4. Sonntag nach Trinitatis 2020

  • Eröffnung

Tolle lege – nimm und lies!

Manchmal verändert sich das ganze Leben
beim Lesen, Hören und Bedenken eines Textes aus der Bibel.

So ging es Augustin.

Manchmal unterbricht so ein Text nur für einen kurzen Moment unseren Alltag.
Nehmen Sie sich Zeit.

Und seien Sie gespannt, was passiert. Jetzt und hier.

  • Ein Lied: Komm in unser stolze Welt (EG 428)

Komm in unsre stolze Welt, Herr, mit deiner Liebe Werben. Überwinde Macht und Geld, lass die Völker nicht verderben. Wende Hass und Feindessinn auf den Weg des Friedens hin.

Komm in unser reiches Land, der du Arme liebst und Schwache, dass von Geiz und Unverstand unser Menschenherz erwache. Schaff aus unserm Überfluss Rettung dem, der hungern muss.

Komm in unsre laute Stadt, Herr, mit deines Schweigens Mitte, dass, wer keinen Mut mehr hat, sich von dir die Kraft erbitte für den Weg durch Lärm und Streit hin zu deiner Ewigkeit.

Komm in unser festes Haus, der du nackt und ungeborgen. Mach ein leichtes Zelt daraus, das uns deckt kaum bis zum Morgen; denn wer sicher wohnt, vergisst, dass er auf dem Weg noch ist.

Komm in unser dunkles Herz, Herr, mit deines Lichtes Fülle; dass nicht Neid, Angst, Not und Schmerz deine Wahrheit uns verhülle, die auch noch in tiefer Nacht Menschenleben herrlich macht.

  • Worte aus Psalm 42

Wie der Hirsch lechzt nach frischem Wasser,

so schreit meine Seele, Gott, zu dir.

Meine Seele dürstet nach Gott,

nach dem lebendigen Gott.

Wann werde ich dahin kommen,

dass ich Gottes Angesicht schaue?

Meine Tränen sind meine Speise Tag und Nacht,

weil man täglich zu mir sagt: Wo ist nun dein Gott?

Daran will ich denken

und ausschütten mein Herz bei mir selbst:

            wie ich einherzog in großer Schar,

mit ihnen zu wallen zum Hause Gottes

mit Frohlocken und Danken

in der Schar derer, die da feiern.

Was betrübst du dich, meine Seele,

und bist so unruhig in mir?

Harre auf Gott; denn ich werde ihm noch danken,

dass er meines Angesichts Hilfe und mein Gott ist.

Am Tage sendet der Herr seine Güte, und des Nachts singe ich ihm

und bete zu dem Gott meines Lebens.

Ich sage zu Gott, meinem Fels:

warum hast du mich vergessen?

Warum muss ich so traurig gehen,

wenn mein Feind mich dränget?

Es ist wie Mord in meinen Gebeinen, wenn mich meine Feinde schmähen

und täglich zu mir sagen: Wo ist nun dein Gott?

Was betrübst du dich, meine Seele,

und bist so unruhig in mir?

Harre auf Gott; denn ich werde ihm noch danken,

dass er meines Angesichts Hilfe und mein Gott ist.

  • Worte aus dem Brief des Apostels Paulus an die Römer, Kap. 17

Vergeltet niemandem Böses mit Bösem.

Seid auf Gutes bedacht gegenüber jedermann.

Ist’s möglich, soviel an euch liegt, so habt mit allen Menschen Frieden.

Rächt euch nicht selbst, meine Lieben, sondern gebt Raum dem Zorn Gottes; denn es steht geschrieben: »Die Rache ist mein; ich will vergelten, spricht der Herr.«

Vielmehr, »wenn deinen Feind hungert, so gib ihm zu essen; dürstet ihn, so gib ihm zu trinken. Wenn du das tust, so wirst du feurige Kohlen auf sein Haupt sammeln«.

Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.

  • Gedanken zum Text

Vergeltet niemandem Böses mit Bösem.

Seid auf Gutes bedacht gegenüber jedermann.

Oh Paulus!

Fast 2000 Jahre alt sind deine Worte.

Sie stehen in einem Brief, den Du an die Christen in der Stadt Rom geschrieben hast, doch –

Papier ist geduldig.

Ich wünschte:

Sie stünden nicht nur da sondern

wären lebendig

Ich wünschte, sie wären lebendig und laut

Ich wünschte,

jemand hätte sie herausgebrüllt

so dass

Derek Chauvin sie gehört hätte,

oder dass

jemand sie gehört hätte und ihm in den Arm gefallen wäre

bevor er sich kniete

auf den Hals seines Menschenbruders

George Floyd.

Ist’s möglich, soviel an euch liegt, so habt mit allen Menschen Frieden.

Fast 2000 Jahre alt sind deine Worte.

Sie stehen in einem Brief, den Du an die Christen in der Stadt Rom geschrieben hast, doch –

Papier ist geduldig.

Ich wünschte:

Sie stünden nicht nur da sondern

wären lebendig.

Ich wünschte, sie wären lebendig und lebten

in uns und unter uns

unter deinen Menschenkindern

die wir uns so oft

als Konkurrenten

wahrnehmen,

die wir uns so oft bestimmen durch das,

was uns von den anderen unterscheidet:

das Einkommen oder der Glaube

der Gartenzaun oder die Wohngegend

die Herkunft oder die Hautfarbe

nicht aber

als Gottes geliebte Menschenkinder

alle geboren

alle mit einem zerbrechlichen Leben unterwegs auf dieser Erde.

Oh Paulus,

ich wünschte, deine Worte wären lebendig und lebten

in uns und unter uns.

Rächt euch nicht selbst, meine Lieben, sondern gebt Raum dem Zorn Gottes; denn es steht geschrieben: »Die Rache ist mein; ich will vergelten, spricht der Herr.«

Oh Paulus,

ich wünschte Deine Worte wären lebendig und würden

uns die Ruhe und die Kraft geben

auf Gottes Gerechtigkeit zu vertrauen.

Damit wir hier auf Erden aufhören können mit dem Urteilen über andere.

Damit wir wütend für Gerechtigkeit streiten können

ohne in zerstörerischen Zorn zu verfallen

ohne Rache

ohne dass Scheiben eingeschlagen und neue Gräben aufgerissen werden.

Vielmehr, »wenn deinen Feind hungert, so gib ihm zu essen; dürstet ihn, so gib ihm zu trinken. Wenn du das tust, so wirst du feurige Kohlen auf sein Haupt sammeln«.

Oh Paulus,

ich wünschte, ich wüsste immer, wer Freund ist und wer Feind.

Ich wünschte mir Deine Klarheit darüber, was Böse ist und was Gut.

Oft schwindelt mich.

Oft verliere ich die Orientierung,

zu schnell rast alles dahin.

Und zu oft fehlt mir die Kraft

die Feinde zu lieben,

ihnen essen zu geben, wenn sie hungern, statt mich heimlich zu freuen.

Oft ist meine Liebe nicht groß genug,

oft reicht meine Liebe nicht

oft ist sie schon zu klein für die Menschen, die ich doch lieben will

oft fehlt schon die liebende Geduld mit meinen Kindern

wie dann, so frage ich dich,

wie dann die Feinde lieben?

Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.

Fast 2000 Jahre alt sind deine Worte.

Sie stehen in einem Brief, den Du an die Christen in der Stadt Rom geschrieben hast, doch –

Papier ist geduldig.

Und doch spüre ich in ihnen eine lebendige Kraft.

Ich bete darum, dass sie lebendig wird in uns!

Die Kraft, die von dem kommt,

der längst das Böse mit Gutem überwunden hat.

Der den Tod überwunden hat

nicht mit Waffen oder Armeen

auch nicht mit Geld

nicht mit Berechnung und Kalkül

sondern

allein mit brennender Liebe

zu den Menschen und zu Gott.

Auf dass der Stein weggewälzt wird

hinter dem wir unsere Hoffnung begraben haben

dass sich hier noch einmal etwas ändern wird.

Dass Frieden möglich ist und Versöhnung

zwischen uns Menschen

auch da, wo schon lange kein Wort mehr gesprochen wird.

Vergeltet niemandem Böses mit Bösem.

Seid auf Gutes bedacht gegenüber jedermann.

Ist’s möglich, soviel an euch liegt, so habt mit allen Menschen Frieden.

Rächt euch nicht selbst, meine Lieben, sondern gebt Raum dem Zorn Gottes; denn es steht geschrieben: »Die Rache ist mein; ich will vergelten, spricht der Herr.«

Vielmehr, »wenn deinen Feind hungert, so gib ihm zu essen; dürstet ihn, so gib ihm zu trinken. Wenn du das tust, so wirst du feurige Kohlen auf sein Haupt sammeln«.

Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.

Amen.

  • Ein Gebet miteinander und füreinander

Herr, du rufst und zum Frieden, aber der Friede ist fern.

Frieden ist fern in Syrien und im Jemen.

Frieden ist fern im Miteinander deiner Menschenkinder.

Frieden ist Fern zwischen uns Menschen und Deiner Schöpfung.
Herr, wir bitten dich: Komm mit deinem Geist des Friedens.

Mach uns zu Friedensstiftern.

Gib uns Mut und Zuversicht, für deinen Frieden zu streiten.

Gib uns Ruhe und Kraft, am Unfrieden nicht zu verzweifeln.

Erbarme dich, Herr!

Vater unser im Himmel,
geheiligt werde Dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.

  • Segen (nach 5. Buch Mose 31,6)

Seid mutig und stark!
Habt keine Angst, und lasst euch nicht von ihnen einschüchtern!
Der Herr, euer Gott, geht mit euch.
Er hält immer zu euch und lässt euch nicht im Stich! Amen.

(Pfarrer Georg Bucher)