger habe ich oft mit diesem Gebet abgeschlossen. Mir war es deshalb wichtig, dass ich es nicht nur in der Gemeinschaft sondern auch „allein“ sicher auswendig sprechen kann. Learning by Heart, heißt es im Englischen; dass es von Herzen kommt.

Die große Kraft, die dieses Gebet in sich trägt, rührt von seinem häufigen Gebrauch her. So wird es laut, wenn in der Gemeinde gemeinsam gebetet wird; ebenso aber auch leise, wenn ich es etwa in großer Not oder aus Dankbarkeit nur für mich und meinen Nächsten spreche.

Darüber hinaus hat es einen gewichtigen Ort in der Bibel. Im Matthäusevangelium steht es – im buchstäblichen Sinne – inmitten der Bergpredigt; jener großen Rede Jesu, die über mein Verhältnis zu Gott und seinen Geboten umfassend, ernst und hoffnungsvoll nachdenkt. Meine ganze christliche Existenz wird darin erschlossen. Diese Gedanken Jesu bewegen sich um den Mittelpunkt des Vaterunsers. Was hier zur Sprache kommt, kann somit als der Kern meines Lebens in Jesus Christus angesehen werden. Demut und Vergebung sind die nächsstehenden Stücke der Rede, die das Gebet unmittelbar umgeben. Was du Gott zu sagen hast, kommt von ihm. Rühme dich damit nicht öffentlich, sondern spreche sie im stillen Kämmerlein. So leitet Jesus sinngemäß das Vaterunser ein. Sanft und zärtlich und zurückhaltend soll mein Gottesverhältnis sein. Es taugt nicht, damit anzugeben oder vor anderen damit groß zu tun. Es taugt nicht für meine Begierden nach Macht und Einfluß über andere Menschen. Wie oft wird und wurde diese Forderung mißachtet. Der wahre Grund dieses Gebet aber ist einerseits das Geschenk dieser Worte, das ich vom Gottessohn selbst erhalten habe. Von Anfang an kann ich mich dort hineinfallen lassen. Wenn mir nichts mehr einfällt, wenn ich verzweifelt bin und mir die Worte fehlen, spreche ich das Vaterunser. Der eingangs geschilderte Umstand, dass ich sie wohl schon im Bauch der Mutter gehört habe, ist dafür ein sprechendes Bild. Warm und geborgen finde ich Schutz und Frieden in diesen Worten. Andererseits liegt sein Grund im Umgang  mit meinen Mitmenschen. So wie Jesus in der Bergpredigt die Gebote Gottes auslegt, legt auch das Vaterunser großes Gewicht auf die Vergebung, die mir oft so schwer fällt ebenso wie auf die Versuchungen, denen ich so leicht erliegen kann. Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. So endete ursprünglich das Gebet. Still und nachdenklich, von der dringenden Forderung durchwoben, dem Gebot der Nächstenliebe und schließlich auch dem Gebot der Gottesliebe durch den eigenen Sinneswandel und durch eigene Friedfertigkeit zu genügen.

Denn euer Vater weiß, was ihr bedürft, bevor ihr ihn bittet; das sagt mir Jesus zu.  Jedes Wort des Vaterunsers richte ich deshalb zunächst auf meinen Nächsten. Durch ihn führt es direkt zu Gott. Dort klingt es wie Posaunen, hell und klar; und schenkt mir Gottes Segen und seinen himmlischen Frieden.

Amen.

  • Fürbitten

Gott, guter Vater,

Du weißt, wessen wir bedürfen, in guten und und in bösen Tagen.
Manchmal fällt es uns aber schwer,
dafür gute Worte zu finden.

Nicht nur für unsere Not hier,
der wir einerseits in Dankbarkeit gegenüberstehen;
wie wohl behütet wir hier sind,
gut versorgt, medizinisch, mit ausreichend Lebensmitteln und einem Dach über dem Kopf;
der wir andererseits abspüren, wie wir tief in uns wirklich ticken.

Nein, auch über das Naheliegende hinaus:
dort, wo Menschen nicht nur mit dem Virus kämpfen;
sondern ebenso mit Krieg, mit Hunger, mit Gewalt;
dort, wo Menschen in unserer Nähe
jetzt besonders spüren, wie schwer die Einsamkeit und der Verlust eines lieben Menschen wiegen können.
Herr, durch deine Worte senke in unsere Herzen;
dass wir das Volk deiner Weide sind und Schafe in deiner Hand:

Vater unser im Himmel,
geheiligt werde Dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.

  • Lied: „Vater unser, Vater im Himmel“ (EG 188)
  • Segen

Es segne und behüte uns der allmächtige und barmherzige
Gott, + Vater, Sohn und Heiliger Geist.
Er bewahre uns vor Unheil und führe uns zum ewigen Leben.
Amen.

(Pfarrer Olaf Wisch)