18. Sonntag nach Trinitatis (16.10.)2022

  • Eröffnung

„Dies Gebot haben wir von ihm, dass, wer Gott liebt, dass der auch seinen Bruder liebe.“ Dieses Wort aus dem ersten Johannesbrief steht mahnend über dieser Wo-che. In der Liebe erfüllt sich das göttliche und menschliche Gebot und werden Him-mel und Erde miteinander verbunden. In ihr lebt, was uns auf Erden mit Gott ver-bindet.

  • Lust am Gesetz – Worte nach Psalm 1

Wohl dem, der nicht wandelt im Rat der Gottlosen
noch tritt auf den Weg der Sünder
noch sitzt, wo die Spötter sitzen,
sondern hat Lust am Gesetz des Herrn
und sinnt über seinem Gesetz Tag und Nacht!
Der ist wie ein Baum, gepflanzt an den Wasserbächen,
der seine Frucht bringt zu seiner Zeit,
und seine Blätter verwelken nicht.
Und was er macht, das gerät wohl.
Aber so sind die Gottlosen nicht,
sondern wie Spreu, die der Wind verstreut.
Darum bestehen die Gottlosen nicht im Gericht
noch die Sünder in der Gemeinde der Gerechten.
Denn der Herr kennt den Weg der Gerechten,
aber der Gottlosen Weg vergeht.

  • Stärke mich in meiner Pilgerschaft – Ein Lied: Lass mich, o Herr, in allen Dingen (EG 414)

Lass mich, o Herr, in allen Dingen
auf deinen Willen sehn und dir mich weihn;
gib selbst das Wollen und Vollbringen
und lass mein Herz dir ganz geheiligt sein.
Nimm meinen Leib und Geist zum Opfer hin;
dein, Herr, ist alles, was ich hab und bin.

Gib meinem Glauben Mut und Stärke
und lass ihn in der Liebe tätig sein,
dass man an seinen Früchten merke,
er sei kein eitler Traum und falscher Schein.
Er stärke mich in meiner Pilgerschaft
und gebe mir zum Kampf und Siege Kraft.

Lass mich, solang ich hier soll leben,
in gut und bösen Tagen sein vergnügt
und deinem Willen mich ergeben,
der mir zum Besten alles weislich fügt;
gib Furcht und Demut, wann du mich beglückst,
Geduld und Trost, wann du mir Trübsal schickst.

Ach, hilf mir beten, wachen, ringen,
so will ich dir, wenn ich den Lauf vollbracht,
stets Dank und Ruhm und Ehre bringen,
dir, der du alles hast so wohl gemacht.
Dann werd ich heilig, rein und dir geweiht,
dein Lob verkündigen in Ewigkeit.

  • Ermuntert einander – Lesung aus dem Brief an die Epheser im 5. Kapitel (Eph 5,15-20)

So seht nun sorgfältig darauf, wie ihr euer Leben führt,
nicht als Unweise, sondern als Weise,
und kauft die Zeit aus, denn die Tage sind böse.
Darum werdet nicht unverständig,
sondern versteht, was der Wille des Herrn ist.
Und sauft euch nicht voll Wein,
woraus ein unordentliches Wesen folgt,
sondern lasst euch vom Geist erfüllen.
Ermuntert einander
mit Psalmen und Lobgesängen und geistlichen Liedern,
singt und spielt dem Herrn in eurem Herzen
und sagt Dank Gott, dem Vater,
allezeit für alles,
im Namen unseres Herrn Jesus Christus.

  • Wein und Geist – Gedanken zu Epheser 5

Wer Wein trinkt ohne Andacht, der säuft.
Wer Wein trinkt mit Andacht, der betet.
Auf, Schwestern und Brüder, lasst uns beten.

So steht es auf einem Weißweinkühler, den der Vater eines guten Freundes getöpfert hat. Ich habe ihn persönlich kennen gelernt. Daher schließe ich aus, dass es ihm um einen billigen Spott geht. Er meint mehr damit. Durchaus mit einem zwinkernden Auge, ebenso aber auch mit einem ernsthaften Beiklang, erinnert er den Benutzer, worauf er beim Weintrinken achten soll. Trinke mit Bedacht! Der Gebrauch des Weinkühlers fordert das. Er muss einige Zeit vor dem Trinken gut gewässert werden. Nur dann wird der Wein durch die Verdunstungswärme gekühlt.

Der Weinkühlerspruch wird dem Zisterziensermönch Cäsarius von Heisterbach zugesprochen, der um 1200 am Rhein lebte. Berühmt ist er als Lehrer der Novizen seines Ordens. Ein Bild auf einer mittelalterlichen Handschrift gibt davon Zeugnis. Auf dem Bild ist Cäsarius tief über die Heilige Schrift gebeugt, während ihm ein Schüler zu Füßen sitzt. Vielleicht nicht zufällig gibt es auf demselben Blatt eine zweite Zeichnung. Eine teuflische Gestalt ist dort sichtbar, die als Rebe auf einem Weinstock wächst. Der Wein spielt für Cäsarius auch im Alltag eine wichtige Rolle. Ihm wird ein Anteil an der Entwicklung des Weinbaus in der Region zugeschrieben. So fügt sich alles zusammen: Der augenzwinkernde Trinkspruch und die ernste Warnung in der Verantwortung vor den jungen Menschen, die in Cäsarius‘ Obhut stehen.

Caesarius von Heisterbach: Dialogus miraculorum

Die enge Verbindung zwischen Wein, Andacht, Sauferei und Gebet mit Psalmen, Lobgesängen und geistlichen Liedern erinnert mich an die Mahnung des Apostels im Epheserbrief: „Darum werdet nicht unverständig, sondern versteht, was der Wille des Herrn ist. Und sauft euch nicht voll Wein, woraus ein unordentliches Wesen folgt, sondern lasst euch vom Geist erfüllen. Ermuntert einander mit Psalmen und Lobgesängen und geistlichen Liedern.“ Nicht das Weintrinken an sich ist schlecht, denn es kommt darauf an, unter welchen Umständen dies geschieht. „Die Tage sind böse“, sagt der Apostel, und dass schlicht keine Zeit sei, diese nutzlos und liederlich zu verbringen. Es ist also Zeit Sinne, dein Herz und deinen Verstand auf Gott auszurichten. In Weisheit. Im Gebet. Die Gabe des Weines kann dazu dienen, dem Geist Raum im menschlichen Herzen zu gewähren. Jederzeit, an guten Tagen und an bösen Tagen.

Wie finde ich in den bösen Tagen zu einer angemessenen und gottgefälligen Lebensweise? In der ich mich nicht flüchte vor dem, was in der Welt geschieht. In der ich nicht flüchte in den Rausch, in die Sauferei, in die unablässig fließenden Nachrichten, in süffige Ansichten und Meinungen, in scharfe Verbitterung und Gewalt, in das Geschrei auf den Gassen oder in die Vereinsamung. In der ich nicht die Augen verschließe. In der ich mich nach Kräften einbringe für das Gute. In der ich Gottes Schöpfung ehre. In der ich Gemeinschaft finde, die in den finsteren Stunden trägt. In der ich die Psalmen und Lobgesänge und geistlichen Lieder nicht vergesse. Auch in den bösen Tagen.

An einen bösen Tag in Halle haben wir am vergangenen Wochenende erinnert. An den 9. Oktober 2019. Die Stadt verharrte seit der Mittagsstunde in einer unwirklichen Ruhe. Ich hänge im Internet fest. Die Zeit verrinnt. Irgendwann weiß ich: Ein Mensch wollte andere Menschen töten und tötet zwei Passanten. Ein Mensch, der sich vollgesoffen hat, im Internet; Böses getrunken bis zu diesem Tag. Mehr wird zunächst nicht bekannt. Dennoch kann ich mich nicht losreißen vom Nachrichtenstrom, der sich in sich selbst erschöpft. Der sich auch gefällt in dem grauenhaften Geschehen. Als ich dann doch nach diesen Stunden abends in die Stadt gefahren bin, sah ich die leeren Straßen. Sie waren noch ganz vom Bösen umwölkt. Schließlich kam ich an mein Ziel. Die Lesung im Buchladen fiel aus. Dennoch hatten sich einige Zuhörerinnen eingefunden. Wir saßen dennoch zusammen, teilten unseren Schrecken, unsere Sorgen, unsere Trauer. Mit einem Glas Wein. Mit Andacht. Und voller Dankbarkeit für diese Begegnung.

Es kommt also darauf an, in welchem Geist wir den Wein trinken. Aber eines ist klar. Andacht und Weintrinken und Gebet gelingen am besten in der Gemeinschaft. Wenn Menschen sich nahekommen. Wenn Schwestern und Brüder Leid und Freude teilen. Voller Dankbarkeit. Amen.

  • Unsere Herzen in deiner Obhut – Miteinander und füreinander beten

Herr im Himmel,
sende uns deinen guten Geist,
der unsere Herzen in deiner Obhut hält.

Dass wir nicht verzweifeln,
angesichts des Krieges in der Ukraine,
und des Unfriedens in unserem Land,
voller liebloser Meinungen und ungefilterter Bilder
angesichts der Sorgen um das Klima,
angesichts der Sorgen der Menschen, denen es am Nötigsten fehlt,
der Menschen, die an Krankheiten leiden,
um liebe Mitmenschen trauern
oder selbst in tiefer Einsamkeit verharren.

Dass wir nicht verzweifeln, nicht gleichgültig werden,
nicht unbedacht reden und uns in Lieblosigkeit erschöpfen.

Herr im Himmel,
sende uns deinen guten Geist,
der unsere Herzen in deiner Obhut hält.

Dass sie voller Lust sind, deinem Gebot zu folgen,
dem Mitmenschen Liebe und Verständnis entgegenzubringen,
und nach Kräften und voller Hoffnung
allen Dingen zum Besten zu dienen.

Amen.

Vater unser im Himmel,
geheiligt werde Dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.

  • Segen

Es segne und behüte uns der allmächtige und barmherzige
Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist.
Er bewahre uns vor Unheil und führe uns zum ewigen Leben.
Amen.

(Pfr. Olaf Wisch)