8. Sonntag nach Trinitatis (30.07.)2023

  • Eröffnung

„Ich will dem Herren singen, denn er ist hoch erhaben.” So jubeln die Israeliten auf ihrem Weg in die Freiheit. Aber dieser Weg ist nicht leicht. Es geht ins Unbekannte. Unnötiges Gepäck würde nur hinderlich sein. Mit Gott ist dieser Weg aber machbar. Das lernen wir aus Liedern, Worten und Gebeten. Amen.

  • Zur Zeit der Angst – Ein Psalm (aus Psalm 32)

Wohl dem, dem die Übertretungen vergeben sind,
dem die Sünde bedeckt ist!
Wohl dem Menschen, dem der HERR die Schuld nicht zurechnet,
in dessen Geist kein Falsch ist!
Denn da ich es wollte verschweigen,
verschmachteten meine Gebeine durch mein tägliches Klagen.
Denn deine Hand lag Tag und Nacht schwer auf mir,
dass mein Saft vertrocknete, wie es im Sommer dürre wird.
Darum bekannte ich dir meine Sünde,
und meine Schuld verhehlte ich nicht.
Ich sprach: Ich will dem HERRN meine Übertretungen bekennen.
Da vergabst du mir die Schuld meiner Sünde.
Deshalb werden alle Heiligen zu dir beten zur Zeit der Angst;
darum, wenn große Wasserfluten kommen,
werden sie nicht an sie gelangen.
Du bist mein Schirm, du wirst mich vor Angst behüten,
dass ich errettet gar fröhlich rühmen kann.
Freuet euch des HERRN und seid fröhlich, ihr Gerechten,
und jauchzet, alle ihr Frommen.

  • Er selbst kommt uns entgegen – Ein Lied: „Vertraut den neuen Wegen“ (EG395)

1. Vertraut den neuen Wegen,
auf die der Herr uns weist,
weil Leben heißt: sich regen,
weil Leben wandern heißt.
Seit leuchtend Gottes Bogen
am hohen Himmel stand,
sind Menschen ausgezogen
in das gelobte Land.

2. Vertraut den neuen Wegen
und wandert in die Zeit!
Gott will, dass ihr ein Segen
für seine Erde seid.
Der uns in frühen Zeiten
das Leben eingehaucht,
der wird uns dahin leiten,
wo er uns will und braucht.

3. Vertraut den neuen Wegen,
auf die uns Gott gesandt!
Er selbst kommt uns entgegen.
Die Zukunft ist sein Land.
Wer aufbricht, der kann hoffen
in Zeit und Ewigkeit.
Die Tore stehen offen.
Das Land ist hell und weit

  • Mitten ins Meer – Lesung aus dem 2. Buch Mose Kapitel 14

Da erhob sich der Engel Gottes, der vor dem Heer Israels herzog,
und stellte sich hinter sie.
Und die Wolkensäule vor ihnen erhob sich
und trat hinter sie
und kam zwischen das Heer der Ägypter und das Heer Israels.
Und dort war die Wolke finster und hier erleuchtete sie die Nacht,
und so kamen die Heere die ganze Nacht einander nicht näher.

Als nun Mose seine Hand über das Meer reckte,
ließ es der HERR zurückweichen
durch einen starken Ostwind die ganze Nacht
und machte das Meer trocken,
und die Wasser teilten sich.
Und die Israeliten gingen hinein mitten ins Meer auf dem Trockenen,
und das Wasser war ihnen eine Mauer zur Rechten und zur Linken.

Und die Ägypter folgten und zogen hinein ihnen nach,
alle Rosse des Pharao, seine Wagen und Reiter,
mitten ins Meer.

Als nun die Zeit der Morgenwache kam,
schaute der HERR auf das Heer der Ägypter
aus der Feuersäule und der Wolke
und brachte einen Schrecken über ihr Heer
und hemmte die Räder ihrer Wagen
und machte, dass sie nur schwer vorwärtskamen.

Da sprachen die Ägypter: Lasst uns fliehen vor Israel;
der HERR streitet für sie wider Ägypten.
Aber der HERR sprach zu Mose:
Recke deine Hand aus über das Meer,
dass das Wasser wiederkomme und herfalle über die Ägypter,
über ihre Wagen und Reiter.

Da reckte Mose seine Hand aus über das Meer,
und das Meer kam gegen Morgen wieder in sein Bett,
und die Ägypter flohen ihm entgegen.
So stürzte der HERR sie mitten ins Meer.
Und das Wasser kam wieder und bedeckte Wagen und Reiter,
das ganze Heer des Pharao, das ihnen nachgefolgt war ins Meer,
sodass nicht einer von ihnen übrig blieb.
Aber die Israeliten gingen trocken mitten durchs Meer,
und das Wasser war ihnen eine Mauer zur Rechten und zur Linken.
So errettete der HERR an jenem Tage Israel aus der Ägypter Hand.
Und sie sahen die Ägypter tot am Ufer des Meeres liegen.
So sah Israel die mächtige Hand,
mit der der HERR an den Ägyptern gehandelt hatte.
Und das Volk fürchtete den HERRN,
und sie glaubten ihm und seinem Knecht Mose.

Damals sangen Mose und die Israeliten dies Lied dem HERRN und sprachen:
Ich will dem HERRN singen, denn er ist hoch erhaben;
Ross und Reiter hat er ins Meer gestürzt.
Der HERR ist meine Stärke und mein Lobgesang und ist mein Heil.
Das ist mein Gott, ich will ihn preisen,
er ist meines Vaters Gott, ich will ihn erheben.
Der HERR ist der rechte Kriegsmann, HERR ist sein Name.
Des Pharao Wagen und seine Macht warf er ins Meer,
seine auserwählten Streiter versanken im Schilfmeer.

Wort des lebendigen Gottes!

  • Flüchten vor sich selbst – Gedanken zu Israels Durchzug durch das Schilfmeer (2. Mose 14)

1. Kinderbibel
Gut kann ich mich noch an die eine Kinderbibel erinnern, an dieses eine Bild. In Schwarzweiß, vielleicht mit einer Feder gezeichnet. Mitten in den wild zusammenschlagenden Wellen des Meeres ertrinken die Ägypter. Ihre Heeresmacht wird gekennzeichnet. Die Männer tragen Helme. Das Rad eines Streitwagens ist noch sichtbar, bevor er ganz in den Fluten versinkt. Metall schwimmt nicht. Und auch die Köpfe der Pferde, die panisch sich über Wasser halten wollen. Aber ihr Untergang ist gewiss.
Am Ufer der Katastrophe stehen die leicht bekleideten, unkriegerisch und friedlich aussehenden Israeliten. Die Erleichterung ist ihnen ins Gesicht geschrieben. Gerettet! Durch Gottes Hilfe.
Auch für mich als Kind war das befriedigend zu sehen. Die Gefahr vorüber. Die Bösen haben ordentlich eins aufs Dach gekriegt. Dass sie sterben, stand da nicht im Vordergrund. Aber deutlich das Gefühl, dass Gott den Schwächeren hilft, dass er den Mackern und Angebern und Unterdrückern nicht das letzte Wort lässt.
Ein Wunsch, der bleibt. Wäre doch schön, wenn die Welt so funktionieren würde.

2. Fluchthilfe
Erst gegen Morgen können die Israeliten losziehen. Die ganze Nacht weht der Ostwind, um die Passage durch das Meer gangbar zu machen. Bis dahin errichtet Gottes Engel eine Wolkensäule, die Ägypter und das Heer Israels trennt. Die ganze Nacht hindurch. Dass ihnen keine Gefahr droht. Dann gehen sie los; und ich stelle mir vor, wie sie das Wunder bestaunen, die Wassersäule recht und links, und wieviel Vertrauen sie aufbringen müssen, dass dieses Wunder bis ans andere Ufer anhält. Und ich frage mich, was die Ägypter da hineintreibt. Ihr Anspruch auf die billigen Arbeitskräfte, ihre Wut auf dieses Volk, dessen Gott so viele Katastrophen über Ägypten hat hereinbrechen lassen; oder ihre Pflicht ihrem Pharao gegenüber; oder letztlich der Umstand, dass sie das Wunder dem Zufall zuordnen und nicht Gott?
Aber schnell merken sie, dass sie sich auf feindlichem Terrain bewegen. Schrecken bricht über sie herein und die Räder ihrer Wagen wird gehemmt. Jetzt kehren sie doch um. Zu spät. Da brechen schon die Wellen über sie herein. Nicht einer von ihnen blieb übrig.
Und ich frage mich, war das nötig? Die Israeliten waren doch sicher. Die Ägypter kehrten doch schon um. Warum müssen sie alle sterben?

3. Schulden
Gott wird es schon wissen, warum? Gott meint es am Ende gut mit uns. Was uns Böses geschieht, haben wir uns selbst zuzuschreiben. Ich sitze mit einem Patienten im Andachtsraum und wir denken nach über diese Geschichte aus dem 2. Buch Mose. Alles perfekt, der engelhafte Schutz in der Nacht, der trockene Meeresboden, auch eben der Tod der Ägypter. Mit dieser Geschichte dreht sich unser Gespräch in eine andere Richtung. Dass er seinen Fuß verloren hat, ist grade nicht so wichtig. Er erzählt mir von seiner Selbständigkeit. Die hat nicht funktioniert. Er musste Insolvenz anmelden. Ich bin überrascht von dem Eindruck, die seine Worte auf mich machen. Es kommt mir so vor, als ob diese Insolvenz, der Verlust seines Geschäftes und das damit einhergehende persönliche Scheitern schlimmer sei als der verlorene Fuß.
Das war eine schlimme Zeit, erzählt er weiter, und erst in seiner Gemeinde habe er sich wieder fangen können. Finanziell war ja schon alles geregelt. Aber das Scheitern hing ihm noch schwer an. Der Rückblick, die Wünsche und Träume, die Pläne, alles das hat nicht funktioniert. Das Leben geht weiter, aber immer mit dieser Last. Es bräuchte was, was diese innere Last von Scham und Schuld einfach wegwäscht, im Meer ersäuft. Ein für alle Mal. Da gibt es nichts Halbherziges. Als er merkte und spürte, dass er in seiner Gemeinde trotzdem einen Platz hat, dass er nicht verurteilt und beschämt wird, gewinnt er ein Vertrauen, das ihm Kraft gibt. Aus dieser Kraft heraus kann er selbst den Verlust seines Fußes annehmen.

4. Fluchthilfe 2
Vor dir selbst kannst du nicht flüchten, heißt es. Vor deinem inneren Ägypter. Der dich beschäftigt und dich quält, der dir keinen Ausweg lässt. Und der dich verführt, weil es doch die gewohnte Art ist, zu leben. Da weiß man wenigstens, woran man ist.
Wenn ich vor mir eine Wüste habe und hinter mir mein bisheriges Leben mit seinen Wünschen und Träumen und Plänen, dann kann ich nicht einfach loslassen. Ich kann nicht dieses alte Leben nicht mit mir herumschleppen, weil dann die Kraft für den Weg vor mir nicht reicht. Der innere Ägypter muss sterben. Ersaufen in den Wellen des Meeres. Untergehen mit seiner Rüstung und seinen Kampfwagen und seinen Pferden. Es ist wie eine Auferstehung, eine Taufe, die einen neuen Menschen aus mir macht. Wer einmal einen schweren Verlust erlitten hat, weiß, dass das reale Erfahrungen sind. Er kennt das Gefühl der Belastung und spürt die Erleichterung, wenn er diese Last hinter sich lassen kann.
Dafür ist es hilfreich, darüber zu reden und die Dinge klar zu benennen. Wie es der Beter im Psalm 32 ausdrückt:
Denn da ich es wollte verschweigen, verschmachteten meine Gebeine durch mein tägliches Klagen. Denn deine Hand lag Tag und Nacht schwer auf mir, dass mein Saft vertrocknete, wie es im Sommer dürre wird. Sela. Darum bekannte ich dir meine Sünde, und meine Schuld verhehlte ich nicht. Ich sprach: Ich will dem HERRN meine Übertretungen bekennen. Da vergabst du mir die Schuld meiner Sünde.
Es ist hilfreich darüber zu reden, nicht um das Vergangene zu vergessen, sondern um es nicht mehr tragen zu müssen. Ich kann es gewissermaßen unter die Leute bringen. Ich gewinne das Vertrauen, dass sie mich nicht verurteilen. Ich glaube daran, dass Gott mir die Schuld vergibt, den inneren Ägypter ersäuft und mir Kraft gibt für den ungewissen Weg vor mir. Anders würde es nicht gehen. Anders könnten die Israeliten nicht den Weg durch die Wüste antreten. Deshalb erzählen wir diese Geschichte bis heute. Das kindliche Gefühl, dass Gott mir in meiner Schwäche hilft. Das ich darüber sprechen kann und mich von meiner Last befreit.

Vor dir selbst kannst du nicht flüchten, heißt es. So stimmt das nicht. Der Weg ist offen. Der Meeresboden ist trocken. Eine Brücke ist gebaut. Ich gehe hinüber und bin frei. Das Herz voller Gesang: Ich will dem Herrn singen, denn er ist hoch erhaben; Ross und Reiter hat er ins Meer gestürzt. Der Herr ist meine Stärke und mein Lobgesang und ist mein Heil.
Amen.

  • Antworten sind dürftig – Miteinander und füreinander beten

Barmherziger Gott,
Dorf um Dorf kämpfen sie im Krieg. Das Töten geht weiter. Es ist schrecklich diese Bilder zu sehen.
Wie können sie das alles hinter sich lassen? Wieder Frieden finden in dieser Welt. So viele Fragen, Gott, die Antworten sind dürftig. Wie können wir wieder Vertrauen gewinnen und Zuversicht in eine friedliche Zukunft in dieser Welt?

Seele um Seele, Gott, kämpfen wir in unserem Alltag. So viele Krisen und Nöte, Streit und Missgunst. Wie geht der Weg weiter? Was können wir loslassen? Wie können wir wieder aufeinander zugehen? So viele Fragen, Gott, die Antworten sind dürftig. Oder hören wir dich nicht, weil unser Verstand und unser Herz verstopft ist mit den Dingen, die wir geplant und uns angeeignet haben?

Tag um Tag kämpfen wir für unser Leben. Wir müssen Abstriche machen, wir erleiden Verluste und scheitern an unseren Plänen. Immer mehr begreifen wir, dass unser Leben hier auf Erden nicht endlos ist. Wir werden krank, wir trauern und fühlen uns einsam. So viele Fragen, Gott, die Antworten sind dürftig. Lenke unseren Blick nach vorn. Dass wir neu hoffen lernen auf deine Zukunft, ohne Schmerz und Leid und Tränen.

Vater unser im Himmel,
geheiligt werde Dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.

  • Segen

Es segne und behüte uns der allmächtige und barmherzige
Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist.
Er bewahre uns vor Unheil und führe uns zum ewigen Leben.
Amen.

(Pfr. Olaf Wisch)