17. Sonntag nach Trinitatis (26.09.)2021

  • Begrüßung mit Wochenspruch

„Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat.“ (1.Johannes 5,4c)   

Um den Glauben geht es heute und ums Überwinden, um unseren Glauben und um den Glauben von Menschen, die anders sind als wir. Um das, was uns vertraut ist von Kindheit an und darum, dass Glauben nie fertig ist sondern ein Prozess. Und dass Gott immer noch größer ist als das, was wir von ihm erkannt haben. Ob er in uns überwinden kann, was seiner Liebe im Wege steht? 

Ich wünsche uns allen einen gesegneten Gottesdienst

  • Lied: „Er weckt mich alle Morgen

1. Er weckt mich alle Morgen,

er weckt mir selbst das Ohr.

Gott hält sich nicht verborgen,

führt mir den Tag empor,

dass ich mit seinem Worte

begrüß das neue Licht.

Schon an der Dämmrung Pforte

ist er mir nah und spricht.

2. Er spricht wie an dem Tage,

da er die Welt erschuf.

Da schweigen Angst und Klage;

nichts gilt mehr als sein Ruf.

Das Wort der ewgen Treue,

die Gott uns Menschen schwört,

erfahre ich aufs Neue

so, wie ein Jünger hört.

3. Er will, dass ich mich füge.

Ich gehe nicht zurück.

Hab nur in ihm Genüge,

in seinem Wort mein Glück.

Ich werde nicht zuschanden,

wenn ich nur ihn vernehm.

Gott löst mich aus den Banden.

Gott macht mich ihm genehm.

  • Aus Psalm 138    

Ich danke dir von ganzem Herzen,

vor den Göttern will ich dir lobsingen.

2Ich will anbeten zu deinem heiligen Tempel hin und deinen Namen preisen für deine Güte und Treue;

denn du hast dein Wort herrlich gemacht

um deines Namens willen.

3Wenn ich dich anrufe, so erhörst du mich und gibst meiner Seele große Kraft.

4Es danken dir, Herr, alle Könige auf Erden,

dass sie hören das Wort deines Mundes;

5sie singen von den Wegen des Herrn,

dass die Herrlichkeit des Herrn so groß ist.

6Denn der Herr ist hoch und sieht auf den Niedrigen und kennt den Stolzen von ferne.

Wenn ich mitten in der Angst wandle,

so erquickst du mich

und reckst deine Hand gegen den Zorn meiner Feinde

und hilfst mir mit deiner Rechten

Der Herr wird’s vollenden um meinetwillen

Herr, deine Güte ist ewig.

Das Werk deiner Hände wollest du nicht lassen 

  • Evangelium Matthäus 15, 21 –  28

21Und Jesus ging weg von dort und entwich in die Gegend von Tyrus und Sidon. 22Und siehe, eine kanaanäische Frau kam aus diesem Gebiet und schrie: Ach, Herr, du Sohn Davids, erbarme dich meiner! Meine Tochter wird von einem bösen Geist übel geplagt. 23Er aber antwortete ihr kein Wort. Da traten seine Jünger zu ihm, baten ihn und sprachen: Lass sie doch gehen, denn sie schreit uns nach. 24Er antwortete aber und sprach: Ich bin nur gesandt zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel.

25Sie aber kam und fiel vor ihm nieder und sprach: Herr, hilf mir! 26Aber er antwortete und sprach: Es ist nicht recht, dass man den Kindern ihr Brot nehme und werfe es vor die Hunde. 27Sie sprach: Ja, Herr; aber doch essen die Hunde von den Brosamen, die vom Tisch ihrer Herren fallen. 28Da antwortete Jesus und sprach zu ihr: Frau, dein Glaube ist groß. Dir geschehe, wie du willst! Und ihre Tochter wurde gesund zu derselben Stunde.

  • Predigt über Römer 10, 12  

„Ob jemand Jude oder Nichtjude ist, macht keinen Unterschied: Alle haben denselben Herrn, und er lässt alle an seinem Reichtum teilhaben, die ihn im Gebet anrufen“. 

Liebe Gemeinde, vor 14 Tagen waren wir im Teutoburger Wald, haben Urlaub gemacht, schöne alte Städte angesehen und natürlich auch die Kirchen. In Lemgo sind wir auf gestoßen, worüber wir sehr erschrocken sind – inmitten von wunderbaren Zeugnissen der Frömmigkeit die mittelalterliche Steinfigur eines Juden mit seiner Spitzmütze, der diskriminierenden Kopfbedeckung, die ihme aufgezwungen wurde und einem Schwein auf seinen Knien. Dem Tier, das er weder essen noch berühren durfte. Die Verhöhnung eines Glaubens, mit dem wir zutiefst verbunden sind. Haben wir nicht vorhin einen Psalm gebetet, in dem sich das Gottvertrauen dieses Volkes ausspricht? Und spricht uns das nicht bis heute an? Wir wissen, wohin das geführt hat, diese Verachtung, dieser Hass, und dass das bis heute lebendig und gefährlich ist.

Das Schlimme ist, es hat seine Wurzeln  schon im Neuen Testament, ob man an die Darstellung des Judas denkt, die von Evangelium zu Evangelium immer schlimmer wird und mit dem die Juden dann identifiziert werden, oder auch an manche Passagen bei Paulus, der von den Juden   sagt, „dass sie ie den Herrn Jesus getötet haben und die Propheten und die uns verfolgt haben und die Gott nicht gefallen und allen Menschen feind sind.“ Allerdings gibt es bei ihm eine Veränderung. In seinem letzten Brief nach Rom spricht er ganz anders, und unser Predigttext ist ein Zeugnis davon. Paulus ringt mit dem Schicksal seines Volkes, das zum großen Teil Jesus als Messias, als Christus ablehnt und sagt, dass er lieber selber seine Seligkeit verlieren würde, als dass sein Volk in die Irre geht. Aber er ist zutiefst davon überzeugt, dass Gott an seiner Verheißung für das Volk Israel festhält und es am Ende zu sich nach Hause holen wird. 

Paulus verschweigt die Unterschiede nicht, aber er verurteilt sein Volk nicht, nicht mehr müßte man eigentlich sagen Und es kommt in unserem Text zu diesem wunderbaren Satz.

Ob jemand Jude oder Nichtjude ist, macht dabei keinen Unterschied: Alle haben denselben Herrn, und er lässt alle an seinem Reichtum teilhaben, die ihn im Gebet anrufen. 

Er verschweigt die Unterschiede nicht, diese Erkenntnis, die von Jesus Christus herkommt, dass kein Mensch mit seiner Leistung vor Gott bestehen kann, auch nicht mit seiner frommen Leistung, sondern dass ihn allein die Gnade Gottes, diese Liebe ohne Vorbedingungen zu einem Menschen machen kann, wie Gott ihn haben will. Und im jüdischen Glauben steht die Einhaltung der Gebote, des Gesetzes, der Thora im Mittelpunkt. 

Aber Paulus hat offensichtlich erkannt, dass Gott auch noch ganz andere Wege mit Menschen hat, und dass die Erfahrung der Gnade im eigenen Leben überhaupt kein Grund ist, sich über die anderen zu erheben.

Und so vertraut er darauf, dass Gott auch für sein Volk Israel einen Weg hat und dass am Ende auch sie zu Gott nach Hause kommen.

Es ist ein anderer Ton, in dem er spricht, eine tiefere Erkenntnis, die in ihm gewachsen ist. Und es macht einen anderen Umgang mit seinem eigenen Volk, mit unseren älteren Brüdern und Schwestern möglich. 

Wissen Sie, für mich ist die Erkenntnis, dass Gott Menschen ganz unabhängig von ihrer Leistung, von ihrer sozialen Stellung, ihrer Frömmigkeit annimmt eine der Grundpfeiler meines Glaubens. Aber ist es nicht ein ganz großes Geschenk, eine völlig unverdiente Gnade, wenn ich das erkennen konnte und mein Leben darauf aufbauen kann? Und es gibt mir in keiner Weise das Recht, mich über andere zu erheben. Im Gegenteil – ist diese unverdiente Liebe nicht ein Grund, sich Menschen mit einem anderen Glauben voller Respekt und in Liebe anzunähern und wahrzunehmen, wie sie mit den gleichen Fragen und Problemen umgehen und nach Antworten für ihr Leben suchen? 

Unsere Berührungen mit jüdischen Menschen sind wahrscheinlich eher selten, aber es ist schrecklich, dass der Antisemitismus sich bei uns wieder neu verbreitet. Wir brauchen nur an den Anschlag vom 9.Oktober 2019  zu denken. Aber es war sehr tröstlich, wieviele Christen sich damals nach dem Anschlag vor der Synagoge versammelt haben, um unseren jüdischen Geschwistern beizustehen. Und es ist klar, wie sehr sie unsere Solidarität brauchen, um in Frieden in unserem Land leben zu können. – Ich möchte aber noch auf etwas anderes hinweisen. Durch die Geflüchteten, die in unser Land kommen, steht  der Islam sehr im Vordergrund und die Ablehnung der Menschen, die diese Religion hierher mitbringen. Manche reden dann von „Kümmelhändlern und Kameltreibern, Kopftuchmädchen und anderen Taugenichtsen“. Und schon die Wortwahl zeigt, wes Geistes Kind sie sind. Aber da, wo wirkliches Christentum auf den Islam trifft, geschieht etwas ganz anderes. Vielleicht hat einer von ihnen einmal den Film gesehen, Von Menschen und Göttern. Er beruht auf wahren Ereignissen und erzählt von einer Gruppe französischer Mönche in Algerien, die dort friedlich unter den muslimischen Dorfbewohnern leben, ihr Leben teilen und helfen, wo sie nur können. Als dann der Islamische Staat sich breit macht, werden sie gewarnt, und sie könnten fliehen, aber sie wollen ihre muslimischen Brüder und Schwestern nicht im Stich lassen. Sie werden entführt und getötet. Sie ahnen es vorher und gehen trotzdem diesen Weg. Eine der berührendsten Szenen in diesem Film ist es, als sie ein letztes Mal Abendmahl miteinander feiern.- Und einmal fällt einer der Terroristen dann den Soldaten der Regierung in die Hände, wird fürchterlich gequält und wie ein Stück Vieh behandelt. Aber einer der Mönche verteidigt die Würde auch dieses Menschen, der eigentlich sein Feind war. 

Ein Muslim, der sich intensiv mit dem Christentum beschäftigt hat, schreibt „Wenn ich etwas am Christentum bewundere, oder an den Christen, deren Glauben mich mehr als überzeugte, nämlich bezwang, aller Einwände beraubte … dann ist es die spezifisch christliche Liebe, sofern sie sich nicht nur auf den Nächsten bezieht. In anderen Religionen wird ebenfalls geliebt, es wird zur Barmherzigkeit, Mildtätigkeit, Nachsicht angehalten. Aber die Liebe, die ich bei vielen Christen und am häufigsten bei jenen wahrnehme, die ihr Leben Jesus verschrieben haben, den Mönchen und Nonnengeht über das Maß hinaus, auf das ein Mensch auch ohne Gott kommen könnte: Ihre Liebe macht keinen Unterschied.“

Navid Kernani hat das geschrieben in dem Buch: „Ungläubiges Staunen Über das Christentum“ – und er erzählt von einem italienischen Pater, der in einer kleinen Klosterkirche in der syrischen Wüste zusammen mit Muslimen betet und  eine Seite der Kirche deshalb von Bildern freigehalten hat.

Ist das nicht der beste Weg etwas von unserem Glauben zu erzählen – diese Liebe, die keinen Unterschied macht? Und dieser Liebe einen Platz freizuhalten in unserer Gesellschaft, inmitten von Ablehnung und Verachtung, von Egoismus, Engstirnigkeit und Lieblosigkeit, inmitten von so vielem, was uns davon abhalten möchte: 

Es gibt ja diesen Satz im Neuen Testament, in dem es heißt,  „solange wir noch Zeit haben, lasst uns Gutes tun an jedermann, allermeist aber an des Glaubens Genossen.“ So wie Jesus im heutigen Evangelium sagt: „ich bin nur gesandt zu den verlorenen Schafen Israels.“ Und „Es ist nicht recht, dass man den Kindern ihr Brot nehme und werfe es vor die Hunde.“ Aber die Frau antwortet Jesus „ Ja, Herr; aber doch essen die Hunde von den Brosamen, die vom Tisch ihrer Herren fallen. 

Und er  läßt sich von ihr überwinden. „Warum nicht auch wir?

An vielen Stellen ist das längst passiert, wenn ich an das denke, was in unseren Gemeinden geschieht, auch  z.B. mit den „Zeitpaten“ hier in der Luthergemeinde. Lassen Sie uns weitergehen auf diesem Weg, dass wir uns einbringen, wo es nötig und möglich ist und so an einer Gesellschaft mitwirken, die den Namen menschlich wirklich verdient.Und weil wir heute die Wahl haben, lassen Sie uns nicht zuerst nach dem fragen, was draußen dran steht  sondern danach, welche Absichten und Vorhaben sich hinter dem verbergen, was in den Programmen der Parteien benannt iund in den schönen Reden gesagt wird, und wem es dann eigentlich nützt. Amen 

  • Lied: „Wo Menschen sich vergessen

Wo Menschen sich vergessen,
Die Wege verlassen,
Und neu beginnen,
Ganz neu,
Da berühren sich Himmel und Erde, dass Frieden werde unter uns,
Da berühren sich Himmel und Erde, dass Frieden werde unter uns.

Wo Menschen sich verschenken,
Die Liebe bedenken, Und neu beginnen,
Ganz neu,
Da berühren sich Himmel und Erde, dass Frieden werde unter uns,
Da berühren sich Himmel und Erde, dass Frieden werde unter uns.

Wo Mensch sich verbünden, den Hass überwinden, und neu
Beginnen, ganz neu,
Da berühren sich Himmel und Erde, dass Frieden werde unter uns,
Da berühren sich Himmel und Erde, dass Frieden werde unter uns. 

  • Wir beten: 

Herr, wir danken Dir dafür, dass wir von Jesus Christus wissen und an ihn glauben können. Wir danken dir dafür, dass wir in Deiner Gemeinde zu Hause sein dürfen. Wir danken dir dafür, dass wir immer wieder deine Liebe geschenkt bekommen, ganz umsonst. Aber es gibt viele, die einen anderen Weg gehen in ihrem Leben. Und Menschen, die anders glauben als wir. Wir bitten dich, dass wir uns vor ihnen nicht verschließen oder sie herabwürdigen sondern ihnen mit Respekt begegnen. Dass wir das Gespräch mit ihnen suchen und das, was gemeinsam möglich ist.

Wir bitten dich für die jüdischen Gemeinden in Deutschland, dass sie ihren Glauben ohne Angst und Bedrohung leben können. Hilf uns, dass wir ihnen beistehen und für sie eintreten, wo immer es nötig ist.

Wir bitten dich für die, die als Muslime in unserem Land leben. Dass sie nicht unter einem Generalverdacht stehen sondern als Menschen gesehen werden, genau wie wird.

Wir bitten dich für ein friedliches Zusammenleben und aufeinander hören, damit Vertrauen entstehen kann und lebendiges Miteinander.

Wir bitten dich, Herr, lass uns deine Liebe leben zu jedem Menschen. 

Wir bitten dich, heute am Tag der Wahl, dass Menschen an die Macht kommen, denen das Wohl aller am Herzen liegt und nicht nur eine bestimmte Gruppe  oder die eigene Macht. Wir bitten dich, dass sie ernsthaft versuchen, unsere Erde zu erhalten als wunderbaren Lebensraum für alle Menschen. 

Mit den Worten Jesu beten wir:

Vater unser im Himmel,

geheiligt werde Dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.

  • Segen

Der Herr segne dich und behüte dich.

Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir 

und sei dir gnädig

der Herr erhebe sein Angesicht auf dich

und gebe dir Frieden 

Amen

(Pfr. i.R. Christoph Lemme)