1. Sonntag nach Trinitatis (06.06.)2021

  • Eröffnung

Aus den vielen Stimmen des Alltags kommen wir vor dir, Herr, zur Ruhe. Vor dir haben wir Gelegenheit, diese Stimmen zu sichten, zu sortieren und uns zum Besten dienen zu lassen. Dazu möge Gott uns helfen. Amen.

  • Ein Lied: „Ich steh vor dir mit leeren Händen, Herr“ (EG 382)

1 Ich steh vor dir mit leeren Händen, Herr; fremd wie dein Name sind mir deine Wege. Seit Menschen leben, rufen sie nach Gott; mein Los ist Tod, hast du nicht andern Segen? Bist du der Gott, der Zukunft mir verheißt? Ich möchte glauben, komm mir doch entgegen.

2 Von Zweifeln ist mein Leben übermannt, mein Unvermögen hält mich ganz gefangen. Hast du mit Namen mich in deine Hand, in dein Erbarmen fest mich eingeschrieben? Nimmst du mich auf in dein gelobtes Land? Werd ich dich noch mit neuen Augen sehen?

3 Sprich du das Wort, das tröstet und befreit und das mich führt in deinen großen Frieden. Schließ auf das Land, das keine Grenzen kennt, und lass mich unter deinen Kindern leben. Sei du mein täglich Brot, so wahr du lebst. Du bist mein Atem, wenn ich zu dir bete.

  • Psalm 34

Ich will den HERRN loben allezeit;
sein Lob soll immerdar in meinem Munde sein.
Meine Seele soll sich rühmen des HERRN,
dass es die Elenden hören und sich freuen.

Preiset mit mir den HERRN
und lasst uns miteinander seinen Namen erhöhen!

Da ich den HERRN suchte, antwortete er mir
und errettete mich aus aller meiner Furcht.
Die auf ihn sehen, werden strahlen vor Freude,
und ihr Angesicht soll nicht schamrot werden.
Als einer im Elend rief, hörte der HERR
und half ihm aus allen seinen Nöten.
Der Engel des HERRN lagert sich um die her,
die ihn fürchten, und hilft ihnen heraus.

Schmecket und sehet, wie freundlich der HERR ist.
Wohl dem, der auf ihn trauet!
Fürchtet den HERRN, ihr seine Heiligen!
Denn die ihn fürchten, haben keinen Mangel.
Reiche müssen darben und hungern;
aber die den HERRN suchen, haben keinen Mangel an irgendeinem Gut.

  • Weit weg vom Herrn – Aus dem Buch Jona Kapitel 1 und 2

Es geschah das Wort des HERRN zu Jona, dem Sohn Amittais: Mache dich auf und geh in die große Stadt Ninive und predige wider sie; denn ihre Bosheit ist vor mich gekommen.
Aber Jona machte sich auf und wollte vor dem HERRN nach Tarsis fliehen und kam hinab nach Jafo. Und als er ein Schiff fand, das nach Tarsis fahren wollte, gab er Fährgeld und trat hinein, um mit ihnen nach Tarsis zu fahren, weit weg vom HERRN.
Da ließ der HERR einen großen Wind aufs Meer kommen, und es erhob sich ein großes Ungewitter auf dem Meer, dass man meinte, das Schiff würde zerbrechen. Und die Schiffsleute fürchteten sich und schrien, ein jeder zu seinem Gott, und warfen die Ladung, die im Schiff war, ins Meer, dass es leichter würde.
Aber Jona war hinunter in das Schiff gestiegen, lag und schlief. Da trat zu ihm der Schiffsherr und sprach zu ihm: Was schläfst du? Steh auf, rufe deinen Gott an! Vielleicht wird dieser Gott an uns gedenken, dass wir nicht verderben. Und einer sprach zum andern: Kommt, wir wollen losen, dass wir erfahren, um wessentwillen es uns so übel geht. Und als sie losten, traf’s Jona. Da sprachen sie zu ihm: Sage uns, um wessentwillen es uns so übel geht? Was ist dein Gewerbe, und wo kommst du her? Aus welchem Lande bist du, und von welchem Volk bist du? Er sprach zu ihnen: Ich bin ein Hebräer und fürchte den HERRN, den Gott des Himmels, der das Meer und das Trockene gemacht hat.
Da fürchteten sich die Leute sehr und sprachen zu ihm: Was hast du da getan? Denn sie wussten, dass er vor dem HERRN floh; denn er hatte es ihnen gesagt. Da sprachen sie zu ihm: Was sollen wir denn mit dir tun, dass das Meer stille werde und von uns ablasse? Denn das Meer ging immer ungestümer. Er sprach zu ihnen: Nehmt mich und werft mich ins Meer, so wird das Meer still werden und von euch ablassen. Denn ich weiß, dass um meinetwillen dies große Ungewitter über euch gekommen ist.
13Doch die Leute ruderten, dass sie wieder ans Land kämen; aber sie konnten nicht, denn das Meer ging immer ungestümer gegen sie an. Da riefen sie zu dem HERRN und sprachen: Ach, HERR, lass uns nicht verderben um des Lebens dieses Mannes willen und rechne uns nicht unschuldiges Blut zu; denn du, HERR, tust, wie dir’s gefällt.
Und sie nahmen Jona und warfen ihn ins Meer. Da wurde das Meer still und ließ ab von seinem Wüten. Und die Leute fürchteten den HERRN sehr und brachten dem HERRN Opfer dar und taten Gelübde.
Aber der HERR ließ einen großen Fisch kommen, Jona zu verschlingen. Und Jona war im Leibe des Fisches drei Tage und drei Nächte. Und Jona betete zu dem HERRN, seinem Gott, im Leibe des Fisches. Und der Herr sprach zu dem Fisch, und der spie Jona aus ans Land.

  • Den Schuß nicht hören – Gedanken zum Propheten Jona

Der Dackel war alt geworden. Seine Zähne konnten kaum noch beißen, die Augen ware trübe und hören konnte er gar nicht mehr. Aber der Jäger liebte seinen Dackel. Jeden Tag nahm er ihn mit auf die Pirsch über die Felder. Mühsam schlich sein Hund neben ihm her. Er wusste ja, wie sein Herrchen riecht. Das gab ihm Sicherheit.
Doch eines Tages, der Dackel hatte sich gerade an einem Mauseloch festgeschnuppert und sein Herrchen hatte sich ein paar Meter entfernt, griff ihn ein Adler und flog mit dem Hund davon. Der Jäger sah das – höchst erschrocken – und obwohl ihn der schöne Vogel dauerte, zögerte er keinen Augenblick seinen Dackel zu retten, zielte, traf, und der Adler fiel zu Boden. Nur der Dackel flog unbeirrt weiter. Seine Ohren flatterten im Flugwind gen Himmel. Er hatte wohl den Schuß nicht gehört!
Wer den Schuß nicht hört, ignoriert offensichtliche Fakten und macht so weiter wie bisher. Auch wenn es ihm schadet. Mitunter fällt es dem Menschen wohl so schwer, eine liebgewordene oder zwanghaft ausgeübte Gewohnheit aufzugeben, dass er sie gegen alle Vernunft stur beibehält. Bei den Propheten des Alten Testaments hat das einen festen Platz in den Berufungsgeschichten. Der offensichtliche und unausweichliche Fakt besteht darin, dass diese Berufung von Gott selbst kommt. Kein Mensch kann dem ausweichen.
Jona probiert es trotzdem. Er schifft sich ein und flieht an die fernste Küste, die er kennt. Das nützt ihm aber nichts. Die Geschichte erweist in ihrem Verlauf, dass der Versuch Jonas geradezu lächerlich erscheint. In unserem – politischen – Alltag ist das leider nicht immer so eindeutig. Autofreie Innenstadt und Coronamaßnahmen? Was der einen richtig erscheint, wird von einem anderen geflissentlich ignoriert. Autos zerstören die Umwelt und Corona ist gefährlich, ja. Aber was folgt daraus? Wer tatsächlich den Schuß nicht gehört hat, wird sich in der Zukunft erweisen. Nur könnte es dann eben auch zu spät sein.
Die mitreisenden Seemänner allerdings, die mit Jona auf dem Schiff fahren, haben das Offensichtliche klar vor Augen. Ein Sturm, der den Untergang bedeuten kann. Aber auch nachdem sie begriffen haben, woher das Unglück kommt, wollen sie Jona nicht einfach opfern. Sie geben alles, um ihn, sich selbst und das Schiff zu retten. Erst als dieser Versuch scheitert, nehmen sie das Unausweichliche hin. Bevor wir also einander vorwerfen, den Schuß nicht gehört zu haben, ist es besser, unserem Mitmenschen beizustehn. Das ist eine sichere Tatsache, dass Nächstenliebe, Geduld, Vergebung und Treue sich in Zukunft auszahlen. Denn auch der Jäger wird nicht aufgeben. Er wird alles versuchen, seinen geliebten Dackel aufzufangen, falls er doch wieder auf den Boden der Tatsachen zurückkommt. Amen.

  • Miteinander und füreinander beten

Allmächtiger Gott,
erleuchte unser Herz, dass wir dein Wort hören können.
Öffne unsere Ohren, dass wir uns einander hören können.
Dass wir nicht darauf beharren, was schon in unseren Köpfen wohnt,
dass wir für Veränderungen bereit sind,
wenn wir begreifen, dass sie uns und unserem Nächsten nützlich sind.
Öffne die Ohren jener, die an diesem Wahlsonntag Verantwortung übertragen bekommen. Öffne die Ohren der Mächtigen in dieser Welt, dass sie dem Frieden dienen, auch wenn er fern scheint.
Öffne die Ohren der Menschen, die in unseren Gemeinden arbeiten. Dass sie aufmerksam und liebevoll nach der Guten Botschaft reden und handeln.
Öffne die Ohren aller, die in helfenden Berufen arbeiten. Dass sie spüren können,
wie wichtig ihre Arbeit ist. Und wie dankbar jene, die diese Hilfe erfahren.
Öffne unsere Ohren, Herr, dass wir mit ganzer Seele spüren, dass du uns trägst und Kraft gibst, für unseren Nächsten da sein zu können.
Mit den Worten Jesu Christi beten wir:

Vater unser im Himmel,
geheiligt werde Dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.

  • Segen

Der Herr segne uns durch seinen Geist
der uns zum Leben und zum Frieden weist.
Er segne unser Lassen und unser Tun,
in seinen Händen könn‘ wir ruhn.
Amen.

(Pfr. Olaf Wisch)