„Es ist vollbracht!“ – Passionsandacht am 01. April 2020

  • Vorbereitung

In der Mitte der Woche halten wir inne.
Wir schauen zurück auf die vergangenen Tage
und sehen auf die Tage, die vor uns liegen.
Wir halten inne und nehmen uns Zeit für Stille und Gebet.

  • Eröffnung

Die Gnade unseres Herrn Jesu Christi und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Gottes sei mit uns allen.

Jesus sprach: Seht, wir gehen hinauf nach Jerusalem, und es wird alles vollendet werden, was geschrieben ist durch die Propheten von dem Menschensohn. (Lk 18,31)

Der Weg nach Jerusalem führt Jesus ins Leiden und ans Kreuz. Sieger Köder hat von diesem Kreuzweg viele Bilder gemalt. Eines davon betrachten wir gemeinsam in dieser Andacht.

Es trägt den Titel „Jesus wird vom Kreuz abgenommen und in den Schoß seiner Mutter gelegt“.

  • Psalm

Wir sprechen Worte aus Psalm 130.

Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu dir. Herr, höre meine Stimme!
Lass deine Ohren merken auf die Stimme meines Flehens!

Wenn du, Herr, Sünden anrechnen willst –
Herr, wer wird bestehen?

Denn bei dir ist die Vergebung,
dass man dich fürchte.

Ich harre des Herrn, meine Seele harret,
und ich hoffe auf sein Wort.

Meine Seele wartet auf den Herrn mehr als die Wächter auf den Morgen;
mehr als die Wächter auf den Morgen hoffe Israel auf den Herrn!

Denn bei dem Herrn ist die Gnade und viel Erlösung bei ihm.
Und er wird Israel erlösen aus allen seinen Sünden.

Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist,
wie es war im Anfang, jetzt und immerdar, und von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Amen.

  • Gebet

Guter Gott,

du siehst, wenn Menschen leiden.
Du hörst, wenn jemand weint.
Du weißt, wie groß Angst sein kann
und wie schlimm Schmerzen sind.

Denn dein Sohn Jesus hat selber gelitten.
Er ist am Kreuz gestorben.
Aber du hast ihn auferweckt.

Du bist größer als die Angst
und stärker als der Tod.

Danke, guter Gott.

  • Lesung: Evangelium nach Johannes, Kapitel 19, Verse 25 bis 34 sowie 38 bis 42

25 Es standen aber bei dem Kreuz Jesu seine Mutter und seiner Mutter Schwester, Maria, die Frau des Klopas, und Maria Magdalena.

26 Als nun Jesus seine Mutter sah und bei ihr den Jünger, den er lieb hatte, spricht er zu seiner Mutter: Frau, siehe, das ist dein Sohn!

27 Danach spricht er zu dem Jünger: Siehe, das ist deine Mutter! Und von der Stunde an nahm sie der Jünger zu sich.

28 Danach, als Jesus wusste, dass schon alles vollbracht war, spricht er, damit die Schrift erfüllt würde: Mich dürstet.

29 Da stand ein Gefäß voll Essig. Sie aber füllten einen Schwamm mit Essig und legten ihn um einen Ysop und hielten ihm den an den Mund.

30 Da nun Jesus den Essig genommen hatte, sprach er: Es ist vollbracht. Und neigte das Haupt und verschied.

31 Weil es aber Rüsttag war und die Leichname nicht am Kreuz bleiben sollten den Sabbat über – denn dieser Sabbat war ein hoher Festtag –, baten die Juden Pilatus, dass ihnen die Beine gebrochen und sie abgenommen würden.

32 Da kamen die Soldaten und brachen dem ersten die Beine und auch dem andern, der mit ihm gekreuzigt war.

33 Als sie aber zu Jesus kamen und sahen, dass er schon gestorben war, brachen sie ihm die Beine nicht;

34 sondern einer der Soldaten stieß mit einer Lanze in seine Seite, und sogleich kam Blut und Wasser heraus.

38 Danach bat Josef von Arimathäa, der ein Jünger Jesu war, doch heimlich, aus Furcht vor den Juden, den Pilatus, dass er den Leichnam Jesu abnehmen dürfe. Und Pilatus erlaubte es. Da kam er und nahm den Leichnam Jesu ab.

39 Es kam aber auch Nikodemus, der vormals in der Nacht zu Jesus gekommen war, und brachte Myrrhe gemischt mit Aloe, etwa hundert Pfund.

40 Da nahmen sie den Leichnam Jesu und banden ihn in Leinentücher mit Spezereien, wie die Juden zu begraben pflegen.

41 Es war aber an der Stätte, wo er gekreuzigt wurde, ein Garten und im Garten ein neues Grab, in das noch nie jemand gelegt worden war.

42 Dahin legten sie Jesus wegen des Rüsttags der Juden, weil das Grab nahe war.

  • Lied: EG 91,1-3 („Herr stärke mich, dein Leiden zu bedenken“)

Melodie: http://www.eingesungen.de/player.php?track=835&buch=21#player

1) Herr, stärke mich, dein Leiden zu bedenken,
mich in das Meer der Liebe zu versenken,
die dich bewog, von aller Schuld des Bösen
uns zu erlösen.

2) Vereint mit Gott, ein Mensch gleich uns auf Erden
und bis zum Tod am Kreuz gehorsam werden,
an unsrer statt gemartert und zerschlagen,
die Sünde tragen:

3) welch wundervoll hochheiliges Geschäfte!
Sinn ich ihm nach, so zagen meine Kräfte,
mein Herz erbebt; ich seh und ich empfinde
den Fluch der Sünde.

  • Bildbetrachtung
Jesus wird vom Kreuz abgenommen und in den Schoß seiner Mutter gelegt (Sieger Köder)

„Es ist vollbracht!“ ruft Jesus. Danach neigte er das Haupt und verschied.

Jesus hat seinen Leidensweg vollbracht. Er ist die Via Dolorosa, den Weg der Schmerzen bis zum bitteren Ende gegangen. Aber nun ist es für ihn vorbei. Der Schauprozess mit seiner skandalösen Verurteilung, der Spott und die Folter, die Schläge und die Schmerzen sind vorbei – es ist vollbracht. Nach einem letzten Schrei ist Totenstille eingekehrt.

„Es ist vollbracht!“ – Ja, es ist vollbracht, aber nicht erledigt. Wenn nach menschlichem Ermessen alles erledigt scheint, wirkt die Liebe Gottes weiter. Die Familie und die Freunde Jesu erfüllen einen letzten Dienst und tragen damit die Liebe über Leid und Tod hinaus.

Josef von Arimathäa lässt sich den Leichnam aushändigen und stellt sein Grab zur Verfügung. Nikodemus bringt Kräuter und Öl, damit der Tote in Würde in Leintücher gehüllt in das neue Grab gelegt werden kann.

Zwischen das „Es ist vollbracht!“ und die Abnahme des Leichnams vom Kreuz einerseits und die liebevolle Ver­sorgung des Toten und seine Bestattung andererseits hat christliche Frömmigkeit und Kunst seit dem 14. Jahrhundert eine Szene gestellt, die in der Heiligen Schrift so nicht vorkommt: Die Pietà – die Schmerzensmutter Maria hält den geschundenen Leib ihres Kindes in den Armen.

Am Ende wird noch einmal die Liebe der Mutter zu ihrem Kind abgebildet. So wie Maria das Jesuskind nach der Geburt in Windeln wickelt und in eine Krippe legt, so hält sie ihn im Tod noch einmal in den Armen, um ihn dann mit Freunden in Leintücher zu wickeln und ins Grab zu legen.

Sieger Köder gibt dieser Szene eine besondere Ruhe und Zärtlichkeit. Schmerzensschreie, Leid und Tod sind der Stille und Zuneigung gewichen. Der geschundene Körper des Gekreuzigten erfährt liebevolle Behutsamkeit. Bei allem Schmerz wird die Szene durchdrungen von den Zeichen der Hoffnung und der bleibenden Liebe Gottes. Maria trägt einen grünen Mantel – die Farbe der Hoffnung. Ihr Gesicht scheint wie verklärt von inniger Liebe. Ihre Arme umschließen den geschundenen Leib in zärtlicher Behutsamkeit. Auf der Schulter Mariens sitzt die Taube mit dem Ölzweig und erinnert daran, wie es nach der Sintflut war: die Taube, die Noah aus der Arche fliegen ließ, sie kehrt mit einem Ölzweig zurück. Sie wird zur Botin der Hoffnung, zur Botin von Frieden und Leben. Gottes Treue bleibt bestehen über Flut und Leid und Tod hinaus. Sein Bund mit den Menschen ist nicht zerbrochen. Das Leben beginnt ganz neu. Und die Taube steht auch für den Heiligen Geist. So erinnert sie daran, dass Gott selbst dabei ist mitten im Tod. Wo alle anderen weg sind, wo die Menschen mit ihrem Leid allein bleiben, ist Gott selbst nahe.

Und schließlich die beiden Totenschädel in der Felsspalte: Sie erinnern an Adam und Eva. Für sie – und damit für die ganze Menschheit – wird der Tod überwunden. Sie werden durch Christus erlöst.

„Es ist vollbracht!“ – aber nicht erledigt. Die liebenden Arme Mariens, ihr grüner Mantel und die Taube mit dem Ölzweig machen deutlich:

Gottes Treue hört nicht auf. Seine Liebe bleibt und umschließt die Geschundenen und Verfolgten. Gott stellt sich zu den Geängstigten und Sterbenden. Gott ist den Flüchtenden und Vertriebenen nahe. Er tröstet die Zweifelnden und Einsamen. Er heilt die Kranken und sättigt die Hungernden.

Wenn die Mächtigen ihr Werk zu Ende gebracht haben, wenn die Schaulustigen gegangen sind, wenn nach menschlichem Ermessen alles erledigt scheint, dann vollendet Gott sein Liebeswerk und schenkt uns Frieden.

Amen.

  • Lied: EG 91,4.5.10

Melodie: http://www.eingesungen.de/player.php?track=835&buch=21#player

4) Gott ist gerecht, ein Rächer alles Bösen;
Gott ist die Lieb und lässt die Welt erlösen.
Dies kann mein Geist mit Schrecken und Entzücken
am Kreuz erblicken.

5) Seh ich dein Kreuz den Klugen dieser Erden
ein Ärgernis und eine Torheit werden:
so sei’s doch mir, trotz allen frechen Spottes,
die Weisheit Gottes.

10) Wenn endlich, Herr, mich meine Sünden kränken,
so lass dein Kreuz mir wieder Ruhe schenken.
Dein Kreuz, dies sei, wenn ich den Tod einst leide,
mir Fried und Freude.

  • Gebet und Vaterunser

Gott, unser Vater,
wir danken dir:
Du siehst uns. Du kennst uns. Du bist uns nahe.
Wir bitten dich:
Tröste die Traurigen.
Stärke die Kranken.
Mache den Ängstlichen Mut.
Nimm unsere Toten auf in dein Reich.
Mit Jesu Worten beten wir zur dir:

Vater unser im Himmel,
geheiligt werde Dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.

  • Segensbitte

Und so segne und behüte uns Gott, der Allmächtige und der Barmherzige, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist.

(Martin Kötters)