4. Sonntag vor der Passionszeit (06.02.)2022

  • Eröffnung

„Kommt her und sehet an die Werke Gottes, der so wunderbar ist in seinem Tun an den Menschenkindern.“ So begrüßt uns der Psalm 66 als wunderbare Menschenkinder Gottes. Getragen in Gottes Armen. Für diesen Tag, für die kommenden Tage, von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Amen.

  • Seine Wunder im Meer – Worte aus Psalm 107

Danket dem Herrn; denn er ist freundlich,
und seine Güte währet ewiglich.
So sollen sagen, die erlöst sind durch den Herrn,
die er aus der Not erlöst hat,
Die mit Schiffen auf dem Meere fuhren
und trieben ihren Handel auf großen Wassern,
die des Herrn Werke erfahren haben
und seine Wunder im Meer,
wenn er sprach und einen Sturmwind erregte,
der die Wellen erhob,
und sie gen Himmel fuhren und in den Abgrund sanken,
dass ihre Seele vor Angst verzagte,
dass sie taumelten und wankten wie ein Trunkener
und wussten keinen Rat mehr,
die dann zum Herrn schrien in ihrer Not
und er führte sie aus ihren Ängsten
und stillte das Ungewitter,
dass die Wellen sich legten
und sie froh wurden, dass es still geworden war
und er sie zum ersehnten Hafen brachte:
Die sollen dem Herrn danken für seine Güte /
und für seine Wunder,
die er an den Menschenkindern tut,
und ihn in der Gemeinde preisen
und bei den Alten rühmen.

  • Ein Lied: Stimme, die Stein zerbricht (EGE 21)

Stimme, die Stein zerbricht, · kommt mir im Finstern nah,
jemand, der leise spricht: · Hab keine Angst, ich bin da.
Sprach schon vor Nacht und Tag, · vor meinem Nein und Ja,
Stimme, die alles trägt: · Hab keine Angst, ich bin da.
Bringt mir, wo ich auch sei, · Botschaft des Neubeginns,
nimmt mir die Furcht, macht frei, · Stimme, die dein ist: Ich bin’s.
Wird es dann wieder leer, · teilen die Leere wir.
Seh dich nicht, hör nichts mehr · und bin nicht bang: Du bist hier.

  • Ein Gespenst – Worte aus Matthäus 14,22-33

Und alsbald drängte Jesus die Jünger, in das Boot zu steigen und vor ihm ans andere Ufer zu fahren, bis er das Volk gehen ließe. Und als er das Volk hatte gehen lassen, stieg er auf einen Berg, um für sich zu sein und zu beten. Und am Abend war er dort allein.
Das Boot aber war schon weit vom Land entfernt und kam in Not durch die Wellen; denn der Wind stand ihm entgegen. Aber in der vierten Nachtwache kam Jesus zu ihnen und ging auf dem Meer. Und da ihn die Jünger sahen auf dem Meer gehen, erschraken sie und riefen:
Es ist ein Gespenst!, und schrien vor Furcht.
Aber sogleich redete Jesus mit ihnen und sprach: Seid getrost, ich bin’s; fürchtet euch nicht! Petrus aber antwortete ihm und sprach: Herr, bist du es, so befiehl mir, zu dir zu kommen auf dem Wasser. Und er sprach: Komm her! Und Petrus stieg aus dem Boot und ging auf dem Wasser und kam auf Jesus zu. Als er aber den starken Wind sah, erschrak er und begann zu sinken und schrie: Herr, rette mich! Jesus aber streckte sogleich die Hand aus und ergriff ihn und sprach zu ihm: Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt?
Und sie stiegen in das Boot und der Wind legte sich. Die aber im Boot waren, fielen vor ihm nieder und sprachen: Du bist wahrhaftig Gottes Sohn!

Wort unseres Herrn Jesus Christus!
Amen.

  • Was mir Angst machte Gedanken zu Matthäus 14

In der Kinderbuchreihe „Harry Potter“ gibt es ein Wesen namens Irrwicht. Es hat eine eigentümliche Eigenschaft. Für jede Betrachterin sieht es anders aus. Es nimmt nämlich die Gestalt dessen an, vor dem ich mich am meisten fürchte. Jagt mir etwa meine Grundschullehrerin den größten Schrecken ein, nimmt das Wesen ihre Gestalt an.
Im Evangelium des heutigen Sonntags passiert etwas Vergleichbares. Jesus, der den Jüngern im Boot auf der stürmischen See entgegengeht, erscheint ihnen als Phantasma, als Schreckgestalt, als Gespenst.
Das Phantasma ist ein Trugbild. Die Erscheinung Jesu als Gespenst ebenso wie die individuelle Gestalt des Irrwichts. Sie entsprechen nicht der Wirklichkeit. Wenn sich aber mein Blick verengt und ich voller Angst auf eine gefährliche Situation blicke, sehe ich das, was ich besonders fürchte.
Der Irrwicht steht für eine sehr menschliche Reaktion. Sie gleicht mein Inneres mit dem Äußeren auf eine irrtümliche Weise ab. Die äußere Gefahr wird übergroß angesichts eines inneren Bildes, das mir in der Vergangenheit große Angst machte.
So wiederholt sich diese Fehldeutung auch bei Petrus. Angesichts der Wellen verliert er sein Vertrauen und droht zu ertrinken.
Der Irrwicht kann der Erzählung nach bekämpft werden durch eine Veränderung des inneren Bildes. Was mir Angst und Bange macht, wird ersetzt durch ein ungefährliches Bild, indem ich das Schreckensbild lächerlich mache. Die Grundschullehrerin beispielsweise fängt an zu tanzen und verlässt mit einem verklärten Blick das Klassenzimmer. Die Gefahr ist gebannt. Jesus spricht die Jünger an, und sie erkennen ihn. Dem ertrinkenden Petrus reicht er die Hand. Was die Jünger sehen und erleben, passt wieder zum tatsächlichen Geschehen.
Dazu gehört Jesu Tadel. Du Kleingläubiger! Wo die Angst übergroß ist, hat der Glaube keinen Platz mehr. Er wird kleiner und kleiner.

Zahlen, Masken, Spaziergänge: Alles das wirkt bedrohlich in dieser Zeit. Ich kann mich noch gut erinnern, wie ich zu Beginn der Coronapandemie meinen Blick kaum abwenden konnte von den täglich sich überschlagenden Nachrichten. Ich sitze hinter dem Bildschirm und warte voller Angst auf eine erlösende Nachricht. Aber die kam nicht. Die Gedanken wurden nur noch verwirrter und mein Seele noch ängstlicher. Die Augen wie festgestellt auf das immer bedrohlicher wirkende Szenario. Der Wirklichkeit entsprach das aber nur teilweise. Ja, die Erkrankung ist gefährlich; ja, es ist gut, eine Ansteckung zu vermeiden. Aber es gibt daneben noch mehr. Ebenso Wichtiges. Kontakt zu anderen Menschen, die alltäglichen und besonderen Aufgaben, die Freude am Leben. Wenn dafür kein Platz mehr ist, weil mich die Angst beherrscht, wird das Leben und der Atem und die Seele eng. Ich hocke da wie im Tunnel. Ein Schreckgespenst, genährt aus alten Geschichten und neuen Bildern, hält mich gefangen.
Dann ist es gut und heilsam, wenn ich auf eine Stimme jenseits des Bildschirms höre und eine helfende Hand ergreife. Komm mal vorbei, fordert mich ein guter Freund auf. Trotz Ausgangssperre? Nun ja, was tun? Aber das Gespräch gibt mir schon Orientierung. Ich lege das Handy beiseite. Fühle mich erlöst von angstmachenden Trugbildern, die sich in meinem Kopf breitgemacht haben. Die stürmischen Wellen weichen, die Dinge haben wieder ihren richtigen Platz und ihre angemessene Bedeutung, und ich habe wieder festen Grund unter den Füßen.

Wohlgemerkt, die äußere Gefahr ist nicht zu unterschätzen. Es hilft auch nichts aus lauter Angst die Gefahr ganz zu leugnen. Ein realistischer Blick hilft. Doch dazu muss ich auch bereit sein. Im Vertrauen auf Jesu göttliche Macht kann der Blick wieder frei werden. So erging es den Jüngern. Im Vertrauen darauf, dass Nächstenliebe und Gemeinschaft stärker sind als meine persönliche Angst, klärt sich mein Blick und mein Denken und Fühlen. Meine Handlungen passen dann wieder zu dem, was um mich vor sich geht. Ein Krankenhauspatient erzählt von der langen Zeit, die seine Genesung braucht und von dem, was ihm geholfen hat. Seine Erfahrung damit bringt es auf den Punkt: Das, was mir erst Angst machte, erwies sich in Wahrheit als heilsam.

Das fühlt sich wunderbar an. Obwohl ich natürlich aus Erfahrung weiß, dass der nächste Moment kleinen Glaubens nicht weit ist, dass das nächste Trugbild nicht lange auf sich warten lässt, kann ich dennoch die Erfahrung – und vor allem meinen Glauben – dagegen stellen, die mir wieder heraus helfen. Wunderbarerweise!

Amen.

  • Unsere Augen – Miteinander und füreinander beten

Guter Gott,
schön wäre, dem Petrus es gleich zu tun. Die ersten Schritte gehen, auch wenn das Ergebnis ungewiss ist, auch wenn wir Fehler machen dabei, Angst haben.
Wenn Politiker Fehler machen könnten bei dieser Pandemie, ohne dass die Bevölkerung sofort das Vertrauen verliert. Wenn die Politik akzeptieren könnte, dass eingeschlagene Wege nicht immer beibehalten werden müssen und der Protest dagegen nicht immer eine Bedrohung darstellt.
Schön wäre es, wenn Russland und die Ukraine, und all die anderen Länder in diesem Konflikt aufeinander zugehen könnten. Wenn sie sich die Hand reichen würden und – um des Friedens willen – nicht auf jeden Anspruch bestehen würden.
Schön wäre es, wenn sich die Opfer einer missbrauchenden Kirche endlich gehört fühlen könnten; wenn wir den Mut haben, Fehler zu zugestehen, weil wir darauf vertrauen, dass nur auf diese Weise das Evangelium wahrhaft verkündet werden kann. Wenn die Kritiker ebenso sehen könnten, wie viel Herz und Sanftmut in unseren Gemeinden Platz haben.
Schön wäre, wenn wir aufeinander zugehen können in all unseren privaten Beziehungen; alte Wunden schließen, gern auch mit schiefen Narben; dass wir wieder miteinander sprechen und uns nah sein können in dieser wilden Welt.
Schön wäre es, guter Gott, wenn uns die Worte Jesu gewiss machen könnten, dass du uns mit allen Fehlern, Narben, Kompromissen und mit aller Schuld lieb hast.

Mit den Worten Jesu beten wir:

Vater unser im Himmel,
geheiligt werde Dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.

  • Segen

Es segne und behüte uns der allmächtige und barmherzige
Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist.
Er bewahre uns vor Unheil und führe uns zum ewigen Leben.
Amen.

(Pfr. Olaf Wisch)