13. Sonntag nach Trinitatis 2020

  • Eröffnung

Unser Leben wird von der Liebe Gottes getragen. Diese Liebe ermöglicht es uns erst, auch unserem Nächsten zugewandt zu sein. So mögen auch die folgenden Gedanken uns stärken und ermuntern, Nächstenliebe zu üben. Amen.

  • Ein Lied: „So jemand sprich: Ich liebe Gott“ (EG 412)

1) So jemand spricht: Ich liebe Gott!Und haßt doch seine Brüder,Der treibt mit Gottes Wahrheit Spott,Und reißt sie ganz darnieder.Gott ist die Lieb, und will, daß ichDen Nächsten liebe, gleich als mich.
2) Wer dieser Erden Güter hat,Und sieht die Brüder leiden,Und macht den Hungrigen nicht satt,Läßt Nackende nicht kleiden;Der ist ein Feind der ersten Pflicht,Und hat die Liebe Gottes nicht.
3 Wer seines Nächsten Ehre schmäht,Und gern sie schmähen höret;Sich freut, wenn sich sein Feind vergeht,Und nichts zum Besten kehret;Nicht dem Verleumder widerspricht;Der liebt auch seinen Bruder nicht.
4) Wir haben einen Gott und Herrn,Sind eines Leibes Glieder;Drum diene deinem Nächsten gern;Denn wir sind alle Brüder.Gott schuf die Welt nicht bloß für mich;Mein Nächster ist sein Kind, wie ich.

  • Worte aus Psalm 112

Halleluja! Wohl dem, der den Herrn fürchtet,
der große Freude hat an seinen Geboten!
Sein Geschlecht wird gewaltig sein im Lande;die Kinder der Frommen werden gesegnet sein.
Reichtum und Fülle wird in ihrem Hause sein,
und ihre Gerechtigkeit bleibt ewiglich.
Den Frommen geht das Licht auf in der Finsternis,
gnädig, barmherzig und gerecht.
Wohl dem, der barmherzig ist und gerne leiht
und das Seine tut, wie es recht ist!
Denn er wird niemals wanken;
der Gerechte wird nimmermehr vergessen.
Vor schlimmer Kunde fürchtet er sich nicht;
sein Herz hofft unverzagt auf den Herrn.
Sein Herz ist getrost und fürchtet sich nicht,bis er auf seine Feinde herabsieht.Er streut aus und gibt den Armen;
seine Gerechtigkeit bleibt ewiglich.
Sein Horn wird erhöht mit Ehren.
Der Frevler wird’s sehen und es wird ihn verdrießen;
mit den Zähnen wird er knirschen und vergehen.
Denn was die Frevler wollen, das wird zunichte.

  • Worte aus der Apostelgeschichte, Kapitel 6

In diesen Tagen aber, als die Zahl der Jünger zunahm, erhob sich ein Murren unter den griechischen Juden in der Gemeinde gegen die hebräischen, weil ihre Witwen übersehen wurden bei der täglichen Versorgung. Da riefen die Zwölf die Menge der Jünger zusammen und sprachen: Es ist nicht recht, dass wir das Wort Gottes vernachlässigen und zu Tische dienen. Darum, liebe Brüder, seht euch um nach sieben Männern in eurer Mitte, die einen guten Ruf haben und voll Geistes und Weisheit sind, die wollen wir bestellen zu diesem Dienst. Wir aber wollen ganz beim Gebet und beim Dienst des Wortes bleiben. Und die Rede gefiel der ganzen Menge gut; und sie wählten Stephanus, einen Mann voll Glaubens und Heiligen Geistes, und Philippus und Prochorus und Nikanor und Timon und Parmenas und Nikolaus, den Proselyten aus Antiochia. Diese stellten sie vor die Apostel; die beteten und legten ihnen die Hände auf. Und das Wort Gottes breitete sich aus, und die Zahl der Jünger wurde sehr groß in Jerusalem. Es wurden auch viele Priester dem Glauben gehorsam.

  • Gedanken zum Text

Die Lutherkirche ist bis auf den letzten Platz besetzt. Unter Coronabedingungen. Zweiunddreissig Familien haben sich eingefunden mit etwa jeweils 10 Gästen. Bis das so möglich war, mussten viele Stühle gerückt und umgestellt werden. Viele Schritte und vieles zu tragen gehörte zu dieser Arbeit dazu. Manchmal dachte ich: Habe ich nicht Besseres zu tun? Zum Beispiel an dieser Predigt hier zu schreiben?
Aber schließlich hatte ich ja versprochen, meinem Kollegen, der die Feier leitete, zu helfen; und das Projekt Lebenswende unterstütze ich gern.

Trotzdem musste ich an die Apostel denken, die die Witwenversorgung organisieren. „Es ist nicht recht, dass wir das Wort Gottes vernachlässigen und zu Tische dienen.“ Das klingt so, als wäre die eine Gruppe für das Wort Gottes zuständig und die andere für das Stühleschleppen. Dabei ist der Unterschied zwischen beiden Diensten von Gott her gesehen nicht so groß. Diejenigen – und ich sehe mal darüber hinweg, dass hier nur Männer genannt werden – die für den Dienst an den Witwen ausgewählt wurden, sollen ebenfalls – wie die Apostel – einen guten Ruf haben und voll Geistes und Weisheit sein. Und so werden sie auch von den Aposteln eingeführt: mit Gebet und Segen. Die Kraft Gottes ruht auf den neuen Mitarbeitern ebenso wie auf den Aposteln. Da gibt es keinen Unterschied. Vielleicht ist es ja nur ein Gebot der Klugheit, dass die einen für das Wort und die anderen für die praktischen Tätigkeiten zuständig sind. Jeder hat doch besondere Fähigkeiten, die sich in den unterschiedlichen Tätigkeiten zeigen. Wichtig ist nur das Ergebnis: „Das Wort Gottes breitete sich aus.“ Und zwar als direkte Folge des neu eingeführten Dienstes. Die Apostelgeschichte sieht also zwischen den verschiedenen Diensten im Endeffekt gerade keinen Unterschied. Das Wirken Gottes und des Heiligen Geistes wird in Wort und Tat verwirklicht.
Und doch höre ich noch einmal auf das Wort des Apostels, der sagt: „Es ist nicht recht, dass wir das Wort Gottes vernachlässigen.“ Aus dem Bericht der Apostelgeschichte geht allerdings hervor, dass die Apostel den Dienst am Tisch nicht gänzlich ablehnen. Zumindest lässt sich aus dem Murren der griechischen Witwen schließen, dass die hebräischen Witwen durchaus durch die Apostel versorgt worden sind. Die schiere Menge an neuen Gläubigen würde die Apostel aber überfordern. So suchen sie sich Hilfe bei Glaubensgeschwistern, die ihnen an Geist und Weisheit und dem Segen Gottes gleichkommen. Die deutliche Unterscheidung zwischen den beiden Diensten kommt also nur zustande, weil keiner der Dienste vernachlässigt werden soll. Der Dienst am Tisch darf nicht auf Kosten des Dienstes am Wort geschehen. Ob die Helfer der griechischen Witwen auch den Dienst am Wort versehen haben, wird an dieser Stelle in der Apostelgeschichte nicht erklärterweise hervorgehoben. Aber nur wenige Verse später hält einer der neu gewählten Diener, nämlich Stephanus, eine lange Rede. Eindeutig ein Dienst am Wort, der sich mit beeindruckender Kraft entfaltet.
Das Wort Gottes breitet sich aus, durch der Apostel Dienst am Tisch und am Wort ebenso wie durch Stephanus und seine Mitstreiter und alle folgenden Menschen im Dienst und Segen Gottes.

Endlich ist für die Lebenswendefeier alles an Ort und Stelle. Die Stühle für die Jugendlichen sind im Chorraum aufgestellt. Draußen vor der Kirche haben sich schon einige Familien versammelt. Nun können sie ihre Plätze einnehmen und ich lade sie ein, die Kirche zu betreten und sammele dabei auch die notwendigen Teilnehmerlisten ein. Ein freundliches Wort hier und eine Hilfeleistung dort, so dass alle einen guten Sitzplatz finden. Die gutgelaunten Besucher sind schon eine erste Belohnung für die Mühen des Stühletragens. Und dann kommt Georg Bucher, mit dem ich in der kommenden Woche ebenfalls zwei Lebenswendefeiern ausrichte. Er wolle schon mal gucken, wie das alles funktioniert. Ich frage ihn, ob er die Stühle wieder mit zurückstellen kann für den Gottesdienst am Sonntag. Klar, mache ich, sagt er, und ich kann wohlgemut noch einen Besuch im Krankenhaus machen.
Das Wort Gottes zu verbreiten, merke ich, dafür braucht es nicht nur Geist und Weisheit, sondern mitunter auch die Einsicht für die Grenze der eigenen Kräfte. So erfahre ich an diesem Tag ebenfalls einen praktischen Dienst am Tisch, oder besser gesagt, am Stuhl. Und kann so Kraft finden, das Wort Gottes zu einem kranken Menschen zu tragen und auch die Predigt zu schreiben. Gottes Segen ruht nicht nur in meiner Stärke, sondern ebenso in meiner Schwäche, die mit der Nächstenliebe eine Gemeinschaft bildet in Demut und Dankbarkeit.
Amen.

  • Ein Gebet miteinander und füreinander

Guter Gott,
angesichts des Leids und der Not in der Welt
macht sich oft Mutlosigkeit breit.
Doch wir sind von dir gesegnet zum Dienst am Menschen.
Spürbar schenkst du uns deine Liebe,
dass wir deine Liebe unserem Nächsten weitergeben können.
Mache uns aber auch die Grenzen unserer Kräfte bewusst,
dass wir Mut schöpfen können,
auf unsere Mitmenschen zuzugehen
und um Hilfe zu bitten.
Auch darin liegt dein Segen,
dass wir erkennen, wo wir gut helfen können,
und aus vollem Herzen miteinander und füreinander beten
mit den Worten Jesu Christi:

Vater unser im Himmel,
geheiligt werde Dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.

  • Segen

Es segne und behüte uns der allmächtige und barmherzige Gott, + Vater, Sohn und Heiliger Geist. Er bewahre uns vor Unheil und führe uns zum ewigen Leben. Amen.

(Pfarrer Olaf Wisch)