Miserikordias Domini (23.04.)2023

  • Anfangen

In deinen Händen, Herr, steht unsere Zeit.
Denke an mich in deiner Gnade.
Erhöre mich und hilf mir. Amen.
Eröffnung
Der Wochenspruch für die neue Woche steht im Johannesevangelium Kapitel 10, Verse 11a, 27+28a.
Christus spricht: ich bin der gute Hirte. Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie und sie folgen mir; und ich gebe ihnen das ewige Leben.

  • Lied: „Strahen brechen viele“ (Evangelisches Gesangbuch 268)

Strahlen brechen viele aus einem Licht. Unser Licht heißt Christus.
Strahlen brechen viele aus einem Licht- und wir sind eins durch ihn.l

Zweige wachsen viele aus einem Stamm. Unser Stamm heißt Christus.
Zweige wachsen viele aus einem Stamm- und wir sind eins durch ihn.

Gaben gibt es viele, Liebe vereint. Liebe schenkt uns Christus.
Gaben gibt es viele, Liebe vereint- und wir sind eins durch ihn.

Dienste leben viele aus einem Geist, Geist von Jesus Christus.
Dienste leben viele aus einem Geist- und wir sind eins durch ihn.

Glieder sind es viele, doch nur ein Leib. Wir sind Glieder Christi.
Glieder sind es viele, doch nur ein Leib- und wir sind eins durch ihn.

  • Psalm 23

Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.
Er weidet mich auf einer grünen Aue und
führet mich zum frischen Wasser.
Er erquicket meine Seele.
Er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen.
Und ob ich schon wanderte im finstern Tal,
fürchte ich kein Unglück;
denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.
Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde.
Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein.
Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang,
und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar.

  • Biblische Lesung: 1.Petrus 5,1-4

Die Ältesten unter euch ermahne ich,
der Mitälteste und Zeuge der Leiden Christi,
der ich auch teilhabe an der Herrlichkeit, die offenbart werden soll:
Weidet die Herde Gottes, die euch anbefohlen ist, und achtet auf sie,
nicht gezwungen, sondern freiwillig, wie es Gott gefällt,
nicht um schändlichen Gewinns willen, sondern von Herzensgrund,
nicht als solche, die über die Gemeinde herrschen,
sondern als Vorbilder der Herde.
So werdet ihr, wenn erscheinen wird der Erzhirte,
die unverwelkliche Krone der Herrlichkeit empfangen.

  • Gedanken zum Text

Liebe Gemeinde,
ist die Kirche noch zu retten? So war es vor einigen Wochen in der Tagespresse wie auch der Kirchenpresse zu lesen.
Schwindende Gemeindegliederzahlen durch Austrittswellen, weniger Taufen und Konfirmationen als Beerdigungen, Desinteresse an kirchlichen Angeboten (Gottesdiensten etc.), schwindende Religiosität (mit den Inhalten der kirchlichen Festzeiten weiß man nichts mehr anzufangen, sie mutieren zu Konsumfesten).
Die Landeskirchen versuchen mit Reformprgrammen Wege zu finden.
Das macht vielen Angst oder führt zur Frustration.
Den Bibeltext für die heutige Predigt könnte ein Gemeindeberater geschrieben haben, der sich mit Ängsten und Zukunftsfragen auskannte.
Er ist schon etwas älter. Seine Erfahrrungen hat er um die Jahrhundertwende des 1. Jahrhunderts gemacht.
Schon damals hat er Gemeinden Mut gemacht, sich ihren Ängsten zu stellen. Er gibt denen, die sich schon damals fragten:
Gibt es für uns Christen noch eine Zukunft? Wie soll es weitergehen? eine Gebrauchsanweisung.
Eine Antwort hören wir im 1. Petrusbrief 5, 1 – 4.
Die Ältesten unter euch ermahne ich: Weidet die Herde Gottes bei euch – nicht gezwungen sondern freiwillig, so wie Gott es will; nicht gewinnsüchtig, sondern aufopfernd; auch nicht als Herren, die über ihren Pfründen verfügen, sondern als Vorbilder für die Herde.
Dann werdet ihr auch, wenn der Erzhirte (Christus) erscheinen wird, mit einem unverwelklichen Kranz von Herrlichkeit geschmückt werden.
Und nun stellen sie sich vor; wir alle hier sitzen in einer Gemeindeversammlung zur Zukunft unserer Gemeinden.
Der Leiter, nennen wir ihn Petrus, will uns weiterhelfen. Er begrüßt uns: Liebe Gemeinde oder, heute am Sonntag des guten Hirten, liebe Schafe!
Ich denke, dass manche von uns da schon genug hat.
Wer will schon gern Schaf sein! Blökend alle brav hintereinander hergehen, auf den Hirten angewiesen, der den Weg vorgibt?
Nein, nicht mit uns!
Doch dann zitiert Petrus den Psalm 23 und die vertrauten Worte wecken ein wohliges Gefühl in mir.
Der Herr ist mein Hirte! Wie gut tut es, sich Gott als kümmernden sich sorgenden mich begleitenden Hirten vorzustellen. Der meine Seele erquickt. Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal fürchte ich kein Unglück. Du bist bei mir. Dein Stecken und Stab trösten mich.
Und es geht noch weiter.
Petrus erzählt vom verlorenen Schaf, dem Gott nachgeht, weil es ihm wichtig ist.
Er gesteht uns: Diese Bilder gehören zu mir und zu allen meiner Zeit.
Schaf und Hirte.
Während ich zuhöre denke ich: Wie gut muss das tun, Menschen zu begegnen, die sich um mich kümmern, die sich für mich einsetzen, die wollen, dass es mir gut geht.
Aber seine nächsten Worte machen mich stutzig.
Und deshalb bitte ich euch, die ihr heute lebt: Schlüpft in die Rolle der Hirten, seid die, die aufeinander achten. Weidet die Schafe.
Aber, wie gelingt das lieber Petrus, wie geht das, Schaf und Hirte zugleich zu sein?!
Seine Antwort: Tut es freiwillig, aus freien Stücken, nicht aus Zwang oder weil es sich so gehört.
Tut es nicht, weil ihr euch dabei etwas verdienen könnt, nein tut es von Herzen
In der Freiheit, die uns Gott gegeben und die uns Christus vorgelebt hat.
Ja, aber es muss doch gespart und gekürzt werden, sonst sind wir bald handlungsunfähig. Ein bisschen Gewinn wäre nicht schlecht (für unseren Gemeindehausumbau z.B.)
Gut, stimmt Petrus mir zu. Aber kannst du auch über den eigenen Kirchturm hinausblicken – auf eine Zukunft mit den anderen,
in der man aufeinander achtet?
Und dann ist da noch die Sache mit dem Herrschen.
Wer hat das Sagen, wer bestimmt, wo es lang geht?
Lasse ich die anderen hinter mir und fühle mich als Sieger?
Dann wird das eigene ICH gestreichelt – Aber wie viel unnötiger Streit ergibt sich daraus.
„Ich bin jetzt Bestimmer“, sagt das Kindergartenkind.
„Ich will das Nachbarland besetzen“, sagt der Diktator
und tut es auch.

Wenn wir lebendige Gemeinde der Zukunft sein wollen, dann geht es nicht darum, wer das Sagen hat, wer die wichtigsten Posten bekommt sondern darum Vorbild zu sein.
Wie kann ich handeln, damit ich Vorbild für andere bin.
Das ist die Leitfrage der Gemeindearbeit.
Überzeugen, weil ich selbst überzeugt bin, Herzen erreichen, weil ich vom Herzensgrund her Gemeinde lebe.
Wir, hier im Süden von Halle stehen vor dieser Aufgabe –
mit der Gründung unseres Kirchengemeindeverbandes.
Wie wollen wir als drei unterschiedliche Gemeinden miteinander leben.
Wie können wir unseren Gemeindegliedern Lust aufs Kennenlernen der jeweils anderen machen.
Wie bewältigen wir Schwierigkeiten z.B. der Erreichbarkeit der einzelnen Kirchen für Menschen, die auf die öffentlichen Verkehrsmittel angewiesen sind. Nicht jede Gemeinde hat die Haltestelle direkt vorm Haus so wie wir.
Wie klappt es mit den Informationen über Veranstaltungen aber auch über Freuden und Schwierigkeiten bei den anderen.
Und, und, und…..
Das sind Aufgaben, die, denke ich, mit gutem Willen und Engagement zu bewältigen sind.
Aber eben auch die „kniffligen“ Aufgaben. Wie wird der gemeinsame Haushalt so gestaltet, dass sich niemand zurückgesetzt oder gar übervorteilt sieht.
Das Bau- und notwendige Renovierungsaufgaben gut überlegt angegangen werden.
Das ist nur ein kleiner Teil der Aufgaben, die vor uns liegen und an deren Erledigung unser Handeln als Gemeinde gemessen werden wird.
Was würde unser Moderator Petrus dazu sagen?
Er würde uns Mut machen.
Natürlich springt am Ende auch etwas dabei heraus.
Nicht ohne Lohn gehen wir nach Hause,
wenn uns Gemeinde so gelingt:
Freiwillig, von Herzen, als Vorbilder.
Ich verspreche euch: Eine Krone – wahlweise ein Siegeskranz.
Unverwelklich, ja unkaputtbar.
Und zwar vom Oberhirten persönlich überreicht.
Einen Siegeskranz der Herrlichkeit Schwer vorstellbar ist dieser Preis. Aber stolz und glücklich darf mich dieser Preis machen.
Unverwüstlich.
Ein Preis, der nicht in einer Vitrine verstaubt, sondern mein Leben erhellt.
Ist die Kirche noch zu retten?
Wie Kirche in 20 Jahren aussieht weiß ich nicht und ob Kirchenmitgliedschaft und Gebäude dann noch eine Rolle spielen, weiß ich auch nicht.
Aber eines weiß ich ganz sicher.
Das Bild von Gott gilt auch in 20, 50 oder 500 Jahren.
Und es ist mehr als ein Bild.
Petrus sagt es in schönen Worten so:
„Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch.
Christus wird euch, die ihr eine kleine Zeit leidet, aufrichten, stärken, kräftigen gründen.“ (1.Petrus 5,7)
Und auch so: „Dient einander, ein jeder mit der Gabe, die er empfangen hat, als die guten Haushalter der mancherlei Gnade Gottes. (1.Petrus 4,10).
Dann mache ich mir keine Sorge um die Kirche. Als Gemeinschaft derer, die Gott vertrauen und einander zum Hirten werden.
Amen.

  • Fürbitte

Gott, du guter Hirte,
sieh doch den Mangel, den so viele leiden:
den Mangel an Nahrung, den Mangel an Liebe und Vertrauen zu dir.
Sieh die Müden, sieh die Getriebenen,
die auf falschen Wegen gehen immer weiter weg von dir.
Vergiss nicht, die in Angst leben müssen, deren Leben unglücklich ist
und die keinen Trost mehr finden, auch nicht bei dir.
Denk an die Zerissenen, an die Ungeliebten,
an die, die keine Bleibe haben, auch nicht in deinem irdischen Haus.
Du guter Hirte, so oft fühlen wir uns verloren!
Such uns, bring uns zurück zu dir und erbarme dich über uns.
Vaterunser im Himmel.
Geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

  • Segen

Es segne und behüte uns der allmächtige und barmherzige Gott,
Vater, Sohn und Heiliger Geist.
Er bewahre uns vor Unheil und führe uns zum ewigen Leben.
Amen.

(Gudrun Naumann)