19. Sonntag nach Trinitatis (10.10.)2021

  • Eröffnung

Eine Kerze anzünden, still werden und in sich hinein lauschen.
Der Spruch „Heile du mich, Herr, so werde ich heil;
hilf du mir, so ist mir geholfen“ aus dem Buch des Propheten Jeremia begleitet uns durch die neue Woche.

  • Lied: „Ich singe dir mit Herz und Mund“ (EG 324)

Das Lied zum Anhören: https://www.eingesungen.de/player.php?track=775#player

  1. Ich singe dir mit Herz und Mund, Herr, meines Herzens Lust;
    ich sing und mach auf Erden kund, was mir von dir bewusst.
  2. Wenn unser Herze seufzt und schreit, wirst du gar leicht erweicht
    und gibst uns, was uns hoch erfreut und dir zur Ehr gereicht.
  3. Du zählst, wie oft ein Christe wein und was sein Kummer sei;
    kein Zähr- und Tränlein ist so klein, du hebst und legst es bei.
  4. Du füllst des Lebens Mangel aus mit dem, was ewig steht,
    und führst uns in des Himmels Haus, wenn uns die Erd entgeht.
  5. Wohlauf mein Herze, sing und spring und habe guten Mut!
    Dein Gott, der Ursprung aller Ding, ist selbst und bleibt dein Gut.
  • Psalm 32

Wohl dem, dem die Übertretungen vergeben sind,
dem die Sünde bedeckt ist!
Wohl dem Menschen, dem der HERR die Schuld nicht zurechnet,
in dessen Geist kein Falsch ist!
Denn da ich es wollte verschweigen,
verschmachteten meine Gebeine durch mein tägliches Klagen.
Denn deine Hand lag Tag und Nacht schwer auf mir,
das mein Saft vertrocknete, wie es im Sommer dürre wird.
Darum bekannte ich dir meine Sünde,
und meine Schuld verhehlte ich nicht.
Ich sprach: Ich will dem HERRN meine Übertretungen bekennen.
Da vergabst du mir die Schuld meiner Sünde.
Deshalb werden alle Heiligen zu dir beten zur Zeit der Angst;
Darum, wenn große Wasserfluten kommen,
werden sie nicht an sie gelangen.
Du bist mein Schirm, du wirst mich vor Angst behüten,
dass ich errettet gar fröhlich rühmen kann.

  • Text: Jesaja 38,9-20

Dies ist das Lied Hiskias, des Königs von Juda,
als er krank gewesen und von seiner Krankheit gesund geworden war:
Ich sprach: In der Mitte meines Lebens muss ich dahin fahren,
zu des Totenreichs Pforten bin ich befohlen für den Rest meiner Jahre.
Ich sprach: Nun werde ich nicht mehr sehen den HERRN,
ja, den HERRN im Lande der Lebendigen,
nicht mehr schauen die Menschen, mit denen, die auf der Welt sind.
Meine Hütte ist abgebrochen
und über mir weggenommen wie eines Hirten Zelt.
Zu Ende gewebt habe ich mein Leben wie ein Weber;
er schneidet mich ab vom Faden.
Tag und Nacht gibst du mich preis; bis zum Morgen schreie ich um Hilfe;
aber er zerbricht mir alle meine Knochen wie ein Löwe;
Tag und Nacht gibst du mich preis.
Ich zwitschere wie eine Schwalbe und gurre wie eine Taube.
Meine Augen sehen verlangend nach oben:
Herr, ich leide Not, tritt für mich ein!
Was soll ich reden und was ihm sagen? Er hat`s getan!
Entflohen ist all mein Schlaf bei solcher Betrübnis meiner Seele.
Herr, davon lebt man, und allein darin liegt meines Lebens Kraft:
Das lässt mich genesen und am Leben bleiben.
Siehe, um Trost war mir sehr bange.
Du aber hast dich meiner Seele angenommen, dass sie nicht verdürbe;
denn du wirfst alle meine Sünde hinter dich zurück.
Denn die Toten loben dich nicht, und der Tod rühmt dich nicht,
und die in die Grube fahren, warten nicht auf deine Treue;
sondern allein, die da leben, loben dich so wie ich heute.
Der Vater macht den Kindern deine Treue kund.
Der HERR hat mir geholfen,
darum wollen wir singen und spielen, solange wir leben,
im Hause des HERRN!

  • Gedanken zum Text

Singen und spielen, Gott loben. Mit Leichtigkeit und Lebensfreude.
So endet Hiskias Dankgebet.
Hiskia, König im Südreich Juda in den Jahren 725 – 696 v. Chr.,
Hiskia, der regierte und tat, was dem Herrn wohlgefiel.
Und doch! Diesen König befällt eine schwere Krankheit, die ihn verzweifeln lässt, ja dem Tod nahe bringt. Doch er darf genesen. Der Prophet Jesaja vekündet ihm im Auftrag Gottes die Genesung.
Und so schildert Hiskia in seinem Dankgebet rückblickend seinen Weg durch Krankheit und Verzweiflung.
Er schildert eine, auch uns, nicht unbekannte Erfahrung, die sprachlos macht, wenn ein bis dahin gesunder, fröhlicher und tatkräftiger Mensch plötzlich sterbenskrank wird.
Mit starken Worten schreit er seinen Schmerz heraus
„heimatlos ist er geworden, bewegungslos ist er den Gefahren ausgeliefert, sein Leben erscheint ihm wie das Werk eines Webers, der den letzten Faden vom Webstuhl abschneidet, wenn es vollendet ist. Ja, der Schmerz ist schlimm, aber unerträglich ist die Trennung von Menschen, die mit ihm auf der Welt sind.
Und er sieht auch die Trennung von Gott, wenn er ins Totenreich eingeht.
So hat es Hiskia vor Augen und so klagt er.
Denn Hiskia sieht in Gott den Urheber seines Leidens.
Aber so wird sein Weg durch die Krankheit ein Weg mit Gott.
Da, die Anklage und Distanz: „Er hat`s getan, Tag und Nacht gibst du mich preis“
Und da die Zuwendung zu Gott: „Herr, ich leide Not, tritt du für mich ein“
Ja, Hiskia tut es: Klagen, klagen und sogar Gott anklagen.
Darf man das? Es ist nicht sehr populär, wenn einer klagt, deshalb nach einer Klage auch oft die Einschränkung:
„Ich darf nicht klagen, anderen geht es noch schlechter.
Klar, geht es anderen noch schlechter. Aber wer nicht klagt, wird auch nicht gehört, bekommt keine Hilfe.
Das können wir von Hiskia lernen: richtig zu klagen.
Auch an Gott meine / unsere Klage zu richten.
Gott hört die Klage und er hält das aus.
Doch nicht nur Gott soll wissen, wie es uns geht.
Auch unsere Mitmenschen müssen es wissen.
Wer nicht darüber spricht, wie schlecht es ihm geht, der droht einsam zu werden.
Auch wenn wir uns oft eingestehen müssen, nicht direkt helfen zu können, dass wir nicht wissen, wie es weitergehen soll, dass wir gemeinsam den Tod fürchten.
Noch etwas können wir von Hiskia lernen:
Wie kommen wir durch die Verzweiflung hindurch zum „Singen und Spielen“!
Ganz plötzlich schlägt die Stimmung um.
Hiskia schildert die Rettung aus seiner Krankheit.
War vorher alles Verzweiflung, erklingt jetzt das Lob.
Es ist als wäre ein Schalter umgelegt worden.
Das Dunkel ist vorbei und Licht erscheint.
Im Leben ist es oft anders. Eine Krankheit kann Wochen, Monate manchmal sogar Jahre dauern.
Gesundheit stellt sich nur ganz langsam wieder ein
und manchmal gibt es Rückschläge.
In Hiskias Beziehung zu Gott fällt auf, dass es kein Nacheinander gibt, die Gottesferne in der Krankheit und Gottesnähe nach der Gesundung.
Gott berührt ihn auch und gerade in der Krankheit.
Hiskia glaubt, dass Gott die Krankheiten schickt.
Ich denke da anders als Hiskia. Aber ich bin sicher, dass Gott in einer Krankheit Fragen und Hinweise gibt.
Was macht mein Leben aus? Worauf kommt es im Leben an?
Wer oder was ist mir wichtig?
So kann eine Krankheit mir helfen etwas neu vom Leben zu begreifen und anders Weiterzugehen.
Gott geht diesen Weg mit. Auch durch Verzweiflung und Angst.
In kleinen Zeichen lässt er seine Nähe spüren.
z.B in Beistand, den ich erlebe, in freundlichen Menschen, die sich mir zuwenden.
Erst durch die Krankheitserfahrung kann Hiskia das sehen und erfährt, was es bedeutet.: Gott hört mein Schreien, er gibt mir Halt.
Sein Klagen richtet sich an Gott, sein Lob auch:
„Du, Gott gibst meinem Leben Kraft. Du hast dich meiner Seele angenommen.“
Darum singt und spielt Hiskia für alle, die zu ihm gehören, seine Familie, die Hof- und Tempelangehörigen und singt zum Lobe Gottes. Denn wäre er tot, könnte er Gott nicht loben und von seiner großen Treue singen.
Aber in allem Glanz des Lobgesangs schwingt ein Schatten mit.
Es ist Hiskias Erfahrung der Tiefe. Die fast zerschlagene Seele, der nahe Tod oder die tiefe Verzweiflung, die kein Leben mehr kennt.
Er lobt Gott dafür, dass er diesen Weg aus der Verzweiflung mit ihm gegangen ist.
Es ging um mehr als die Heilung des Körpers.
Und es kann auch unsere Erfahrung werden. Wenn wir in der Krankheit Gottes Ferne erfahren, erfahren wir vielleicht auch seine heilende Berührung. So kann sich die Gottesbeziehung erneuern, ja sogar vertiefen. Sie kann zu einem neuen Blick auf andere Menschen werden, die mit uns auf dieser Welt leben.
Darum wollen wir singen und spielen solange wir leben und antworten mit dem Lied „Herr, du hast mich angerührt“ (EG 383).

  • Gebet

Wir beten miteinander und füreinander.
Deine Nähe, Gott, heilt. So willst du für uns sein.
Voller Liebe. Danke dafür.
Und nun kommen wir zu dir und erbitten deine Nähe für andere.
Behüte die Kranken.
Tröste die Sterbenden.
Stärke denen die Rücken, die sie pflegen.
Beschütze die Kinder.
Wecke die Freude in den Traurigen.
Gib Heimat denen, die auf der Flucht sind.
Beflügele die Phantasie der Forscherinnen und Forscher.
Heile deine gequälte Schöpfung.
Bewahre uns alle vor Hass und Gewalt.
Du bist Schirm und Schutz für uns.
Behüte und bewahre uns.
In dieser Zeit und in der kommenden.

Vater unser im Himmel.
Geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

  • Segen

Es segne und behüte uns der barmherzige und allmächtige Gott,
der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. Amen.

(Lektorin Gudrun Naumann)