Lätare (27.03.)2022

  • Eröffnung

„Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht.“ Mit diesem Gleichnis ermuntert uns der Evangelist Johannes die Hoffnung als Licht im Leid nicht zu verlieren. Im Lied, im Wort und im Gebet halten wir daran fest.

  • Die Tür hüten in meines Gottes Hause – Worte nach Psalm 84

Wie lieblich sind deine Wohnungen, HERR Zebaoth!
Meine Seele verlangt und sehnt sich nach den Vorhöfen des HERRN;
mein Leib und Seele freuen sich in dem lebendigen Gott.
Der Vogel hat ein Haus gefunden und die Schwalbe ein Nest für ihre Jungen –
deine Altäre, HERR Zebaoth, mein König und mein Gott.
Wohl denen, die in deinem Hause wohnen; die loben dich immerdar.
Wohl den Menschen, die dich für ihre Stärke halten und von Herzen dir nachwandeln!
Wenn sie durchs dürre Tal ziehen, / wird es ihnen zum Quellgrund,
und Frühregen hüllt es in Segen.
Sie gehen von einer Kraft zur andern und schauen den wahren Gott in Zion.
HERR, Gott Zebaoth, höre mein Gebet; vernimm es, Gott Jakobs!
Gott, unser Schild, schaue doch; sieh an das Antlitz deines Gesalbten!
Denn ein Tag in deinen Vorhöfen ist besser als sonst tausend.
Ich will lieber die Tür hüten in meines Gottes Hause
als wohnen in den Zelten der Frevler.
Denn Gott der HERR ist Sonne und Schild; / der HERR gibt Gnade und Ehre.
Er wird kein Gutes mangeln lassen den Frommen.
HERR Zebaoth, wohl dem Menschen, der sich auf dich verlässt!

  • Und ihr Halm ist grün – Ein Lied: Korn, das in die Erde (EG 98)
  1. Korn, das in die Erde, in den Tod versinkt,
    Keim der aus dem Acker in den Morgen dringt.
    Liebe lebt auf, die längst erstorben schien:
    Liebe wächst wie Weizen, und ihr Halm ist grün.
  2. Über Gottes Liebe brach die Welt den Stab,
    wälzte ihren Felsen vor der Liebe Grab.
    Jesus ist tot. Wie sollte er noch fliehn?
    Liebe wächst wie Weizen, und ihr Halm ist grün.
  3. Im Gestein verloren Gottes Samenkorn,
    unser Herz gefangen in Gestrüpp und Dorn –
    hin ging die Nacht, der dritte Tag erschien:
    Liebe wächst wie Weizen, und ihr Halm ist grün.
  • Unsre Hoffnung steht fest für euch – Worte aus dem 2. Brief an die Korinther im 1. Kapitel

Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus,
der Vater der Barmherzigkeit und Gott allen Trostes,
der uns tröstet in aller unserer Bedrängnis,
damit wir auch trösten können, die in allerlei Bedrängnis sind,
mit dem Trost, mit dem wir selber getröstet werden von Gott.
Denn wie die Leiden Christi reichlich über uns kommen,
so werden wir auch reichlich getröstet durch Christus.
Werden wir aber bedrängt, so geschieht es euch zu Trost und Heil;
werden wir getröstet, so geschieht es euch zum Trost,
der sich wirksam erweist, wenn ihr mit Geduld
dieselben Leiden ertragt, die auch wir leiden.
Und unsre Hoffnung steht fest für euch, weil wir wissen:
Wie ihr an den Leiden teilhabt, so habt ihr auch am Trost teil.

  • Schwimm raus! – Gedanken zum Korintherbrief

Das scheint eine einfache Rechnung zu sein. Je mehr ich leide, umso größer ist der Trost. Eine Kaufmannsgleichung. Was ich auf mich nehme, wird mir mit gleicher Münze vergolten. Und das wäre schon viel, bedenke ich, wieviel Leid auf dieser Welt herrscht. Und wie wenig Trost und Hoffnung und Gerechtigkeit.
Paulus macht diese Rechnung auf. Mit Jesus Christus. Jesus kommt von Gott, ist Gott selbst, und leidet wie ein Mensch, und ist doch zugleich Vater der Barmherzigkeit und Gott allen Trostes. Was in ihm verbunden ist, ist auch in Paulus verbunden. Ebenso wie in allen Menschen, die auf diese Gleichung vertrauen. Jesus Christus, wahrer Mensch und wahrer Gott. Schmerzensmann und Muttertrost zugleich.
Eine einfache Rechnung. Aber hat sie was mit meiner Wirklichkeit zu tun? Also mit der Welt, in der ich lebe? Mir geht es gut, viel besser als den meisten Menschen auf der Welt. Und diese erdulden unglaublich große Leiden. Krieg, Tod, Krankheit, Hunger, Missbrauch, Unglück. So viel Leid und so wenig Trost.
Paulus lobt Gott. Mir geht es aber eher wie der jüdischen Mutter:
Der Junge kämpft mit den Wellen, geht unter, kommt wieder hoch. Die Mutter betet verzweifelt: “Bitte, bitte, o Herr, gelobt und gepriesen sei Dein Name, rette meinen einzigen Sohn. Ich will auch alles tun, was Du von mir verlangst, aber erbarme Dich!” Die nächste Welle spült das Kind an den Strand. Verbittert blickt die Mutter nach oben: “Und wo ist seine Mütze?”
(Josef Joffe, Mach dich nicht so klein, du bist nicht so groß!, München 2015, S.80)
Paulus lobt Gott und Jesus ist sein Grund für das Lob. Der eine, der gelitten hat, wird verherrlicht und sitzt zur Rechten Gottes. Mir geht es aber eher wie der Mutter. Es mag absurd sein, dass sie wegen der Mütze klagt. Warum sollte sich Gott um diesen “Kleinkram” kümmern? Verbittert sei die Mutter, und nur dieses eine Wort erzählt mir, wie mühselig ihre Mutterschaft sein mag. Ich kann lächelnd auf die Mütze verzichten. Wo aber liegt die Grenze? Wieviel braucht es, um zu verzweifeln?
Paulus lobt Gott. Anscheinend interessiert ihn nicht die Bitterkeit einer Mutter. Das Leid der Menschen ist ihm im Großen wie im Kleinen vor allem Anlass für eine größere Hoffnung. Darin sind wir Jesus gleich und werden gleich ihm auch zu Gott erhöht werden, betont er. Für das Leid auf dieser Welt bedeutet das erstmal nichts. Später wird sich die Macht Gottes umso deutlicher zeigen.
Darin steckt aber jene alte Frage, die unauflöslich erscheint. Wann kommt der Trost und ist es dann nicht schon zu spät? Im Griechischen bedeutet dieser Trost wortwörtlich übersetzt “Beistand”. Gott ist im Leid bei mir. So gesehen, geht es eben nicht darum, einen Ausgleich zu schaffen und eine Rechnung zu begleichen. Oder anders gesagt: Für das Leid sind wir selbst verantwortlich. Gott aber legt mir ihre mütterliche Hand auf die Schulter und spricht mir Mut zu: Schwimm raus und hol die Mütze!

Amen.

  • Zum Frieden rufen – Miteinander und füreinander beten

Tröste, guter Gott, und stehe uns bei.
Den Menschen in der Ukraine und in allen Ländern, die von Kriegsgewalt erschüttert werden.
Den Menschen, die sich ohnmächtig fühlen und Angst haben vor einer Ausweitung des Krieges.
Den Menschen, denen diese Nachrichten zu viel werden; die sich nach Ruhe sehnen.
Den Menschen, deren Leid so groß ist, dass sie keine Kraft haben, noch an andere zu denken.
Den Menschen, die in ihre Einsamkeit versinken.
Den Menschen, die sich nach Vertrauen sehnen.
Den Menschen, denen der Glaube verloren geht.
Den Menschen, die trauern.

Tröste, guter Gott, und stehe uns bei.
Dass wir gestärkt werden durch deine Zusage,
dass du bei uns bist;
und so gestärkt unserem Nächsten beizustehen.

Wir trösten uns mit den Worten, die Jesus uns gelehrt hat:

Vater unser im Himmel,
geheiligt werde Dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.

  • Segen

Es segne und behüte uns der allmächtige und barmherzige
Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist.
Er bewahre uns vor Unheil und führe uns zum ewigen Leben.
Amen.

(Pfr. Olaf Wisch)