2. Sonntag vor der Passionszeit (20.02.)2022

  • Eröffnung

„Heute, wenn ihr seine Stimme hört, so verstockt eure Herzen nicht.“ So heißt es im Hebräerbrief im 3. Kapitel. Mit dieser Andacht und mit Gottes Wort wollen wir unseren Herzensacker fruchtbar machen.

  • Süßer als Honig – Worte aus Psalm 119

Herr, dein Wort bleibt ewiglich,
so weit der Himmel reicht;
deine Wahrheit währet für und für.
Du hast die Erde fest gegründet, und sie bleibt stehen.
Nach deinen Ordnungen bestehen sie bis heute;
denn es muss dir alles dienen.
Wenn dein Gesetz nicht mein Trost gewesen wäre,
so wäre ich vergangen in meinem Elend.
Dein Wort ist meinem Munde süßer als Honig.
Dein Wort macht mich klug;
darum hasse ich alle falschen Wege.
Dein Wort ist meines Fußes Leuchte
und ein Licht auf meinem Wege.
Erhalte mich nach deinem Wort, dass ich lebe,
und lass mich nicht zuschanden werden in meiner Hoffnung.

  • Ein Lied: „Gott hat das erste Wort“ (EG 199)
  1. Gott hat das erste Wort.
    Es schuf aus Nichts die Welten
    und wird allmächtig gelten
    und gehn von Ort zu Ort.
  2. Gott hat das erste Wort.
    Eh wir zum Leben kamen,
    rief er uns schon mit Namen
    und ruft uns fort und fort.
  3. Gott hat das letzte Wort,
    das Wort in dem Gerichte,
    am Ziel der Weltschichte,
    dann an der Zeiten Bord.
  4. Gott hat das letzte Wort.
    Er wird es neu uns sagen
    dereinst nach diesen Tagen
    im ewgen Lichte dort.
  5. Gott steht am Anbeginn,
    und er wird alles enden.
    In seinen starken Händen
    liegt Ursprung, Ziel und Sinn.
  • Hundertfach Frucht – Worte aus Lukas 8,4-8

Es ist gut, den Boden zu bereiten für die Saat Gottes. Gottes Wort zu hören ist kein Selbstläufer. Gott bereite unsere Herzen und er bereite das Wort, dass es keimen und treiben kann in unseren Herzen, dass es nicht verloren gehe. Das Evangelium steht bei Lukas im 8. Kapitel:

Als nun eine große Menge beieinander war und sie aus jeder Stadt zu ihm eilten, sprach Jesus durch ein Gleichnis: Es ging ein Sämann aus zu säen seinen Samen.
Und indem er säte, fiel einiges an den Weg und wurde zertreten, und die Vögel unter dem Himmel fraßen’s auf.
Und anderes fiel auf den Fels; und als es aufging, verdorrte es, weil es keine Feuchtigkeit hatte.
Und anderes fiel mitten unter die Dornen; und die Dornen gingen mit auf und erstickten’s.
Und anderes fiel auf das gute Land; und es ging auf und trug hundertfach Frucht.
Da er das sagte, rief er: Wer Ohren hat zu hören, der höre!

Wort unseres Herrn Jesus Christus.
Amen.

  • Worte aus Fleisch und Blut – Gedanken zu Hebräer 4,12-13

Denn das Wort Gottes ist lebendig und kräftig und schärfer als jedes zweischneidige Schwert und dringt durch, bis es scheidet Seele und Geist, auch Mark und Bein, und ist ein Richter der Gedanken und Sinne des Herzens. Und kein Geschöpf ist vor ihm verborgen, sondern es ist alles bloß und aufgedeckt vor den Augen dessen, dem wir Rechenschaft geben müssen.

Die Psychologin der Station rief mich am nächsten Tag an, einem Montag: Ich wollte nur kurz rückmelden, wie es dem Patienten geht, den Du gestern besucht hast. Ich weiß nicht, was du gemacht hast, aber es geht ihm besser! Als ich wieder aufgelegt hatte, konnte ich nur feststellen, dass ich es auch nicht wusste. Ich hatte doch nur ein paar Worte mit ihm gewechselt.

Worte haben Macht. Erstaunlich, wenn ich davon ausgehe, dass es nur Schallwellen sind, die von einem organischen Nervengewebe hoher Komplexität verarbeitet und interpretiert werden. Vom Gehirn aus werden aber alle Organe und das Immunsystem beeinflusst und gesteuert. Und auf diese Weise lösen Worte nicht nur Gedanken aus, sondern haben auch sehr konkrete körperliche Auswirkungen; je nachdem wie das Gehirn das Gehörte verarbeitet.

Dabei kommt es darauf an, wie Worte wirken und welche Bedeutung sie für mich haben.
Manches ist mir egal, was einen anderen auf die Palme bringen kann. Anderes führt mich in tiefe Scham oder löst Zorn aus. Es kommt darauf an, wer wie was wann sagt. Und welcher Art die Wörter selbst sind. Manche Wörter verändern ihre Bedeutung wie die Wörter „Heimat“ und „Querdenker“. Wenn mich heute jemand Querdenker nennen würde, müsste ich erst nachfragen, wie er es meint. Geht es um eine unkonventionelle Denkweise, würde ich es als Kompliment auffassen. Mutmaßt er hingegen, dass ich ein „Spaziergänger“ sei, würde ich mich eher wundern. (Spaziergänger, noch so ein Wort!) Das Wort „Heimat“ hingegen hat schon lange eine wechselhafte Karriere. Es schillert und wandelt sich ständig in seiner Bedeutung. Es ist sehr schwer zu definieren. Es löst sehr unterschiedliche Reaktionen aus. In der Erzählung „Kein Wort zurück“ von Vera Vorneweg ist die Protagonistin auf der Suche nach diesem Wort, weil es ihr abhandengekommen ist aufgrund rechtsextremer Wahlplakate in ihrem HEIMATdorf. Ist das Dorf noch Heimat nun? Ist das Wort dort noch zu finden? Sie sucht es wie ein verlorenes Kind, weil es ihr doch am Herzen liegt. Es ist jedenfalls keine leichte Suche. (https://www.eva-leipzig.de/product_info.php?info=p5233_Kein-Wort-zurueck.html)

Es ist schwierig mit den menschlichen Worten und so ist die Beschreibung des göttlichen Wortes im Hebräerbrief überzeugend. Die Worte Gottes sind:
Lebendig und kräftig und schärfer. So stand es auch auf dem Plakat des Kirchentags im Jahr 2007. Der abgebildete Fisch, das Symbol der Christen, war mit einer Haifischflosse ausgestattet. Angriffslustig und hungrig. Mit mir ist zu rechnen! Das war die Botschaft des Kirchentagshais. Ich mochte ihn gern, diesen christlichen Hai, am Anfang meiner Ausbildung. Nun sollte ich ja Teil sein dieser angriffslustigen, scharfzüngigen und hungrigen Worttruppe. Ob ich in meinen Predigten ähnlich überzeugend sein könnte?, fragte ich mich. Bin ich geeignet für das Wort Gottes?

Dass das göttliche Wort große Macht hat, belegen viele Stellen in der Bibel. Schon ganz am Anfang. Das Wort Gottes erschafft die Welt. Und Gott sprach: Es werde Licht! Und die dazugehörige Stelle im Johannesevangelium: Und das Wort ward Fleisch! Vielleicht beschreibt dieser Vers am deutlichsten die Wirkung, die göttliche Worte haben können. Worte sind keine luftigen Gebilde sondern bestehen aus Blut und Fleisch.

Allerdings, wenn ich in den entsprechenden Bibeltext schaue, ist das nur ein Teil der Botschaft. Verbunden mit dieser bissigen Ansage – lebendig und kräftig und schärfer – ist ein bestimmtes Ziel. Die himmlische Ruhe. Die himmlische Ruhe im Vergleich zur irdischen Unruhe. Wahrlich wünschenswert. Nicht nur wegen des Sturmes, der gerade das Wetter beherrscht. Kern der irdischen Unruhe ist aber nicht das Wetter, sondern das menschliche Innere. Gutes und Schlechtes liegen im Geist und in der Seele im Widerstreit. Der Mensch ist ein Hort dieses Widerstreites und das ist der Kern seiner Unruhe. Das göttliche Wort soll da Ordnung schaffen und klare Unterscheidungen treffen.
Insofern ist das göttliche Wort schon etwas sehr anderes als die menschlichen Worte. Denn diese sind von der menschlichen Unruhe getrieben. Heimat, Querdenker, Spaziergang. Gutes und Böses sind in ihnen unentwirrbar.
Die Verheißung des Hebräerbriefes liegt hingegen in der scheidenden Kraft des göttlichen Wortes. Sie liegt in der göttlichen Möglichkeit, unser Inneres, unsere Sehnsüchte und Wünsche, unsere Motivationen und Ziele klar zu benennen. Sie liegt darin, dass wir mit Gott unsere wahre Heimat benennen können. Die Heimat bei Gott ist unhinterfragbar und nicht unseren schwankenden Meinungen unterworfen. Da gehöre ich hin, da will und werde ich sein.

Diese frohe Botschaft befreit mich aber noch nicht von der Frage, wie ich hier auf Erden mit den Worten umgehe. Es bleibt eine offene Frage, wie ich die Worte verstehe und auf welche Weise ich nach ihnen handele. Sowohl hinsichtlich der irdischen wie auch der himmlischen Worte. Das Wesen des himmlischen Wortes besteht darin, das Irdische immer wieder in Frage zu stellen. Immer wieder zu fragen, ob ich auf dem richtigen Weg bin, ob ich richtig verstanden habe, ob ich ruhigen Gewissens weitermachen kann.
Die allgemeine Antwort darauf liegt im göttlichen Gebot: Gott lieben und den Nächsten wie dich selbst.
Ein großes Wort! Jetzt kommt es darauf an, es hineinzunehmen in mein Leben, es Fleisch und Blut werden zu lassen und ein Licht zu sein in dieser Welt. Manchmal ohne recht zu wissen wie. Zum Beispiel auf einer Krankenstation mit traurigen Menschen voller Unruhe. Manchmal, glaube ich, fließt das Wort Gottes nur durch mich hindurch und landet dort, wo es den himmlischen Frieden bereitet. Wo es für Ruhe sorgt, bei meinem Nächsten und bei mir.

Amen.

  • Mit Bedacht – Miteinander und füreinander beten

Großer Gott,

leite uns unsere Worte mit Bedacht zu wählen.
Wie leicht können wir unseren Mitmenschen damit verletzen, täuschen und unterdrücken.
Ebenso leicht, wie wir ihn trösten, aufbauen und aufklären können.
Leite uns gut zu unterscheiden
zwischen guten und bösen Worten,
dass Krieg nicht Frieden heißt,
dass Heimat Geborgenheit heißt und nicht Unmenschlichkeit,
dass Gewalt nicht Protest heißt,
dass Zwang nicht Liebe heißt,
dass Macht nicht Glaube heißt,
dass Täuschung nicht Hoffnung heißt.

Mit den Worten Jesu beten wir:

Vater unser im Himmel,
geheiligt werde Dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.

  • Segen

Es segne und behüte uns der allmächtige und barmherzige
Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist.
Er bewahre uns vor Unheil und führe uns zum ewigen Leben.
Amen.

(Pfr. Olaf Wisch)