Andacht zum Gottesdienst am 12. Sonntag nach Trinitatis –7. September 2025 – Regionalgottesdienst in der Böllberger Kirche

Anfangen
In deinen Händen, Herr, steht unsere Zeit.
Denke an mich in deiner Gnade.
Erhöre mich und hilf mir. Amen

Eröffnung
Der Spruch für die neue Woche steht beim Propheten Jesaja, Kap.42, Vers 3:
„Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen, und den glimmenden Docht
wird er nicht auslöschen.“

Psalm 147

Lobt den Herrn! Denn es ist gut, unsrem Gott zu lobsingen: es ist lieblich,
es gebührt ihm Lobgesang.
Der Herr baut Jerusalem; die Zerstreuten Israels wird er sammeln.
Er heilt, die zerbrochenen Herzens sind, und verbindet ihre Wunden.
Er zählt die Zahl der Sterne und nennt sie alle mit Namen.
Groß ist unser Herr und reich an Macht; sein Verstand ist unermeßlich.Der Herrrichtet die Elenden wieder auf; er erniedrigt die Gottlosen bis zur Erde.
Stimmt dem Herrn ein Danklied an, lobsingt unserem Gott mit der Harfe,der den Himmel mit Wolken bedeckt, der Regen bereitet für die Erde
und auf den Bergen Gras wachsen läßt;
der dem Vieh sein Futter gibt, den jungen Raben, die zu ihm schreien!Er hat keine Freude an der Stärke des Rosses,
noch Gefallen an der Kraft des Mannes;
der Herr hat Gefallen an denen, die ihn fürchten, die auf seine Gnade hoffen.Rühme den Herrn, Jerusalem; Zion, lobe deinen Gott!
Denn er hat die Riegel deiner Tore befestigt, deine Kinder gesegnet in deiner Mitte;
er gibt deinen Grenzen Frieden und sättigt dich mit dem besten Weizen.
Er sendet seinen Befehl auf die Erde; sein Wort läuft sehr schnell.Er gibt Schnee wie Wolle, er streut Reif wie Asche,
er wirft sein Eis wie Brocken; wer kann bestehen vor seinem Frost?
Er sendet sein Wort, so zerschmelzen sie; er läßt seinen Wind wehen,
so tauen sie auf.
Er verkündet Jakob sein Wort, Israel seine Satzungen und Rechtsbestimmungen.
So hat er an keinem Heidenvolk gehandelt,
und die Rechtsbestimmungen kennen sie nicht. Hallelujah!

Lied: Nun lob mein Seel den Herren – EG 289, 1,3+4
Nun lob, mein Seel, den Herren, was in mir ist, den Namen sein.
Sein Wohltat tut er mehren, vergiss es nicht, o Herze mein.
Hat dir dein Sünd vergeben und heilt dein Schwachheit groß,
errett′ dein armes Leben, nimmt dich in seinen Schoß,
mit reichem Trost beschüttet, verjüngt, dem Adler gleich;
der Herr schafft Recht, behütet, die leidn in seinem Reich.

Predigttext: Apostelgeschichte 3,1-10

Petrus aber und Johannes gingen hinauf in den Tempel um die neunte Stunde, zur Gebetszeit. Und es wurde ein Mann herbeigetragen, lahm von Mutterleibe; den setzte man täglich vor die Tür des Tempels, die da heißt die Schöne, damit er um Almosen bettelte bei denen, die in den Tempel gingen. Als er nun Petrus und Johannes sah, wie sie in den Tempel hineingehen wollten, bat er um ein Almosen. Petrus aber blickte ihn an mit Johannes und sprach: Sieh uns an! Und er sah sie an und wartete darauf, dass er etwas von ihnen empfinge. Petrus aber sprach: Silber und Gold habe ich nicht; was ich aber habe, das gebe ich dir: Im Namen Jesu Christi von Nazareth steh auf und geh umher! Und er ergriff ihn bei der rechten Hand und richtete ihn auf. Sogleich wurden seine Füße und Knöchel fest, er sprang auf, konnte gehen und stehen und ging mit ihnen in den Tempel, lief und sprang umher und lobte Gott. Und es sah ihn alles Volk umhergehen und Gott loben. Sie erkannten ihn auch, dass er es war, der vor der Schönen Tür des Tempels gesessen und um Almosen gebettelt hatte; und Verwunderung und Entsetzen erfüllte sie über das, was ihm widerfahren war.

Predigt
Liebe Gemeinde, wir haben eine von den vielen Wundergeschichten der Bibel gehört. Heute eine aus der Apostelgeschichte, eine in der nicht mehr Jesus sondern seine Jünger, sozusagen die nächste Generation Wunder wirken.
Am Schönen Tor des Tempels in Jerusalem, zur neunten Stunde treffen Petrus und Johannes und ein Gelähmter aufeinander. Er, der Gelähmte, kann seit seiner Geburt nicht laufen, andere setzen ihn jeden Tag vor das Tor, damit er dort um Almosen bitten kann. Am Nachmittag, der Zeit, an der die meisten Menschen zum Gebet gehen. Er kann damit rechnen, dass ihm Geld gegeben wird, denn ein gläubiger Jude ist aufgefordert einem Bettler etwas zu geben.
Ein gutes Geschäftsmodel könnte man sagen, für ihn, an diesem Ort, zu dieser Uhrzeit.
Aber auch ein Ort der Ausgrenzung. Das schöne Tor ist für alle anderen passierbar, aber nicht für ihn. Den Gelähmten.
In den Tempel hat er keinen Zutritt auf Grund seiner körperlichen Einschränkungen. Zum wirklichen Heiligtum kann er nicht vordringen für ein Gebet, für einen Gottesdienst mit den anderen zusammen. Er ist nicht nur räumlich sondern auch sozial ausgeschlossen. Seit Jahren ist sein Weg, seine Lebensrealität an diesem Tor zu Ende. Da geht es für ihn
nicht weiter. Da ist ihm sein Platz zugewiesen, da bringen ihn die anderen hin, da geht er dem nach was er machen kann, betteln um ein paar Kupfertaler. Er hat sich in seine Situation eingefügt. Er sitzt auf dem Boden. Die anderen laufen aufrecht gehend an ihm vorbei. Ihre Blicke treffen sich nicht, wenn er sich nicht reckt und streckt und nach
oben blickt.

Petrus und Johannes sind auf dem Weg zum Nachmittagsgebet, wie es für einen jüdischen Menschen zu seinem Glaubensalltag dazu gehört.

Sie gehen an ihm vorbei. Auch sie mit ihren Blicken da oben. Er sitzend auf dem Boden. Und auch sie bittet der Gelähmte um eine kleine Spende. Er tut, was er immer tut. Jeden Tag aufs Neue. Und macht mit dieser Bitte auf sich aufmerksam.

Petrus und Johannes legen nicht stoisch ein paar Münzen in seine Hände und gehen weiter. Warum? Das wird nicht erzählt?

Sie lassen sich jedenfalls durch seine Bitte unterbrechen, bleiben stehen und sagen: „Sieh uns an.“ Blick uns ins Gesicht! Sieh nicht weiter nach unten! Du musst deinen Blick nicht abwenden. Du musst dich nicht schämen. Du kannst uns ansehen. Du bist jemand. Wir wollen dich ansehen. Dir in die Augen blicken.
Sehen, wer uns da bittet.

Hier beginnt für mich das Wunder, das wunderbare dieser Erzählung. Hier wird aus einem Vorbeigehen eine Begegnung. Zufällig, könnte man meinen.

Es findet eine Unterbrechung für alle statt. Petrus und Johannes unterbrechen ihre normalen traditionellen Abläufe, bleiben stehen, nehmen den Menschen wahr, steigen aus ihren Routinen aus. Und der Gelähmte erlebt zwei Männer, die sich ihm zuwenden, ihn wirklich sehen wollen, nicht nur so halb im Vorübergehen.
Heute gehen sie nicht vorbei, sondern sehen genau hin. Auf diesen einen Menschen, von denen es sicher viele rund um den Tempel gab.

Silber und Gold haben wir nicht. Was wir aber haben, geben wir dir. Im Namen Jesus Christi von Nazareth steh auf und geh umher.

Was für eine Antwort! Statt Kupfermünzen, statt Gold und Silber: die Aufforderung steh auf und geh umher. Einfach so. Soll jetzt das gehen, was Zeit seines Lebens nicht ging, womit er sich abgefunden hatte, was er betrauert, verflucht und dann doch auch akzeptiert hat. Was ihn ausgeschlossen hat, weil die gesellschaftlichen und religiösen Regeln so waren. Aufstehen und Umher gehen. Jetzt? Hier?
Vor den Augen all der Leute, die gerade auf den Weg in den Tempel sind?

Alleine kann er das nicht wagen. Petrus muss ihm die Hand reichen.
Zur Ermutigung, als Geste, dass es wirklich so ist wie er sagt, als Hilfe und Unterstützung, weil ihn seine Beine so lange nicht getragen haben.

Und das Wunder vollzieht sich. Seine Füße und Knöchel wurden fest, er konnte stehen und gehen. Und er könnte jetzt durch das schöne Tor gehen und den Bereich des Tempels betreten, der ihm immer verwehrt war. Und das tut er auch, an der Hand von Petrus. Schritt für Schritt geht er diesem Tor näher, durchschreitet es. Wird mit jedem Schritt sicherer, und kann es kaum glauben, was er sieht.
Den Tempel in all seiner Pracht, die vielen Menschen,

So viele Jahre kein Zutritt und jetzt geht ihm das Herz über und er vertraut seinen Füßen und springt im Tempel umher und lobte Gott.

Unvorstellbar, ein Wunder auch für die, die es beobachtet haben und den Gelähmten kannten, weil sie so viele Male an ihm vorbeigegangen waren.
Und jetzt war dieser Gelähmte im Tempel, sprang und hüpfte und lobte Gott. Verwunderung und Entsetzen erfüllte sie. Verwunderung, dass das in einem Menschenleben möglich ist. Entsetzen vor einer Kraft, die gesetzte gesellschaftlich und religiöse Grenzen überwindet, außer Kraft setzt.

Liebe Gemeinde, wenn man etwas versucht einzutauchen, doch wirklich eine unglaubliche Geschichte, eine Wundergeschichte eben. Wunder sind Ausnahmen. Sie lassen sich nicht fassen, nicht einsammeln, vermehren, nicht erzwingen und auch nicht erbetteln. Wunder sind unverfügbar und überraschen immer. Wir können Wunder nicht bewirken, wir können sie wahrscheinlich auch wie das Volk in der Geschichte nur mit Verwunderung und einem gewissen Entsetzen wahrnehmen, wenn wir sie erleben dürfen.

Etwas fragend lassen mich Wunder – und Heilungsgeschichten auch immer zurück. Ja was bedeutet es für Menschen,
die einen Leben lang mit körperlichen Einschränkungen leben müssen, solch eine Geschichte zu lesen, zu hören.
Müssen wirklich körperliche Einschränkungen geheilt werden, um Teil der Gesellschaft zu sein, an einer Versammlung, einem Gebet teilzunehmen, in eine Kirche gehen zu können, teil einer Gemeinschaft zu sein. Gehören wir nicht alle dazu, egal wie Nichtheil, Krumm und unwegsam unser Leben ist.

Für mich passiert das Wunder dieser Geschichte in dieser konkreten Begegnung, in dem gegenseitigen Ansehen.
Da passiert das wesentliche der Heilung. Sich in die Augen blicken. Nicht verschweigen und zeigen wer man ist.
Und dann das zu geben, was man geben kann. Was einem menschlich richtig und wichtig erscheint.
Und was wir als Christen zu geben haben. Ein größeres Versprechen als unsere eigenen Worte, Kräfte und Hoffnungen. Im Namen Jesu Christi aus Nazareth dürfen wir daran glauben, hoffen und vertrauen, dass Gottes Kräfte in unserer Welt etwas bewirken. Das sie Grenzen überwinden, die unüberbrückbar scheinen.

Und zu sagen – du, der du seit Jahren hier vor dem schönen Tor des Tempels sitzt. Das Tor, dass schon immer mit Wundern in Verbindung gebracht wurde.
Du gehörst dazu. Das ist hier nicht dein Platz bis zum Ende deines Lebens.
Du kannst mehr als die Hand aufhalten und Geld erbitten. Du kannst teilhaben an unserer Gebets- und Glaubensgemeinschaft. Wir gehen mit dir zusammen zum Gebet. Wir reichen dir die Hand, für den ersten Schritt,
den wir alle nicht für möglich halten, der uns verstellt war, den wir nicht geglaubt haben. Im Namen Jesu Christi von Nazareth steht auf, seht genau hin, geht nicht vorbei. Lasst euch auf Begegnungen ein, hört euch Geschichten des Lebens an, baut Barrieren ab.
Da kann mit seinem Segen etwas heil werden und dafür muss man nicht körperlich gesund und unversehrt sein.

Und daran dürft ihr glauben, so baut sich das Reich Gottes auf, von dem Jesus erzählt hat und das schon unter uns beginnt. Hier am schönen Tor am Tempel von Jerusalem und auch hier in unserem täglichen Leben.

Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen


Miteinander und füreinander beten

Deine Wunder und Verheißungen machen uns Mut, treuer Gott.
Bleib an unserer Seite und erbarme dich.

Mach ein Ende mit den Tyrannen,
die die Armen quälen und Wehrlose ermorden
Bringe zum Schweigen die Spötter,
die Hass säen und die die Schwachen verhöhnen
Treuer Gott, erbarme dich.

Bring die zu Fall,
die Kriege gegen andere Völker führen und zerstören, was ihnen nicht gehört.
Entlarve die Betrüger, die sich am Elend der Armen bereichern.
Treuer Gott, erbarme dich.

Höre die Schmerzensschreie der Schöpfung,
der brennenden Wälder, der beschädigten Bäume,
der schmelzenden Gletscher.
Treuer Gott, erbarme dich.

Schenke deine heilende Kraft den Kranken und allen, die ihnen beistehen;
den Ratlosen und allen, die ihnen raten; den Verzweifelten und allen, die trösten.
Richte die Geknickten wieder auf.
Schütze deine Gemeinde in aller Welt.
Treuer Gott, erbarme dich.

Sei nahe unseren Verstorbenen und Ihren Familien.

Gott Wir vertrauen Sie deiner Liebe an, in der wir sie geborgen wissen

und die uns mit ihnen über den Tod hinaus verbindet.

Tröste die Angehörigen.

Steh ihnen bei und zeige uns, wo wir an ihrer Seite sein können.

Und lehre uns bedenken, dass auch wir sterben müssen,
auf das wir klug werden.

Deine Verheißungen machen uns Mut, treuer Gott.
Tröste uns, wenn wir in Angst sind.
Öffne unsere Herzen für die, die auf uns warten.

Bleibe heute an unserer Seite, treuer Gott
Geh alle Tage mit uns, Jesus Christus. 
Verwandele diese Welt durch deine Liebe.

Mit den Worten Jesu beten wir gemeinsam:

Vater unser im Himmel,
geheiligt werde Dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.

Segen
Es segne und behüte dich Gott, der Allmächtige und Barmherzige,
der Vater, der Sohn und der heilige Geist.
( G. Ortmann)