Judika 2021

  • Eröffnung

Voller Sehnsucht richten wir den Blick auf das Kreuz Jesu. Sein Leiden wird uns zum Bild für unser Leben und seine Erlösung. Amen.

  • Ein Lied: EG97 Holz auf Jesu Schulter (EG 97)

1 Holz auf Jesu Schulter, von der Welt verflucht, ward zum Baum des Lebens und bringt gute Frucht. Kyrie eleison, sieh, wohin wir gehn. Ruf uns aus den Toten, lass uns auferstehn.

2 Wollen wir Gott bitten, dass auf unsrer Fahrt Friede unsre Herzen und die Welt bewahrt. Kyrie eleison, sieh, wohin wir gehn. Ruf uns aus den Toten, lass uns auferstehn.

3 Denn die Erde klagt uns an bei Tag und Nacht. Doch der Himmel sagt uns: Alles ist vollbracht! Kyrie eleison, sieh, wohin wir gehn. Ruf uns aus den Toten, lass uns auferstehn.

4 Wollen wir Gott loben, leben aus dem Licht. Streng ist seine Güte, gnädig sein Gericht. Kyrie eleison, sieh, wohin wir gehn. Ruf uns aus den Toten, lass uns auferstehn.

5 Denn die Erde jagt uns auf den Abgrund zu. Doch der Himmel fragt uns: Warum zweifelst du? Kyrie eleison, sieh, wohin wir gehn. Ruf uns aus den Toten, lass uns auferstehn.

6 Hart auf deiner Schulter lag das Kreuz, o Herr, ward zum Baum des Lebens, ist von Früchten schwer. Kyrie eleison, sieh, wohin wir gehn. Ruf uns aus den Toten, lass uns auferstehn.

  • Worte aus Psalm 46

Schaffe mir Recht, Gott, /
und führe meine Sache wider das treulose Volk
und errette mich von den falschen und bösen Leuten!
Denn du bist der Gott meiner Stärke:
Warum hast du mich verstoßen?
Warum muss ich so traurig gehen,
wenn mein Feind mich drängt?
Sende dein Licht und deine Wahrheit, dass sie mich leiten
und bringen zu deinem heiligen Berg und zu deiner Wohnung,
dass ich hineingehe zum Altar Gottes, /
zu dem Gott, der meine Freude und Wonne ist,
und dir, Gott, auf der Harfe danke, mein Gott.
Was betrübst du dich, meine Seele,
und bist so unruhig in mir?
Harre auf Gott; denn ich werde ihm noch danken,
dass er meines Angesichts Hilfe und mein Gott ist.

  • Text aus Hiob 19,19-27

Alle meine Getreuen verabscheuen mich, und die ich lieb hatte, haben sich gegen mich gewandt. Mein Gebein hängt nur noch an Haut und Fleisch, und nur das nackte Leben brachte ich davon. Erbarmt euch über mich, erbarmt euch, ihr meine Freunde; denn die Hand Gottes hat mich getroffen! Warum verfolgt ihr mich wie Gott und könnt nicht satt werden von meinem Fleisch? Ach dass meine Reden aufgeschrieben würden! Ach dass sie aufgezeichnet würden als Inschrift, mit einem eisernen Griffel und mit Blei für immer in einen Felsen gehauen! Aber ich weiß, dass mein Erlöser lebt, und als der Letzte wird er über dem Staub sich erheben. Nachdem meine Haut noch so zerschlagen ist, werde ich doch ohne mein Fleisch Gott sehen. Ich selbst werde ihn sehen, meine Augen werden ihn schauen und kein Fremder. Danach sehnt sich mein Herz in meiner Brust.

  • Ich weiß, dass mein Erlöser lebt – Gedanken zu den Worten aus dem Hiobbuch

Die Holztafel hängt in einer Dorfkirche. Mein Blick fällt auf Worte, die dort in das Holz geschnitten wurden: Ich weiß, dass mein Erlöser lebt. Darüber sind die Strahlen einer aufgehenden Sonne dargestellt. Und in den Kreis der Sonne sind viele Namen geschrieben. Namen der gefallenen Soldaten im Zweiten Weltkrieg, die aus diesem Dorf stammten. Die Tafel irritiert mich. Ich kann der Erinnerung an die Verstorbenen gut folgen. Das biblische Wort jedoch erscheint mir deplatziert. Wird die Hoffnung des leidenden Menschen auf Erlösung unter dem Licht der Sonne nicht missbraucht für diesen verbrecherischen Krieg? Eine weiterer Gedanke bewegt mich. Eine Familiengeschichte. Auch einer meiner Großväter hat in diesem Krieg gekämpft. Was ich darüber gehört habe, kommt den Worten des Hiobs nah. „Mein Gebein hängt nur noch an Haut und Fleisch, und nur das nackte Leben brachte ich davon.“ Ganz ähnlich ist auch die Geschichte meines Vorfahren. Das nackte Leben hat er davongebracht und konnte wieder heimkehren. Er hatte sich geschworen, sein gerettetes Leben dem Dienst an Gott zu widmen und wurde nach dem Krieg Pfarrer. „Aber ich weiß, dass mein Erlöser lebt, und als der Letzte wird er über dem Staub sich erheben. Nachdem meine Haut noch so zerschlagen ist, werde ich doch ohne mein Fleisch Gott sehen. Ich selbst werde ihn sehen, meine Augen werden ihn schauen.“ Meine Familiengeschichte und die Namen der Männer auf der Tafel erhalten so eine enge Verbindung. Schuld und Erlösung, Gehorsam und Rettung, Kampf und der ersehnte Frieden werden zu einem Thema.
Am Sonntag Judika bedenken wir das Leid Jesu Christi. Er übte Gehorsam bis in den Tod. Sein Bild am Kreuz steht dem Bild des leidenden Hiob gegenüber. Und dem Bild der leidenden und gestorbenen Soldaten. Der Unterschied dieser Bilder liegt in den jeweils dazugehörigen Geschichten. Jesus folgt dem Willen des Vaters. Hiob folgt einem Plan Gottes, den er nicht verstehen kann. Er weiß nur, dass sein Leid von Gott herrührt. „Die Hand Gottes hat mich getroffen!“ Das Leid der Soldaten rührt aber her von einer grausamen Politik, die nichts zu tun hat mit der Botschaft Jesu und der Sehnsucht Hiobs.
Wenn ich an den Weg Christi denke, spiegelt sich darin das Leid Hiobs und das Leid der Menschen im Krieg wieder. Das ist das Bild dieser Welt. Es ist nicht das Bild der Schöpfung. Gott führt mir vor Augen, dass die Welt oft so ist, wie sie im Gedanken der Schöpfung nicht gemeint war. Deshalb sehnt sich Hiob nach Erlösung und sehnt sich nach der Nähe Gottes, die ihm das wahre Antlitz der Schöpfung zeigt. Deshalb geht mein Großvater seinen Weg und dient viele Jahre für die Gemeinde Christi. Deshalb wird Christus das Kreuz überwinden und sich „aus dem Staub erheben“.
„Danach sehnt sich mein Herz in meiner Brust.“ Das Leid der Welt ist noch immer nicht verschwunden. Aber die Welt ist als die gute Schöpfung auf dem Weg dahin. Das darf ich nicht vergessen, darauf will ich hoffen, daran will ich glauben. Amen.

  • Ein Gebet miteinander und füreinander

Gott,
wir sehnen uns nach Frieden auf dieser Welt.
Das Leid deiner Geschöpfe wird in Kauf genommen,
um Politik zu machen.
Pflanze die Sehnsucht nach Frieden in die Herzen der Mächtigen.

Gott,
wir sehen uns nach Vertrauen in dieser Welt.
Angst und Mißgunst prägen das Miteinander,
um Ansehen zu gewinnen.
Pflanze die Sehnsucht nach Vertrauen in die Herzen deiner Gemeinde.

Gott,
wir sehen uns nach einem liebevollen und erfüllten Leben.
Durchkreuzt wird es aber durch Krankheit und Traurigkeit.
Es ist schwer, darüber hinwegzukommen.
Pflanze die Sehnsucht nach Liebe in das Herz der Verzweifelten.

Gott,
wir sehnen uns nach dir.
Wir sehnen uns nach Erlösung von den Schrecken der Welt,
die wir selbst mit verursachen.
Pflanze die Sehnsucht nach deinem Sohn Jesus Christus in unsere Herzen.

Mit seinen Worten beten wir:

Vater unser im Himmel,
geheiligt werde Dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.

  • Segen

Gott segne uns. Er stärke uns
in der Liebe zu den Menschen
und aller Kreatur. Er beschütze uns
auf unseren Wegen durch die Zeit.

(Pfr. Olaf Wisch)