Judika (26.03.)2023

  • Eröffnung

Jesus tritt für uns ein. Der Wochenspruch aus dem Matthäusevangelium stellt das klar heraus: „Der Menschensohn ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene und gebe sein Leben als Lösegeld für viele.“ Für uns Menschen, die an diesem Heil teilhaben, bedeutet das Dankbarkeit und Nächstenliebe. Das ist das Thema des Sonntags Judika in der Passionszeit.

  • Meines Angesichts Hilfe – Ein Psalm (Ps 43)

Schaffe mir Recht, Gott, /
und führe meine Sache wider das treulose Volk
und errette mich von den falschen und bösen Leuten!
Denn du bist der Gott meiner Stärke:
Warum hast du mich verstoßen?
Warum muss ich so traurig gehen,
wenn mein Feind mich drängt?
Sende dein Licht und deine Wahrheit, dass sie mich leiten
und bringen zu deinem heiligen Berg und zu deiner Wohnung,
dass ich hineingehe zum Altar Gottes, /
zu dem Gott, der meine Freude und Wonne ist,
und dir, Gott, auf der Harfe danke, mein Gott.
Was betrübst du dich, meine Seele,
und bist so unruhig in mir?
Harre auf Gott; denn ich werde ihm noch danken,
dass er meines Angesichts Hilfe und mein Gott ist.

  • Zum Baum des Lebens – Ein Lied: „Holz auf Jesu Schulter“ (EG 97)

1 Holz auf Jesu Schulter, von der Welt verflucht,
ward zum Baum des Lebens und bringt gute Frucht.
Kyrie eleison, sieh, wohin wir gehn.
Ruf uns aus den Toten, lass uns auferstehn.

2 Wollen wir Gott bitten, dass auf unsrer Fahrt
Friede unsre Herzen und die Welt bewahrt.
Kyrie eleison, sieh, wohin wir gehn.
Ruf uns aus den Toten, lass uns auferstehn.

3 Denn die Erde klagt uns an bei Tag und Nacht.
Doch der Himmel sagt uns: Alles ist vollbracht!
Kyrie eleison, sieh, wohin wir gehn.
Ruf uns aus den Toten, lass uns auferstehn.

6 Hart auf deiner Schulter lag das Kreuz, o Herr,
ward zum Baum des Lebens, ist von Früchten schwer.
Kyrie eleison, sieh, wohin wir gehn.
Ruf uns aus den Toten, lass uns auferstehn.

  • Vollendet – für alle – Worte aus dem Hebräerbrief (5,1-10)

Denn jeder Hohepriester, der von den Menschen genommen wird, der wird eingesetzt für die Menschen zum Dienst vor Gott, damit er Gaben und Opfer darbringe für die Sünden. Er kann mitfühlen mit denen, die unwissend sind und irren, weil er auch selber Schwachheit an sich trägt. Darum muss er, wie für das Volk, so auch für sich selbst opfern für die Sünden.
Und niemand nimmt sich selbst diese Würde, sondern er wird von Gott berufen wie auch Aaron. So hat auch Christus sich nicht selbst die Ehre beigelegt, Hoherpriester zu werden, sondern der, der zu ihm gesagt hat: »Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt.« Wie er auch an anderer Stelle spricht: »Du bist Priester in Ewigkeit nach der Ordnung Melchisedeks.«
Und er hat in den Tagen seines irdischen Lebens Bitten und Flehen mit lautem Schreien und mit Tränen vor den gebracht, der ihn aus dem Tod erretten konnte; und er ist erhört worden, weil er Gott in Ehren hielt. So hat er, obwohl er der Sohn war, doch an dem, was er litt, Gehorsam gelernt. Und da er vollendet war, ist er für alle, die ihm gehorsam sind, der Urheber der ewigen Seligkeit geworden, von Gott genannt ein Hoherpriester nach der Ordnung Melchisedeks.

Worte des lebendigen Gottes.

  • An das Unsichtbare zu glauben – Gedanken zum Hebräerbrief

Die Dorfkirche im ostthüringischen Lippersdorf ziert eine reich geschmückte Kassettendecke aus dem Jahr 1719, die eine Bilderbibel mit verschiedenen Szenen aus dem Alten Testament darstellt. Auf eine dieser Kassetten ist die Begegnung Abrahams mit dem Priesterkönig Melchisedek zu sehen. Diese Begegnung wird zum Vor-Bild für die Worte des Hebräerbriefes, die Jesus mit Melchisedek vergleichen. Abraham war nach dem 1. Buch Mose gegen den König von Elam ausgezogen, weil dieser Abrahams Neffen Lot gefangen genommen hatte. Nach der geglückten Befreiung kehrt Abraham zurück und wird von Melchisedek mit Brot und Wein empfangen und anschließend gesegnet. Das Schriftband über den beiden Figuren auf der linken Seite des Bildes gibt diesen Inhalt wieder. Abraham trägt einen Helm, der typisch ist für die Soldaten der Zeit um 1700 und Melchisedek eine eigentümlich geformte Krone, die seinen Status als Priesterkönig hervorhebt. Auf der rechten Seite, und das ist eine Eigentümlichkeit der Lippersdorfer Bilderdecke, ist Jesus selbst abgebildet, mit einem Wort aus den Seligpreisungen: Selig sind, die Barmherzigkeit üben. Sowohl die Stärkung Abrahams mit Brot und Wein als auch seine Rettungsaktion werden in dem Wort Jesu wieder aufgenommen und als Taten der Barmherzigkeit markiert. Brot und Wein erinnern darüber hinaus an das letzte Abendmahl, zu dem Jesus selbst diese Gaben verteilt.
Die Worte des Hebräerbriefes sind in dieser besonderen Darstellungsweise anschaulich im Bild wiedergegeben.
Worauf der Hebräerbrief besonderen Wert legt, ist die Priesterschaft Melchisedeks. Er, von dem nicht mehr bekannt ist, als aus den 4 Versen des 1. Mosebuches hervorgeht, erfährt im Hebräerbrief eine ausführlichere Darstellung. Nach dieser ist Melchisedek ein Priester, der nicht aus dem Stamm der Leviten kommt, so wie es nach dem Gesetz des Alten Testaments eigentlich vorgesehen ist. Er wurde zwar, wie Aaron, der der „eigentliche“ Priester des Volkes Israel ist, von Gott selbst eingesetzt; aber er opfert nicht Tiere, um Gott zu versöhnen. Der Hebräerbrief sagt außerdem, dass Melchisedek weder Vater noch Mutter habe und dass seine Priesterschaft ewig währe. Das schließt der Autor eben daraus, dass nichts weiter über ihn im Alten Testament geschrieben ist. So wie Jesus selbst kommt ihm damit eine außerordentliche Position zu, die den Vergleich und die Insbildsetzung Jesu als Hoherpriester ermöglicht.
Was also der Hebräerbrief seinen Lesern oder Zuhörern damit deutlich machen will, ist Folgendes: Dass es auch schon im Alten Testament einen Hohenpriester gab, der nicht wie die anderen Priester Tieropfer darbrachte, sondern seine Priesterschaft im Werk der Barmherzigkeit und des Segens vollführte.
In Jesus verbindet sich beides. Sein Opfer erledigt alle anderen Opfer. Seine Hoheit gründet im Auftrag Gottes. Und sein Gehorsam im Leid bis zum Kreuz vollbringt das Opfer, das ein für alle mal geleistet wurde; für alle, die an Gott glauben.
Die eigentümliche Darstellung auf dem Bild der Kassettendecke zeigt sehr deutlich diese Verbindung, die für die junge christliche Gemeinde etwas ganz Neues darstellt. Plötzlich sollen sie nämlich nicht mehr am anschaulichen, weil sichtbaren Opfer festhalten, sondern im reinen Vertrauen auf Jesu Opfertod auf Gottes Güte hoffen. Deshalb heisst es: „Und da Jesus vollendet war, ist er für alle, die ihm gehorsam sind, der Urheber der ewigen Seligkeit geworden.“ Dieser Gehorsam wird nach dem Hebräerbrief vor allem darin geleistet, dass wir Christen auch im Leid, in der Schande und im geringen Ansehen an Gott festhalten. Dass wir also die Dinge der Welt nicht weiter beachten und uns darin gegenseitig bestärken. Zum Beispiel im Gottesdienst, wo wir der Passion Christi dankbar gedenken.
Darin steckt die tiefere Einsicht des Künstlers und des Pfarrers, die vermutlich gemeinsam diese Bilderdecke in dem kleinen Dorf gestaltet haben. Die Barmherzigkeit, die uns selig macht, üben wir an unseren Nächsten. Wir üben sie im Dienst aneinander, nicht um uns besonders hervorzutun, sondern um das Vertrauen auf Gott zu stärken. Wenn ich im Geist Jesu handele, achte ich nicht auf mich, sondern auf mein Gegenüber. Darin stärke ich ihn und am Ende auch mich selbst. Im Miteinander geschieht das, was der Hebräerbrief im Sinne der Gehorsamkeit gegenüber Jesus einfordert. Nächstenliebe ist das erste Gebot und nicht das sichtbare Opfer, das vor aller Welt nur den eigenen Ruhm stärkt. Auf das Miteinander kommt es an und nicht auf die Pflege der persönlichen Spiritualität. Nicht auf ein selbst gesuchtes Leiden, auf ein raffiniertes Religionsspiel oder auf eine ausufernde Religionspraxis, sondern auf den liebevollen Blick, dem ich meinem Nachbarn schenke, kommt es an. Nicht auf das Opfer für Gott, der in Christus schon alles für uns getan hat, kommt es an, sondern auf die Stärkung meines Mitmenschen.
Nach den Worten des Hebräerbriefes wird deutlich, dass das keine Selbstverständlichkeit ist. Auch den Christen damals fiel es schwer, an das Unsichtbare zu glauben und darauf zu vertrauen. Nur im Miteinander kann das gelingen und verständlich werden. Abraham bietet alles auf, um Lot zu retten. Melchisedek kommt ihm deshalb entgegen, versorgt und segnet ihn. Das ist – im Namen Jesu – das Vor-Bild und die Vor-Schrift für unseren Glauben an Gott.

Amen.

  • Lass uns die Zeit – Miteinander und füreinander beten

Großer Gott,
stärke unsere Dankbarkeit,
bereite unsere Dienstfertigkeit.
Nicht um der Welt zu zeigen, was wir können,
sondern dem Opfer deines Sohnes Jesus Christus gemäß.

So sorgen wir uns um den Frieden in der Welt;
um Gerechtigkeit, dass wir dir gerecht werden.

So feiern wir gemeinsam Gottesdienst,
um deiner Gemeinschaft teilhaftig zu werden.

So wenden wir uns unseren Mitmenschen zu,
barmherzig und liebevoll, um in deiner Liebe
das ewige Leben zu erben.

Darum beten wir mit den Worten Jesu:

Vater unser im Himmel,
geheiligt werde Dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.

  • Segen

Es segne und behüte uns der allmächtige und barmherzige
Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist.
Er bewahre uns vor Unheil und führe uns zum ewigen Leben.
Amen.

(Pfr. Olaf Wisch)