Jubilate (08.05.)2022

  • Eröffnung

Jeden Morgen werden wir Zeugen. Die Sonne geht auf. Das Licht der Schöpfung erstrahlt über uns. Gott setzt die Ordnung, die auch über den Tod und die Unordnung der Welt hinausreicht. Stimmen wir in den Jubel des Lichtes ein mit dem Wort Gottes, das das Licht geschaffen hat.

  • Seelen am Leben – Worte nach Psalm 66

Jauchzet Gott, alle Lande! /
Lobsinget zur Ehre seines Namens;
rühmet ihn herrlich!
Sprecht zu Gott: Wie wunderbar sind deine Werke!
Deine Feinde müssen sich beugen vor deiner großen Macht.
Alles Land bete dich an und lobsinge dir,
lobsinge deinem Namen. SELA.
Kommt her und sehet an die Werke Gottes,
der so wunderbar ist in seinem Tun an den Menschenkindern.
Er verwandelte das Meer in trockenes Land, /
sie gingen zu Fuß durch den Strom;
dort wollen wir uns seiner freuen.
Er herrscht mit seiner Gewalt ewiglich, /
seine Augen schauen auf die Völker.
Die Abtrünnigen können sich nicht erheben. SELA.
Lobet, ihr Völker, unsern Gott,
lasst seinen Ruhm weit erschallen,
der unsre Seelen am Leben erhält
und lässt unsere Füße nicht gleiten.

  • Lässt du mir früh die Gnadensonn – Ein Lied: „Frühmorgens, da die Sonn aufgeht“ (EG 111)

1) Frühmorgens, da die Sonn aufgeht,
mein Heiland Christus aufersteht.
Vertrieben ist der Sünden Nacht,
Licht, Heil und Leben wiederbracht.
Halleluja.

2) Wenn ich des Nachts oft lieg in Not
verschlossen, gleich als wär ich tot,
lässt du mir früh die Gnadensonn
aufgehn: nach Trauern Freud und Wonn.
Halleluja.

3) Nicht mehr als nur drei Tage lang
mein Heiland bleibt ins Todes Zwang;
am dritten Tag durchs Grab er dringt,
mit Ehr sein Siegesfähnlein schwingt.
Halleluja.

13) Lebt Christus, was bin ich betrübt?
Ich weiß, dass er mich herzlich liebt;
wenn mir gleich alle Welt stürb ab,
g’nug, dass ich Christus bei mir hab.
Halleluja.

14) Mein Herz darf nicht entsetzen sich,
Gott und die Engel lieben mich;
die Freude, die mir ist bereit‘,
vertreibet Furcht und Traurigkeit.
Halleluja.

15) Für diesen Trost, o großer Held,
Herr Jesu, dankt dir alle Welt.
Dort wollen wir mit größerm Fleiß
erheben deinen Ruhm und Preis.
Halleluja.

  • Licht ward – Lesung aus dem Alten Testament

Im Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde. Die Erde aber war Irrsal und Wirrsal. Finsternis über Urwirbels Antlitz. Braus Gottes schwingend über dem Antlitz der Wasser. Gott sprach: Licht werde! Licht ward. Gott sah das Licht: daß es gut ist. Gott schied zwischen dem Licht und der Finsternis. Gott rief dem Licht: Tag! und der Finsternis rief er: Nacht! Abend ward und Morgen ward: Ein Tag.
(1. Mose 1,1-5; Ü: Martin Buber / Franz Rosenzweig)

  • Keine Mühe – Gedanken zum Anfang der Bibel

Vor einigen Jahren war ich mit Kolleginnen und Kollegen für einige Tage in Krakau. Unsere Reise wurde von Gerhard Begrich begleitet. Seiner intimen und lebenslangen Beschäftigung mit dem Alten Testament gemäß, las er jeden Morgen – erst auf Hebräisch und dann auf Deutsch – die ersten Verse der Bibel. Das war die Morgenandacht. Nicht mehr. Sein Vortrag war schlicht. Kein Wort wurde betont oder vorgehoben. Wort reihte sich an Wort. Es folgte keine Auslegung, keine Aufforderung, keine moralische Konsequenz. Es wurde durch den Vortrag nichts beglaubigt oder bewiesen. Es wurde nur festgestellt in Gewissheit und Gelassenheit. So ist es! Das ist der Sinn. Abend ward und Morgen ward: Ein Tag. Auch an diesem Morgen vergeht die Nacht.
Ich mochte seine Stimme. Es lag eine große Ruhe darin. Aber die tägliche Wiederholung verwunderte mich auch. Brauchte es nicht mehr? Erst heute verstehe ich, welche Kraft in diesem morgendlichen Ritual lag. Auf unseren Rundgängen durch die Stadt und bei den Besuchen in den Lagern von Auschwitz vermittelte er uns auf diese einfache Weise, dass es eine göttliche Kraft gibt, die über den Schönheiten und Grausamkeiten der Menschheit wohnt. Eine göttliche Kraft, die das durch den Menschen verursachte Chaos wieder in Ordnung bringt. Die eine Hoffnung vermittelt, die sich an der einfachen Gegebenheit der Wiederholung von Nacht und Tag orientieren kann.

»Die Wärme kann nicht von selbst aus einem kälteren in einen wärmeren Körper übergehen«. Mit diesen Worten formulierte Mitte des 19. Jahrhunderts der Physiker Rudolph Clausius das erstemal den 2. Hauptsatz der Thermodynamik. Später führte er dafür den Begriff Entropie ein. Was Entropie bedeutet, erfahren wir alltäglich. Die böse Stiefmutter braucht nur eine Handbewegung, um die Linsen in die Asche zu schütten. Aschenputtel braucht die Hilfe der Täubchen und all der Vögel unter dem Himmel, um das wieder in Ordnung zu bringen. „Endlich schwirrten und schwärmten alle Vöglein unter dem Himmel herein und ließen sich um die Asche nieder.“ So beschreibt es das Märchen. Braus Gottes schwingend über dem Antlitz der Wasser. So beschreibt es die Bibel.
Unordnung entsteht von selbst, Ordnung braucht Energie und Kraft. Dieses universelle Prinzip bestimmt nicht nur die tägliche Arbeit im Haushalt sondern auch das Leben selbst. Wie leicht ist es, etwas zu zerstören; wieviel Mühe braucht es, etwas in Ordnung zu bringen, Leben zu erschaffen und zu erhalten. Dass es etwas gibt, und nicht vielmehr nichts, bleibt in dem Wunder der Schöpfung geborgen. Die Ordnung der Welt, der Wechsel von Nacht und Tag, ist gegeben. Niemand kennt ihren Ursprung. Gott schied zwischen dem Licht und der Finsternis. Gott rief dem Licht: Tag! und der Finsternis rief er: Nacht! Abend ward und Morgen ward: Ein Tag.

Die Ordnung ist gegeben. Abend ward und Morgen ward. Manchmal erscheint mir diese Ordnung auch als unerbittlich. Egal, was geschieht, jeden Morgen zeigt sich die Sonne, mal hinter Wolken, mal am strahlend blauen Himmel. Sie kümmert sich nicht darum, wie es mir geht. Die alte Dame sagt ungerührt angesichts des nahen Todes: Die Erde wird sich weiterdrehn, ob ich nun noch da bin oder nicht. Der Evangelist Matthäus formuliert: Euer Vater im Himmel lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte. Auch über der Ukraine wird es wieder Nacht und wieder Tag. Auch über den Lagern in Auschwitz war es so. Abend ward und Morgen ward: Ein Tag.

Abend ward und Morgen ward: Ein Tag. Früh, als es noch finster war, kam Maria Magdalena zum Grab Jesu. Ihr war ebenso wie uns bewusst, dass die Unordnung zunimmt, dass es keine spontane Umkehrung gibt vom Tod zum Leben, von der Unordnung zur Ordnung. Eine letzte Liebestat, die Salbung des toten Körpers Jesu, macht ihr dennoch keine Mühe. Sie tut es gern und aus vollem Herzen. In den Worten des Physikers, der nur Arbeit und Energie kennt, kommt das nicht vor. In dem, was Maria Magdalena in Liebe vollbringt, ruht ein Abglanz dessen, was am ersten Tag der Schöpfung durch göttliche Kraft möglich wurde. Sie setzt ein Zeichen gegen Krieg und Grausamkeit, gegen Irrsal und Wirrsal und die Finsternis über Urwirbels Antlitz. Sie weiß es nur noch nicht. Morgen ward: Ein Tag.

Amen.

  • Dass wir deine Geschöpfe sind – Miteinander und füreinander beten

Das folgende Friedensgebet wird an diesem Sonntag in vielen Gemeinden unserer Landeskirche und darüber hinaus miteinander gebetet. Die Autorin Sr. Mary Grace Sawe wurde 1974 in Kenia geboren. Die Missionsschwester vom Kostbaren Blut kam 2010 als ausgebildete Krankenschwester nach Deutschland:

Gütiger Gott, wir sehnen uns danach,
miteinander in Frieden zu leben.

Wenn Egoismus und Ungerechtigkeit
überhandnehmen,
wenn Gewalt zwischen Menschen ausbricht,
wenn Versöhnung nicht möglich erscheint,
bist du es, der uns Hoffnung auf Frieden schenkt.

Wenn Unterschiede in Sprache,
Kultur oder Glauben uns vergessen lassen,
dass wir deine Geschöpfe sind und
dass du uns die Schöpfung als gemeinsame
Heimat anvertraut hast,
bist du es, der uns Hoffnung auf Frieden schenkt.

Wenn Menschen gegen Menschen
ausgespielt werden,
wenn Macht ausgenutzt wird,
um andere auszubeuten,
wenn Tatsachen verdreht werden,
um andere zu täuschen, bist du es,
der uns Hoffnung auf Frieden schenkt.

Lehre uns, gerecht und fürsorglich
miteinander umzugehen und der
Korruption zu widerstehen.

Schenke uns mutige Frauen und Männer,
die die Wunden heilen, die Hass und Gewalt
an Leib und Seele hinterlassen.

Lass uns die richtigen Worte, Gesten und
Mittel finden, um den Frieden zu fördern.

In welcher Sprache wir dich auch als
„Fürst des Friedens“ bekennen,
lass unsere Stimmen laut vernehmbar sein
gegen Gewalt und gegen Unrecht.

Amen.

Vater unser im Himmel,
geheiligt werde Dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.

  • Segen

Es segne und behüte uns der allmächtige und barmherzige
Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist.
Er bewahre uns vor Unheil und führe uns zum ewigen Leben.
Amen.

(Pfr. Olaf Wisch)