2. Sonntag nach Epiphanias (16.01.)2022

  • Eröffnung

Über diesen Sonntag und dieser Woche steht ein Wort des Evangelisten Johannes. Er stellt fest: „Von seiner Fülle haben wir alle genommen Gnade um Gnade.“ Welcher Art ist aber diese Fülle und wir werden wir ihrer teilhaftig? Dieser Frage wird in den folgenden Zeilen und Gedanken nachgegangen.

  • Sein Antlitz allezeit – Worte aus Psalm 89

Danket dem Herrn und rufet an seinen Namen;
verkündigt sein Tun unter den Völkern!
Singet ihm und spielet ihm,
redet von allen seinen Wundern!
Rühmet seinen heiligen Namen;
es freue sich das Herz derer, die den Herrn suchen!
Fraget nach dem Herrn und nach seiner Macht,
suchet sein Antlitz allezeit!
Gedenket seiner Wunderwerke, die er getan hat,
seiner Zeichen und der Urteile seines Mundes,
du Geschlecht Abrahams, seines Knechts,
ihr Söhne Jakobs, seine Auserwählten!
Er ist der Herr, unser Gott,
er richtet in aller Welt.
Er gedenkt ewiglich an seinen Bund,
an das Wort, das er verheißen hat für tausend Geschlechter,

  • Ein Lied: „In dir ist Freude“ (EG 398)
https://www.youtube.com/watch?v=8mJ8lsROAj8

1) In dir ist Freude in allem Leide,
o du süßer Jesu Christ!
Durch dich wir haben himmlische Gaben,
du der wahre Heiland bist;
hilfest von Schanden, rettest von Banden.
Wer dir vertrauet, hat wohl gebauet,
wird ewig bleiben. Halleluja.
Zu deiner Güte steht unser G’müte,
an dir wir kleben im Tod und Leben;
nichts kann uns scheiden. Halleluja.

2) Wenn wir dich haben, kann uns nicht schaden
Teufel, Welt, Sünd oder Tod;
du hast’s in Händen, kannst alles wenden,
wie nur heißen mag die Not.
Drum wir dich ehren, dein Lob vermehren
mit hellem Schalle, freuen uns alle
zu dieser Stunde. Halleluja.
Wir jubilieren und triumphieren,
lieben und loben dein Macht dort droben
mit Herz und Munde. Halleluja.

  • Was kein Auge gesehn hat – Worte aus 1. Korinther 2,1-10

Der Apostel Paulus schreibt:

Auch ich, meine Brüder und Schwestern,
als ich zu euch kam,
kam ich nicht mit hohen Worten oder hoher Weisheit,
euch das Geheimnis Gottes zu predigen.

Denn ich hielt es für richtig, unter euch nichts zu wissen als allein Jesus Christus, ihn, den Gekreuzigten.

Und ich war bei euch
in Schwachheit
und in Furcht
und mit großem Zittern;
und mein Wort und meine Predigt geschahen
nicht mit überredenden Worten der Weisheit,
sondern im Erweis des Geistes und der Kraft,
auf dass euer Glaube nicht stehe auf Menschenweisheit,
sondern auf Gottes Kraft.

Von Weisheit reden wir aber unter den Vollkommenen;
doch nicht von einer Weisheit dieser Welt,
auch nicht der Herrscher dieser Welt,
die vergehen.
Sondern wir reden von der Weisheit Gottes,
die im Geheimnis verborgen ist,
die Gott vorherbestimmt hat vor aller Zeit zu unserer Herrlichkeit,
die keiner von den Herrschern dieser Welt erkannt hat;
denn wenn sie die erkannt hätten,
hätten sie den Herrn der Herrlichkeit nicht gekreuzigt.
Sondern wir reden, wie geschrieben steht:
»Was kein Auge gesehen hat und kein Ohr gehört hat
und in keines Menschen Herz gekommen ist,
was Gott bereitet hat denen, die ihn lieben.«
Uns aber hat es Gott offenbart durch den Geist;
denn der Geist erforscht alle Dinge,
auch die Tiefen Gottes.

Wort des lebendigen Gottes. Amen.

  • Gerade dann ist Gott dabei – Gedanken zum 1. Korinther

Vor einiger Zeit hat die Evangelisch-reformierte Kirche im Norden des Landes einen Flyer für die Krankenhausseelsorge in Auftrag gegeben.
Hier können Sie sich ihn anschauen:

https://www.reformiert.de/files/reformiert.de/Bilder/artikelbilder/Krankenhaus/170221_khs-heft.pdf

Der Flyer wirbt mit den überraschenden und irritierenden (Nicht)-Angeboten:
Wir spenden keinen Trost.
Wir reden nicht vom lieben Gott.
Wir machen nichts.
Was genau dahinter steht, wird dann in deutlich kleinerer Schrift ausführlicher erklärt. Wer moderne Seelsorge kennt, weiß aber, dass die so absurd erscheinenden Aussagen durchaus dem Stand der seelsorgerlichen Praxis entsprechen. Trost spenden kann nur der, der ihn hat, erklärt der Flyer, nämlich Gott; oder dass Gott eben nicht immer „lieb“ sei, wie es auch viele biblische Geschichten erzählen; oder dass eben die Seelsorgerin nichts „macht“ in dem Sinne, dass nichts am oder mit den Patienten gemacht werde. Das Angebot der seelsorgerlichen Begleitung stellt eben den Menschen in den Mittelpunkt; und das, was diesen gerade beschäftigt. Nicht nur medizinische Probleme sind dafür in jedem Fall ausschlaggebend.

Ich komme also zum Patienten; und was passiert dann? Er sieht mich, er hat bestimmte Vorstellungen davon, was ein Seelsorger so tut. Und auf eine bestimmte Art und Weise ist auch Gott gegenwärtig. Manche sagen auch: Ich glaube nicht an Gott, aber schön, dass sie da sind. Eine andere sagt vielleicht auch: Außerhalb des Krankenhauses habe ich nichts mit Kirche zu tun, aber hier …

Es geschieht etwas in diesen Begegnungen, dass dem, was Paulus beschreibt, ziemlich nahe kommt. Was der Apostel aufgreift, sind dreierlei Dinge. Er schreibt etwas darüber, warum er kommt, unter welchen Umständen und was seine Botschaft ist.
Und auch das wirkt bei genauerem Hinsehen erstmal überraschend. Paulus kommt nicht als Kind dieser Welt, nicht als machtvoller Redner, sondern als von Gott gesandter Bote.
Auch ich kam nicht mit hohen Worten, sagt er. Dieses „auch“ nimmt darauf Bezug, dass sich in Korinth Streitigkeiten darüber ergeben hatten, wer das Sagen hat in der Gemeinde. Paulus sagt sehr deutlich, ich (auch) nicht! Die Seelsorgerin sagt, ich spende keinen Trost. Ich mache nichts. Ich erzähle nichts vom superlieben Gott. Ich habe hier nicht das Sagen.
Ebenso sind die Umstände unter den Paulus seine Botschaft mitbringt. Er kommt in Schwachheit und in Furcht und mit großem Zittern; und nicht mit überredenden Worten der Weisheit, also der Weisheit der Welt. Ein fragwürdiger Bote, dieser Paulus. Er hat keine goldene Zunge und bietet einen erbarmungswürdigen Auftritt. Kann nichts, spendet nichts, bringt nichts mit, was einen vernünftigen Menschen überzeugen könnte.
Er weiß auch nicht viel: Ich hielt es für richtig, unter euch nichts zu wissen als allein Jesus Christus, ihn, den Gekreuzigten. Vier Worte also umfasst dieses Botschaft: Jesus Christus, den Gekreuzigten. Diese Botschaft in aller Kürze bedeutet: Es ist Jesus, der wahrhafte Mensch, einer wie du und ich; der aber zugleich der Gesalbte Gottes ist, der Retter und Heiland, der zur Rechten Gottes sitzt und der Auferstandene; es ist aber auch der Gekreuzigte, der einen schmachvollen Tod unter der Sündenlast der Menschen erlitten hat. Ein ganz normaler Mensch, einer, der den höchsten Titel trägt und ebenso einer, der zu den Verworfenen und Allerverachtesten gehört. Das ist die Botschaft. Gottes Botschaft. Sie spricht gegen alle Vernunft und Logik dieser Welt.

Liebe Leserin, lieber Leser,
was Paulus nun sagen will, ist dieses: Wer sich zu dieser Botschaft bekennt, braucht nicht die Weisheit dieser Welt, er braucht keinen brillianten Auftritt oder die überzeugende Kraft eines herausragenden Redners. Wer sich zu dieser Botschaft bekennt, steht in der Kraft der Weisheit Gottes. Die Weisheit, die uns Menschen zu Kindern Gottes erschaffen hat; die Weisheit, die uns weit über das irdische Los hinaus auf Händen trägt; die Weisheit, die uns nicht verderben lässt in Schuld und Scham.
Es geschieht, wenn Gottes Kraft gegenwärtig ist. Diese Kraft kann ich, ganz im Sinne des Seelsorgeflyers, nicht bei mir tragen. Sie lässt sich auch nicht reduzieren auf einen „lieben“ Gott, der alle meine Wünsche erfüllt; und ich kann sie auch nicht machen oder einsetzen wie ein Werkzeug. Sie geschieht eben.
So stehe ich in der Welt.
Praktisch heißt das, dass ich nun doch mit der Weisheit der Welt meine Arbeit und meinen Alltag bestreite. Dass ich mir Gedanken mache, wie ich gute Seelsorge leiste oder eine gute Predigt schreibe. Dass ich für das Nötige sorge, Rechnungen bezahle beispielsweise oder ein Treffen mit Freunden arrangiere. Das geschieht ja nicht von allein. Dass ich auch streite, meine Meinung vertrete und sage, was ich von dem, was in der Welt geschieht für falsch halte. Diese Fragen, auf die es so viele Antworten gibt. Wie erziehe ich meine Kinder richtig? Wie rette ich die Welt vor der Klimakatastrophe? Wie kann ich für Frieden sorgen und was kann ich gegen den Hunger in der Welt machen? Selbstverständlich habe ich da – mehr oder weniger – gute Antworten. Aber im Letzten bleiben sie unvollkommen. Auch durch Gottes Kraft ändert sich das nicht. Ich werde kein besserer Vater oder Meteorologe oder Politiker durch Gott. Aber es ändert sich etwas daran, wie ich letztendlich über meine weltlichen Weisheiten denke. Letztendlich werden sie nicht reichen.
In der Krankenhausseelsorge wird das sehr deutlich: Ich habe Bücher gelesen, ich habe eine Ausbildung absolviert und immer wieder darüber nachgedacht, wie ein Besuch verlaufen ist und mich dann mit anderen darüber ausgetauscht. Bei aller Mühe bleibt es aber dabei. Ich spende keinen Trost. Ich rede nicht vom lieben Gott. Ich mache nichts.
Ich glaube nur, dass gerade dann Gott dabei ist.

Amen.
Und der Frieden Gottes, der höher ist als alle unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen.

  • Verwandle die Sorgen – Miteinander und füreinander beten

Lieber Gott,

gerne würden wir für Gerechtigkeit und Frieden sorgen;
dass deine guten Gaben für alle Menschen da sind.
Unsere Weisheit, das zu bewerkstelligen, ist sie zu schwach?
Sei mit uns, wenn wir daran festhalten und dafür arbeiten,
dass für alle Platz da ist und Essen und Frieden.

gerne würden wir für Gerechtigkeit und Frieden sorgen;
um endlich diese Pandemie zu beenden.
Immer wieder werden die Vorhaben durchkreuzt,
durch die Natur des Virus ebenso wie durch die Natur des Menschen.
Sei mit uns, wenn wir daran festhalten und dafür streiten,
dass wir nur gemeinsam dagegen ankommen können.

gerne würden wir deine Botschaft weitertragen und sie
vielen Menschen mitteilen; und machen doch immer wieder die Erfahrung, dass die Ohren wie verstopft sind.
Sei mit uns, wenn wir uns unverzagt doch wieder auf den Weg machen,
um Jesus Christus, den Gekreuzigten, den Menschen an das Herz zu legen.

gerne würden wir unseren Nächsten aufhelfen aus seinem Krankenbett,
dass er gesund an Leib und Seele unter uns ist;
manchmal aber hilft alles nichts, auch keine medizinische Kunst.
Sei mit uns, weil dann unsere Nähe besonders wichtig ist.

Hilf gerade dann unsere Ohnmacht mit deiner Weisheit zu tragen.

Vater unser im Himmel,
geheiligt werde Dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.

  • Segen

Es segne und behüte uns der allmächtige und barmherzige
Gott, + Vater, Sohn und Heiliger Geist.
Er bewahre uns vor Unheil und führe uns zum ewigen Leben.
Amen.

(Pfr. Olaf Wisch)