3. Sonntag nach Epiphanias 2021

  • Eröffnung

„Ich will mit dir gehen. Wo du hingehst, will ich auch hingehen, und wo du lebst, will ich auch leben. Dein Volk wird mein Volk sein und dein Gott wird mein Gott sein. Wo du stirbst, will ich auch sterben, und dort will ich begraben werden. Gott tue mir dies und das, nur der Tod wird mich von dir scheiden.“
Starke Worte aus dem Buch Ruth. Um die Geschichte dazu geht es am heutigen Sonntag.

Herr, schenke uns ein Herz für Dein Wort
und ein Wort für unser Herz.
AMEN.

  • Ein Lied: Lobt Gott den Herrn ihr Heiden all (EG 293)

1) Lobt Gott den Herrn, ihr Heiden all,
lobt Gott von Herzensgrunde,
preist ihn, ihr Völker allzumal,
dankt ihm zu aller Stunde,
dass er euch auch erwählet hat
und mitgeteilet seine Gnad
in Christus, seinem Sohne.

2) Denn seine groß Barmherzigkeit
tut über uns stets walten,
sein Wahrheit, Gnad und Gütigkeit
erscheinet Jung und Alten
und währet bis in Ewigkeit,
schenkt uns aus Gnad die Seligkeit;
drum singet Halleluja.

  • Psalm 86

HERR, neige deine Ohren und erhöre mich;
denn ich bin elend und arm.
Bewahre meine Seele, denn ich bin dein.
Hilf du, mein Gott, deinem Knechte, der sich verlässt auf dich.
Herr, sei mir gnädig;
denn ich rufe täglich zu dir.
Erfreue die Seele deines Knechts;
denn nach dir, Herr, verlangt mich.
Denn du, Herr, bist gut und gnädig,
von großer Güte allen, die dich anrufen.
Vernimm, HERR, mein Gebet
und merke auf die Stimme meines Flehens!
In der Not rufe ich dich an;
du wollest mich erhören!
Herr, es ist dir keiner gleich unter den Göttern,
und niemand kann tun, was du tust.
Alle Völker, die du gemacht hast, werden kommen
und vor dir anbeten, Herr, und deinen Namen ehren,
dass du so groß bist und Wunder tust
und du allein Gott bist.
Weise mir, HERR, deinen Weg,
dass ich wandle in deiner Wahrheit;
erhalte mein Herz bei dem einen,
dass ich deinen Namen fürchte.
Ich danke dir, Herr, mein Gott, von ganzem Herzen
und ehre deinen Namen ewiglich.
Denn deine Güte ist groß gegen mich,
du hast mich errettet aus der Tiefe des Todes.
Gott, es erheben sich die Stolzen gegen mich, /
und eine Rotte von Gewalttätern trachtet mir nach dem Leben
und haben dich nicht vor Augen.
Du aber, Herr, Gott, bist barmherzig und gnädig,
geduldig und von großer Güte und Treue.
Wende dich zu mir und sei mir gnädig;
stärke deinen Knecht mit deiner Kraft und hilf dem Sohn deiner Magd!
Tu ein Zeichen an mir,
dass du’s gut mit mir meinst,
dass es sehen, die mich hassen, und sich schämen,
weil du mir beistehst, HERR, und mich tröstest.

  • Worte aus dem Buch Ruth

Zu der Zeit, als die Richter richteten, entstand eine Hungersnot im Lande.
Und ein Mann von Bethlehem in Juda zog aus ins Land der Moabiter,
um dort als Fremdling zu wohnen, mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen.
Der hieß Elimelech und seine Frau Noomi und seine beiden Söhne Machlon und Kiljon;
die waren Efratiter aus Bethlehem in Juda.
Und als sie ins Land der Moabiter gekommen waren, blieben sie dort.

Und Elimelech, Noomis Mann, starb, und sie blieb übrig mit ihren beiden Söhnen.
Die nahmen sich moabitische Frauen; die eine hieß Orpa, die andere Rut.
Und als sie ungefähr zehn Jahre dort gewohnt hatten,
starben auch die beiden, Machlon und Kiljon.
Und die Frau blieb zurück ohne ihre beiden Söhne und ohne ihren Mann.

Da machte sie sich auf mit ihren beiden Schwiegertöchtern
und zog aus dem Land der Moabiter wieder zurück;
denn sie hatte erfahren im Moabiterland,
dass der Herr sich seines Volkes angenommen und ihnen Brot gegeben hatte.
Und sie ging aus von dem Ort, wo sie gewesen war, und ihre beiden Schwiegertöchter mit ihr.

Und als sie unterwegs waren, um ins Land Juda zurückzukehren,
sprach sie zu ihren beiden Schwiegertöchtern:
Geht hin und kehrt um, eine jede ins Haus ihrer Mutter!
Der Herr tue an euch Barmherzigkeit, wie ihr an den Toten und an mir getan habt.
Der Herr gebe euch, dass ihr Ruhe findet, eine jede in ihres Mannes Hause! Und sie küsste sie.

Da erhoben sie ihre Stimme und weinten und sprachen zu ihr:
Wir wollen mit dir zu deinem Volk gehen.
Aber Noomi sprach: Kehrt um, meine Töchter! Warum wollt ihr mit mir gehen?
Wie kann ich noch einmal Kinder in meinem Schoße haben, die eure Männer werden könnten?
Kehrt um, meine Töchter, und geht hin; denn ich bin nun zu alt, um wieder einem Mann zu gehören. Und wenn ich dächte:
Ich habe noch Hoffnung!, und diese Nacht einem Mann gehörte und Söhne gebären würde,
wolltet ihr warten, bis sie groß würden? Wolltet ihr euch einschließen und keinem Mann gehören? Nicht doch, meine Töchter! Mein Los ist zu bitter für euch, denn des Herrn Hand hat mich getroffen.

Da erhoben sie ihre Stimme und weinten noch mehr.
Und Orpa küsste ihre Schwiegermutter, Rut aber ließ nicht von ihr.
Sie aber sprach: Siehe, deine Schwägerin ist umgekehrt zu ihrem Volk und zu ihrem Gott;
kehre auch du um, deiner Schwägerin nach.

Rut antwortete: Bedränge mich nicht, dass ich dich verlassen und von dir umkehren sollte.
Wo du hingehst, da will ich auch hingehen; wo du bleibst, da bleibe ich auch.
Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott.
Wo du stirbst, da sterbe ich auch, da will ich auch begraben werden.
Der Herr tue mir dies und das, nur der Tod wird mich und dich scheiden.
Als sie nun sah, dass sie festen Sinnes war, mit ihr zu gehen, ließ sie ab, ihr zuzureden.
So gingen die beiden miteinander, bis sie nach Bethlehem kamen.

  • Gedanken zum Text

Ich staune über diese Geschichte:
Zwei Frauen sind hier die Heldinnen. Das versteht sich – in der Bibel – nicht von selbst.
Die beiden sind zudem „Ausländerinnen“ und Menschen auf der Flucht:
Erst flieht Noomi mit ihrem Mann aus Bethlehem nach Moab, in das feindliche Ausland, weg aus der Hungersnot. Dort bauen sie sich eine neue Existenz auf, ihre Söhne heiraten.
Bis zum Tod der Männer in der Familie.
Noomi und ihre Schwiegertöchter Orpa und Rut werden zu Witwen.
Und als Witwen gehen sie nach Bethlehem, in Noomis alte Heimat.
Ohne Männer stehen sie ziemlich verloren da.
Sie sind in einer Welt, in der die Männer das Sagen haben, ohne Schutz und ohne Sicherheiten. Noch dazu sind Rut und Orpa Fremde, sprechen eine andere Sprache,
kommen aus einer anderen Kultur, haben eine andere Religion.

An der Landesgrenze kommt es zu einer dramatischen Szene:
Noomi weiß, dass es für ihre beiden Schwiegertöchter besser wäre,
wenn sie zurück gingen nach Moab. Opra nimmt ihren Rat an und bricht auf.
Unter Tränen geht sie zurück.
Rut entscheidet sich anders. Sie schwört Noomi die Treue: ‚Bis das der Tot uns scheidet.‘
Aus Liebe. Sie wählt nicht den sicheren Weg, sondern entscheidet sich für ein Leben in der Fremde. Weil nur dieses Leben ein Leben mit Noomi ist.

Diese Geschichte trifft mich in den Tagen des Lockdowns. In denen mir so vieles fehlt.
Zuerst natürlich die Kontakte, zu meinen Eltern, zu den Schülerinnen und Schülern, zur Gemeinde, zu Freunden. Mein Alltag. Die Gottesdienste. Die Kultur. Das Theater. Das Kino.
Und in denen mir so manches Mal der Mut und die Hoffnung abhandenkommt.

Die wagemutige Liebe und der vor liebe brennende Mut von Rut rührt mich an.
Verglichen mit ihr bin ich übersatt und habe zur Klage wenig Grund.

Gottes Wege mit uns Menschen überschreiten alles, was wir erahnen und wissen können.
Sie haben Noomi und Rut zusammengeführt, durch den Tod ihrer Männer und den doppelten Verlust ihrer Heimat hindurch. Sie werden auch uns hindurchführen, durch den Verlust unseres Alltags und unserer direkten Gemeinschaft hindurch. Wie sollte es anders sein auf unserer Reise durch unser Leben mit dem an der Seite, der sogar den Weg durch den Tod nicht scheute, und der uns alle birgt in seiner unendlichen Lieben.
Amen.

  • Ein Gebet miteinander und füreinander

Du Gott, der alle Grenzen überschreitet,
du bist an unserer Seite.
Du bringst die Hoffnung.
Höre uns.

Du Gott, der alle Grenzen überschreitet,
in allen Ländern leiden die Menschen,
suchen Schutz vor Ansteckung,
sehnen sich nach Heilung,
trauern um ihre Toten.
Du bist an unserer Seite.
Du kannst heilen und trösten.
Höre uns.

Du Gott, der alle Grenzen überschreitet,
in der Kälte leiden die Schwachen,
frieren ohne Obdach,
suchen nach Essbarem,
verlieren die Hoffnung.
Du bist an unserer Seite.
Du kannst retten und beschirmen.
Höre uns.

Du Gott, der alle Grenzen überschreitet,
überall hoffen die Menschen auf dich,
sie leben mit den Wunden der Vergangenheit,
reichen die Hände zur Versöhnung,
bauen Brücken.
Du bist an unserer Seite.
Du bist der Friede.
Höre uns.

Verwandle uns.
Durch Jesus Christus.
Er ist das Licht in unserer Dunkelheit
und unsere Hoffnung –
heute und alle Tage.
Amen.

  • Segen (nach 5. Buch Mose 31,6)

Seid mutig und stark!
Habt keine Angst, und lasst euch nicht von ihnen einschüchtern!
Der Herr, euer Gott, geht mit euch.
Er hält immer zu euch und lässt euch nicht im Stich!
Amen.

(Pfr. Dr. Georg Bucher)