8. Sonntag nach Trinitatis (25.07.)2021

  • Eröffnung

Ein „Sommer deiner Gnad“ möge es sein, oh Herr des Himmels und der Erde. Nicht überall scheint dieser Wunsch in Erfüllung zu gehen. Die Nachrichten melden Schreckliches. Dennoch: Mit Paul Gerhardts Lied „Geh aus, mein Herz“ suchen wir Trost und Zuversicht im Glauben an Gott für uns und diese Welt.

  • Ein Lied: Geh aus, mein Herz (EG 503)

1. Geh aus, mein Herz, und suche Freud
in dieser lieben Sommerzeit
an deines Gottes Gaben;
Schau an der schönen Gärten Zier,
und siehe, wie sie mir und dir
sich ausgeschmücket haben.

2. Die Bäume stehen voller Laub,
das Erdreich decket seinen Staub
mit einem grünen Kleide.
Narzissus und die Tulipan,
die ziehen sich viel schöner an,
als Salomonis Seide.

3. Die Lerche schwingt sich in die Luft,
das Täublein fleucht aus seiner Kluft
und macht sich in die Wälder,
Die hochbegabte Nachtigall
ergötzt und füllt mit ihrem Schall
Berg, Hügel, Thal und Felder.

4. Die Glucke führt ihr Völklein aus,
der Storch baut und bewohnt sein Haus,
das Schwälblein speist ihr’ Jungen,
Der schnelle Hirsch, das leichte Reh
ist froh, und kommt aus seiner Höh
ins tiefe Gras gesprungen.

5. Die Bächlein rauschen in dem Sand,
und mahlen sich und ihren Rand
mit schattenreichen Myrthen,
Die Wiesen liegen hart dabei,
und klingen ganz von Lustgeschrei
der Schaf und ihrer Hirten.

6. Die unverdroßne Bienenschaar
zeucht hin und her, sucht hier und dar
ihr’ edle Honigspeise,
Des süßen Weinstocks starker Saft
kriegt täglich neue Stärk und Kraft
in seinem schwachen Reise.

7. Der Waizen wächset mit Gewalt,
darüber jauchzet jung und alt,
und rühmt die große Güte
Des, der so überflüßig labt,
und mit so manchem Gut begabt
das menschliche Gemüthe.

8. Ich selbsten kann und mag nicht ruhn,
des großen Gottes großes Thun
erweckt mir alle Sinnen:
Ich singe mit, wenn alles singt,
und laße, was dem Höchsten klingt,
aus meinem Herzen rinnen.

9. Ach, denk ich, bist du hie so schön,
und läßt du’s uns so lieblich gehn
auf dieser armen Erden,
Was will doch wohl nach dieser Welt
dort in dem reichen Himmelszelt
und güldnem Schloße werden?

10. Welch hohe Lust, welch heller Schein
wird wohl in Christi Garten sein?
wie muß es da wohl klingen,
Da so viel tausend Seraphim
mit eingestimmtem Mund und Stimm
ihr Allelujah singen?

11. O wär ich da! O stünd ich schon,
ach, süßer Gott! vor deinem Thron,
und trüge meine Palmen!
So wollt ich nach der Engel Weis’
erhöhen deines Namens Preis
mit tausend schönen Psalmen.

12. Doch will ich gleichwohl, weil ich noch
hier trage dieses Leibes Joch,
auch nicht gar stille schweigen,
Mein Herze soll sich fort und fort
an diesem und an allem Ort
zu deinem Lobe neigen.

13. Hilf nur und segne meinen Geist
mit Segen, der vom Himmel fleußt,
daß ich dir stetig blühe!
Gib, daß der Sommer deiner Gnad
in meiner Seelen früh und spat
viel Glaubensfrücht erziehe.

14. Mach in mir deinem Geiste Raum,
daß ich dir werd ein guter Baum,
und laß mich Wurzel treiben
Verleihe, daß zu deinem Ruhm
ich deines Gartens schöne Blum
und Pflanze möge bleiben.

15. Erwähle mich zum Paradeis
und laß mich bis zur letzten Reis’
an Leib und Seele grünen:
So will ich dir und deiner Ehr
allein, und sonsten keinem mehr,
hier und dort ewig dienen.

  • Aus Psalm 92 – Der Gerechte wird grünen wie ein Palmbaum

Das ist ein köstlich Ding, dem HERRN danken 
und lobsingen deinem Namen, du Höchster, 
des Morgens deine Gnade 
und des Nachts deine Wahrheit verkündigen.
Denn, HERR, du lässest mich fröhlich singen von deinen Werken, 
und ich rühme die Taten deiner Hände. 
HERR, wie sind deine Werke so groß! 
Deine Gedanken sind sehr tief. 
Ein Törichter glaubt das nicht, 
und ein Narr begreift es nicht. 
Die Gottlosen grünen wie das Gras, / und die Übeltäter blühen alle – 
nur um vertilgt zu werden für immer! 
Aber du, HERR, bist der Höchste 
und bleibest ewiglich. 
Der Gerechte wird grünen wie ein Palmbaum, 
er wird wachsen wie eine Zeder auf dem Libanon. 
Die gepflanzt sind im Hause des HERRN, 
werden in den Vorhöfen unsres Gottes grünen. 
Und wenn sie auch alt werden, 
werden sie dennoch blühen, fruchtbar und frisch sein, 
dass sie verkündigen, dass der HERR gerecht ist; 
er ist mein Fels und kein Unrecht ist an ihm.

  • der Sommer deiner Gnad – Gedanken zu Geh aus, mein Herz (EG 503)

1. Zahlenspiele

Der „Sommergesang“ wird der Liedtext von Paul Gerhardt in den Sammlungen seiner Gedichte überschrieben; dieser Sommergesang ist kunstvoll gebaut. Rein zahlenmäßig ist die Strophe 8 das Zentrum. Sie ist der Dreh- und Angelpunkt. Die Ansprache an das „Herz“ aus der 1. Strophe wechselt zum lyrischen Ich. Von der Beschreibung der üppigen Natur geht der Autor über zur Beschreibung des Menschen und seiner Beziehung zu Gott. Die Fruchtbarkeit des Sommers des ersten Teils wird im zweiten Teil zum Bild für ein gnadenreiches und liebevolles Leben mit und bei Gott. 
Auch die Strophen 2-7 weisen eine Symmetrie auf. In den ersten drei Strophen wird die Tier- und Pflanzenwelt für sich beschrieben, während die folgenden 3 Strophen diese Welt als Nahrungsquelle für den Menschen betrachten. Beides hat seinen Platz. Die Bedürfnisse des Menschen und die Herrlichkeit seiner Mitgeschöpfe. 

Ebenso ist das Verhältnis zwischen den Strophen 9-11 und 12-14. Das Paradies wird beschrieben und dann der Zustand der gegenwärtigen Welt. Verbunden wird beides durch den Gedanken, dass des „Leibes Joch“ dem Menschen im „festen Himmelszelt“ abgenommen werde.

Wunderbar, wie kunstvoll dieses Werk geschaffen wurde und ein wahrer Spiegel dessen ist, was es über die Schöpfung Gottes und seiner Gnade mir mitteilen will.

2. Arbeit im Weinberg

Selbstverständlich kommt auch der Wein vor in der 6. Strophe: „Des süßen Weinstocks starker Saft“. Der Wein, der auch in der Bibel immer wieder eine besondere Bedeutung für das Wohl der Menschen hat. Er soll mich stärken, dass ich mich anderen Menschen zuwenden kann. Daher hat mich folgende Meldung aus dem Internet in diesen Tagen besonders bewegt. Mit Blick auf die Flutkatastrophe im Westen des Landes schreibt ein Nutzer: „Im Fernsehen erzählt gerade ein Winzer von der Ahr, der sich wie viele andere gerade nicht um seine Weinberge kümmern kann, dass Kollegen von der Mosel frühmorgens mit Maschinen anrücken, stillschweigend die Arbeit in fremden Weinbergen tun und dann wieder abrücken.“ Wie wohltuend ist diese Solidarität in den Zeiten, wo sich die Medien mit Vorwürfen und Schuldzuweisungen, mit Anklagen und Besserwissereien zu überbieten versuchen. In der 13. Strophe des Liedes heisst es: „Mach in mir deinem Geiste Raum, dass ich dir werd ein guter Baum.“ Die wortlose Hilfe der Winzer von der Mosel gibt mir ein wunderbar anschauliches Beispiel dafür. 

3. Der Sommer deiner Gnad

Als der Sommergesang 1653 das erste Mal in einem Gesangbuch veröffentlicht wird, liegt der 30jährige Krieg etwa 5 Jahre zurück. Das ist der historische Hintergrund vor dem die Zeilen des Gedichts entstanden. Trotz der Greuel des Krieges bringt der Dichter sein Gottvertrauen zur Sprache. Das ist allerdings lange her. Aber Paul Gerhardts wunderbare Wendung „der Sommer deiner Gnad“ berührt mich heute noch genau so. Die Früchte des Sommers müssen damals wie heute für den Herbst und den Winter reichen. Was ich mir an Sanftmut, Umsicht und Tatkraft heute erwerbe, wird mir in Zukunft helfen, auch finstere Tage zu überstehen. Das ist Gottes üppige Gnade. Den reichen Segen eines sonnigen Sommertages nehme ich in mir auf, oder wie es ein anderer Dichter schreibt: „denn sie wußten: sie hatten den Sommer vor sich
und der rasselnde Herbst war noch fern.“ (Theodor Kramer, Der reiche Sommer) Mögen Sie auch einen reichen Sommer vor sich haben und eine gute Ernte in all seiner Fülle und Gnade. Amen.

  • Miteinander und füreinander beten

Habe ein Herz, Gott, für unsere Herzen,

dass wir dir und deiner Schöpfung ehrfürchtig und sorgsam begegnen;
dass wir nicht das zerstören, was wir selbst zum Leben brauchen;
dass wir dich aus voller Brust loben können;
das wir Vertrauen haben auf sommerliche Tage in deinem Garten;
dass wir nie vergessen, dass jeder Mensch durch Jesus für das Paradies erwählt ist.

Mit seinen Worten beten wir:

Vater unser im Himmel,
geheiligt werde Dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.

  • Segen

Der Herr segne uns durch seinen Geist
der uns zum Leben und zum Frieden weist.
Er segne unser Lassen und unser Tun,
in seinen Händen könn‘ wir ruhn.
Amen.

(Pfr. Olaf Wisch)