Estomihi 2021

  • Eröffnung

Zwischen Weihnachten und Passionszeit sind wir auf den Spuren Jesu. Der Spruch der Woche im 18. Kapitel des Lukasevangeliums benennt diesen Weg: Seht, wir gehen hinauf nach Jerusalem, und es wird vollendet werden, was geschrieben ist durch die Propheten von dem Menschensohn.
Der geistliche Proviant für diesen Weg zur Vollendung erhalten wir im Gebet und im Wort Gottes. In der Zusage und den Geboten wird die Sehnsucht für eine heile und heilige Zeit gestillt.
AMEN.

  • Lied: „Liebe, die du mich zum Bilde“ (EG 401)

1 Liebe, die du mich zum Bilde deiner Gottheit hast gemacht, Liebe, die du mich so milde nach dem Fall hast wiederbracht: Liebe, dir ergeb ich mich, dein zu bleiben ewiglich.

2 Liebe, die du mich erkoren, eh ich noch geschaffen war, Liebe, die du Mensch geboren und mir gleich wardst ganz und gar: Liebe, dir ergeb ich mich, dein zu bleiben ewiglich.

3 Liebe, die für mich gelitten und gestorben in der Zeit, Liebe, die mir hat erstritten ewge Lust und Seligkeit: Liebe, dir ergeb ich mich, dein zu bleiben ewiglich.

4 Liebe, die du Kraft und Leben, Licht und Wahrheit, Geist und Wort, Liebe, die sich ganz ergeben mir zum Heil und Seelenhort: Liebe, dir ergeb ich mich, dein zu bleiben ewiglich.

5 Liebe, die mich hat gebunden an ihr Joch mit Leib und Sinn, Liebe, die mich überwunden und mein Herz hat ganz dahin: Liebe, dir ergeb ich mich, dein zu bleiben ewiglich.

6 Liebe, die mich ewig liebet und für meine Seele bitt‘, Liebe, die das Lösgeld gibet und mich kräftiglich vertritt: Liebe, dir ergeb ich mich, dein zu bleiben ewiglich.

7 Liebe, die mich wird erwecken aus dem Grab der Sterblichkeit, Liebe, die mich wird umstecken mit dem Laub der Herrlichkeit: Liebe, dir ergeb ich mich, dein zu bleiben ewiglich.

  • Worte aus Psalm 31

Herr, auf dich traue ich, /
lass mich nimmermehr zuschanden werden,
errette mich durch deine Gerechtigkeit!
Neige deine Ohren zu mir, hilf mir eilends!
Sei mir ein starker Fels und eine Burg, dass du mir helfest!
Denn du bist mein Fels und meine Burg,
und um deines Namens willen wollest du mich leiten und führen.
Du wollest mich aus dem Netze ziehen, /
das sie mir heimlich stellten;
denn du bist meine Stärke.
In deine Hände befehle ich meinen Geist;
du hast mich erlöst, Herr, du treuer Gott.
Ich freue mich und bin fröhlich über deine Güte,
dass du mein Elend ansiehst und kennst die Not meiner Seele
und übergibst mich nicht in die Hände des Feindes;
du stellst meine Füße auf weiten Raum.
Meine Zeit steht in deinen Händen.
Errette mich von der Hand meiner Feinde und von denen, die mich verfolgen.
Lass leuchten dein Antlitz über deinem Knecht;
hilf mir durch deine Güte!

  • Worte aus Jesaja 58,1-9a

Rufe laut, halte nicht an dich!
Erhebe deine Stimme wie eine Posaune
und verkündige meinem Volk seine Abtrünnigkeit
und dem Hause Jakob seine Sünden!
Sie suchen mich täglich und wollen gerne meine Wege wissen,
als wären sie ein Volk, das die Gerechtigkeit schon getan
und das Recht seines Gottes nicht verlassen hätte.
Sie fordern von mir Recht, sie wollen, dass Gott ihnen nahe sei.
»Warum fasten wir und du siehst es nicht an?
Warum kasteien wir unseren Leib und du willst’s nicht wissen?«
Siehe, an dem Tag, da ihr fastet,
geht ihr doch euren Geschäften nach und bedrückt alle eure Arbeiter.
Siehe, wenn ihr fastet,
hadert und zankt ihr und schlagt mit gottloser Faust drein.
Ihr sollt nicht so fasten, wie ihr jetzt tut,
wenn eure Stimme in der Höhe gehört werden soll.
Soll das ein Fasten sein, an dem ich Gefallen habe,
ein Tag, an dem man sich kasteit
oder seinen Kopf hängen lässt wie Schilf und in Sack und Asche sich bettet?
Wollt ihr das ein Fasten nennen und einen Tag, an dem der Herr Wohlgefallen hat?
Ist nicht das ein Fasten, an dem ich Gefallen habe:
Lass los, die du mit Unrecht gebunden hast,
lass ledig, auf die du das Joch gelegt hast!
Gib frei, die du bedrückst, reiß jedes Joch weg!
Heißt das nicht: Brich dem Hungrigen dein Brot,
und die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus!
Wenn du einen nackt siehst, so kleide ihn,
und entzieh dich nicht deinem Fleisch und Blut!
Dann wird dein Licht hervorbrechen wie die Morgenröte,
und deine Heilung wird schnell voranschreiten,
und deine Gerechtigkeit wird vor dir hergehen,
und die Herrlichkeit des Herrn wird deinen Zug beschließen.
Dann wirst du rufen und der Herr wird dir antworten.
Wenn du schreist, wird er sagen: Siehe, hier bin ich.

  • Gedanken zum Text

Es klingt wie ein schöner Traum: Kein Mensch ist gefangen, kein Mensch wird mißhandelt. Kein Mensch muss für ungerechten Lohn arbeiten, kein Mensch gezwungenermaßen Dinge tun, um sein Leben zu erhalten. Kein Mensch muss hungern, frieren und ohne Dach über den Kopf leben. Alle Menschen sind gekleidet und müssen keinen Mangel leiden an dem, was sie zum Leben brauchen.
Es klingt wie ein schöner Traum. Denn ein kurzer Blick auf die Zustände in der Welt nah und fern, verrät, wie weit die Wirklichkeit davon entfernt ist. Irgendwie weiß ich ja von den anhaltenden Kriegen in Nahost, im Jemen und in Afghanistan, von den Flüchtlingslagern auf Lesbos und in Bosnien, von den Arbeitsbedingungen in chinesischen Kobaltgruben und in den Versandzentren großer Onlinehändler, von den Obdachlosen in den Städten mitten im Winter, von den Sorgen eines Nachbarn und der Not einer alleinerziehenden Mutter in den Plattenbauten der Südstadt. Das Elend der Welt drängt sich unerbittlich auf, so dass ich meine, kaum die Kraft zu haben, wenigstens dort hinzuschaun. Noch weniger habe ich die Kraft, daran etwas zu ändern.
Der Prophet Jesaja erhält dennoch den Auftrag, diese Traumwelt wirklich werden zu lassen. Wer für sich von Gott Heil und Trost verlangt, wer das Gefühl hat, dass Gott fern ist und die Rettung weit; den weist er auf die, denen das Nötigste fehlt. Wie ich meine Augen abwende von den Leidenden dieser Welt, wendet sich Gott von mir ab in meinem Leid. Keine religiöse Übung, kein Fasten, kein Gebet und kein Flehen wird daran etwas ändern können.
Rufe laut, halte nicht an dich! Der Prophet erhält seinen Auftrag, Gottes Güte in dieser Welt wahr werden zu lassen. Rufe laut, halte nicht an dich! Meine Träume sind nicht genug. Sie sollen Wirklichkeit werden. Gottes Nähe und meine Nähe zu meinen Nächsten fallen in eins. Gott verheißt die Kraft und das Licht, die dunkle Traumwelt zu zerreissen, einen ersten Schritt zu gehen und das Heil für mich und für dich zu finden. Gott hat mich und dich so gemacht. Von Anfang an. Gut und heilig. Ich stehe in seinem Licht. Für dich und mich. Ich rufe, und du sagst: Siehe, hier bin ich.

  • Ein Gebet miteinander und füreinander

Herr im Himmel,
hier auf Erden rufen wir laut
und bitten dich um deine Kraft,
den Menschen auf dieser Welt,
Schwester und Bruder zu sein,
im Kleinen und im Großen.
Nach dem Besten unserer Kräfte
mit Sorgfalt und Verantwortung
dem Unfrieden und dem Hunger
etwas entgegenzusetzen.

Herr im Himmel,
hier auf Erden rufen wir laut
und bitten dich um deinen Glauben,
dass wir dir nahe seien,
nicht im leeren Geklingel leicht dahin gesagter Worte,
sondern von Herzensgrund
und mit tätiger Hand,
so wie du uns gemeint und gemacht hast.

Herr im Himmel,
hier auf Erden rufen wir laut
und bitten dich um deine Hoffnung,
dass wir sie weitertragen und weiter geben
an unseren Nächsten, der sie bitter nötig hat,
in auswegloser Situation,
in der Ungewißheit, in der Angst,
die ihn umfängt und ihm den Atem nimmt.

Herr im Himmel,
hier auf Erden rufen wir laut
und bitten dich um deine Liebe,
dass sie in unseren Seelen sich ausbreite
und überfließe, mehr als genug für den
ersten Schritt zu einer heilen und heiligen Welt
in deiner Schöpfung.

Herr im Himmel,
hier auf Erden rufen wir laut
mit den Worten Jesu Christi:

Vater unser im Himmel,
geheiligt werde Dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.

  • Segen (nach 5. Buch Mose 31,6)

Seid mutig und stark!
Habt keine Angst, und lasst euch nicht von ihnen einschüchtern!
Der Herr, euer Gott, geht mit euch.
Er hält immer zu euch und lässt euch nicht im Stich!
Amen.

(Pfr. Olaf Wisch)